Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Fehlinvestition gewähren.
Dass die deutsche Bundeskanzlerin in dieser Richtung argumentiert, ist allerdings weniger verständlich, denn damit verengt sie Deutschlands Bewegungsspielraum in der Eurokrise auf null. Erst sitzt man in der Target-Falle und muss zulassen, dass die Defizitländer für ihre Käufe in Deutschland nicht mehr zahlen, sondern anschreiben lassen, und dann erklärt man es auch noch zum Tabu, dass man diesem Tun jemals einen Riegel vorschieben werde. Das alles mit dem Wunsch zu erklären, die Finanzmärkte zu beruhigen, ist schwer nachvollziehbar, zumal die Beruhigung der Finanzmärkte notwendigerweise eine Beunruhigung der Steuerzahler sein muss, denen man die Rolle der Gläubiger der Krisenländer zuschieben will.
Was die tatsächlichen Konsequenzen eines Austritts einzelner Länder aus der Eurozone betrifft, kann man natürlich unterschiedlicherMeinung sein. Sicherlich muss man kurzfristig negative Ansteckungseffekte auf andere Länder befürchten, die vielleicht noch in der Eurozone bleiben könnten, aber durch die bloße Spekulation hinausgetrieben werden. Dass diese Gefahr existiert, kann man nicht von der Hand weisen.
Aber es besteht natürlich auch die Gefahr eines negativen politischen Ansteckungseffektes bei einem Verzicht auf einen Austritt, der durch immer wieder neue Rettungsmilliarden ermöglicht wird. Wenn Griechenland nicht befürchten muss, dass ihm der Hahn zugedreht wird, wenn es weiterhin hohe Leistungsbilanzdefizite hat, warum sollten dann die anderen Krisenländer den schmerzlichen Prozess der realen Abwertung durch Preis- und Lohnkürzungen durchlaufen, durch den allein solche Defizite abgebaut werden können? Solange Griechenland mit immer mehr neuem Geld im Euro gehalten wird, müssen auch Zypern, Portugal, Spanien und Italien keine restriktive Rettungspolitik befürchten, die sie zu schmerzlichen Reformen zwingt. Je unantastbarer die Euro-Mitgliedschaft durch politische Deklamationen gemacht wird, desto weniger muss man sich selbst anstrengen, und desto mehr Rettungsgelder werden fließen.
Diese zweite Ansteckungsgefahr wird von den Vertretern der Finanzwirtschaft typischerweise verschwiegen, weil sie es ja genau sind, die von dem öffentlichen Geldfluss profitieren. Zur Durchsetzung ihrer ureigenen Interessen müssen sie dafür kämpfen, dass jedes einzelne Land im Euro verbleibt, weil nur dann sichergestellt ist, dass die Steuerzahler und Rentner der noch soliden Länder die Schulden anstelle der Schuldner zurückzahlen.
Es gibt Ökonomen, die regelmäßig auf die Notwendigkeit der Systemstabilisierung hinweisen, dabei aber nur die Stabilität der Finanzwirtschaft im Blick haben. Das Gesellschafts- und Wirtschaftssystem der westlichen Welt besteht aber nicht nur aus Spekulanten, Banken und Finanzinstituten, die hysterisch reagieren können, wenn sich die Dinge anders entwickeln, als sie es erwarten. Es besteht auch noch aus der Realwirtschaft, aus Menschen, die ihr Vertrauen in das Staatswesen gelegt haben, die ihre Ersparnisse im Alter gerne noch für sich und ihre Kinder verwenden würden und deren Radikalisierung man nicht riskieren sollte. Wenn ein Gesellschaftssystem das Vertrauen seiner Mittelschicht verliert, wird es sicherlich sehr viel stärker destabilisiert, als es bei einer bloßen Finanzkrise der Fall sein könnte.
Im Übrigen gibt es auch noch einen positiven politischen Ansteckungseffekt eines Austritts, den man nicht außer Acht lassen darf. Sollte sich nämlich zeigen, dass Griechenland durch einen Euroaustritt und eine Abwertung wieder zu neuem Wachstum zurückkehrt, was nach der Analyse in Kapitel 4 zu erwarten ist, wird das nicht ohne Wirkung auf die anderen Krisenländer bleiben. Sie werden dann auch aus dem Euro austreten wollen, um die Erfolge Griechenlands zu kopieren. Das wäre einerseits eine Verbesserung für die Arbeitsbevölkerung der Krisenländer, insbesondere die jungen Leute, die nun wieder in den Arbeitsprozess integriert werden können. Andererseits wäre es eine Verbesserung für die anderen Länder in ihrer Gesamtheit, weil die Krisenländer nach der Abwertung wieder eine positive Leistungsbilanz hätten und insofern mit der Schuldentilgung beginnen könnten. 20 Klar: Das würde den Gläubigern zwar nicht so viel nützen, als wenn die Steuerzahler der noch gesunden Länder die Schulden der Krisenländer zurückzahlen würden. Die Dauerrettung ist und bleibt für sie der beste Weg. Aber für die Steuerzahler ist es sicherlich
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