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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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auch, weil man die wichtige Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen nicht mit dem Thema belasten wollte. Doch spreizten sich die Zinsen der Staatspapiere in dieser Zeit immer mehr zuungunsten der Krisenländer aus, allen voran Griechenlands, weil man befürchtete, dass die Schulden nicht bedient werden würden. In dieser Situation wurde dann auf Drängen der EZB ein erstes Hilfspaket zum Schutz der griechischen Gläubiger im Umfang von 110 Milliarden Euro geschnürt, an dem der Internationale Währungsfonds mit 30 Milliarden Euro beteiligt war.
    Es war EZB-Präsident Trichet, der sich mit den Regierungen Europas, vor allem aber auch dem damaligen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama abstimmte, um auf dem Gipfel in Brüssel am 8. und 9. Mai 2010 den EFSF-Fonds durchzusetzen. Der Fonds wurde mit einer Haftungssumme von 780 Milliarden Euro ausgestattet in der Hoffnung, AAA-bewertete Anleihen im Umfang von 440 Milliarden Euro ausgeben und dann entsprechende Kredite an die Krisenländer weiterreichen zu können.  5 Deutschland wollte diese Lösung nicht und klammerte sich bis zuletzt an das Beistandsverbot des EU-Vertrages (Art. 125 AEUV).  6 Es konnte sich dem versammelten Druck des damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der Krisenländer und des amerikanischen Präsidenten Obama nicht widersetzen und gab schließlich in dramatisch ablaufenden Verhandlungen nach. So wurde der EFSF beschlossen und anschließend, nur 12 Tage später, im Deutschen Bundestag ratifiziert.  7 Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler, der seinerzeit als Staatssekretär im Finanzministerium der Regierung Kohl an den Verhandlungen über den Maastrichter Vertrag federführend beteiligt war, hat das Ratifizierungsgesetz widerstrebend unterschrieben und trat nur wenige Tage später von seinem Amt zurück, ohne einen klaren Grund dafür anzugeben.  8 Wie schon in Kapitel 1 zitiert wurde, hatte die damalige französische Finanzministerin Christine Lagarde zu dem EFSF-Vertrag erklärt, man sei sich darüber klar gewesen, dass man das Recht breche. Das sei aber nötig gewesen, um den Euro zu retten (vgl. Kapitel 1, Abschnitt Der Euro und der Frieden ).
    Der neue Fonds ging rasch zur Neige, und er war ja auch nur für drei Jahre konzipiert. Deshalb musste anschließend ein neuer, permanenter Rettungsfonds an die Stelle treten, der schon gleich mit einer Nachfüllautomatik versehen war. Das ist der ESM, über den im nächsten Kapitel noch ausführlich berichtet wird.
    Und so wird es wohl noch eine Weile weitergehen, ohne dass sich in den Krisenländern substanzielle Reformen ergeben, die wirklich zu einer realen Abwertung über eine Senkung der Preise führen, denn der dafür notwendige Druck auf die privaten und öffentlichen Budgets wird ja durch die Rettungsaktionen genommen.
    In Deutschland, dem Land, das den bei Weitem größten Teil der Lasten tragen muss, stellte sich auf jeder Stufe dieses Entscheidungsprozesses die Frage, ob man es zum Crash kommen lassen oder das Portemonnaie noch weiter öffnen solle. Bekanntlich fiel die Entscheidung immer für Letzteres aus. Das ließ die Schulden der Krisenländer wachsen und kurz darauf wieder eine Situation entstehen, in der man das Portemonnaie noch weiter öffnete, um einen noch größeren Crash zu vermeiden.
    Deutschland befindet sich in einer ähnlichen Situation wie der Direktor der Bank, der einem großen ortsansässigen Unternehmen inguten Zeiten reichlich Kredit gegeben hat und nun, da das Unternehmen rote Zahlen schreibt, vor der Wahl steht, den Kredit zu verlängern oder den Konkurs zu provozieren. Da der Konkurs ihn zwingen würde, seine alten Kreditforderungen abzuschreiben, müsste er selbst rote Zahlen in seine Bilanz schreiben. Sein Jahresergebnis wäre total verhagelt, der Aufsichtsrat und die Eigentümer der Bank wären verärgert, die Tantieme flösse nicht, und sein Job wäre gefährdet. Also schweigt er und unterschreibt zähneknirschend die neuen Kreditverträge. Da das Geld weiter fließt, unterbleibt im Unternehmen die notwendige Umstrukturierung und in der Bank die an sich wirtschaftlich gebotene Abschreibung. So vergrößern sich die Schulden des Unternehmens Jahr um Jahr im Ausmaß der Verluste. Der Bankdirektor kommt immer mehr ins Schwitzen, bis dann irgendwann sein Nachfolger die Bilanz von den Altlasten bereinigen möchte und die Kredite nicht mehr verlängert oder

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