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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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bedienen, um den Kredit zu niedrigen Zinsen zu erhalten. So wie die EZB ihre kurzfristigen Refinanzierungskredite ohne eine Differenzierung der Zinsen nach dem Risiko zur Verfügung stellt, täte es auch der gemeinsame Fonds bei den langfristigen Krediten. Beide Systeme passen gut zusammen, ja die Möglichkeit, den Target-Kredit aus dem EZB-System ziehen zu können, erzwingt die Eurobonds geradezu, denn die Zinsen unterscheiden sich dann nur noch nach der Fristigkeit der Kredite, aber nicht mehr nach der Bonität der Kreditnehmer. Es gäbe insofern keinen Anreiz für die überschuldeten Staaten mehr, sich unter Mithilfe des Bankensystems, dem man seine Staatspapiere verkauft, des Kredits aus der Notenpresse zu bedienen.
    Dieser Logik kann man wenig entgegensetzen. Die deutsche Politik wird sich drehen und wenden, um diese Konsequenz zu vermeiden, doch die Macht der einfachen ökonomischen Arbitragegesetze wird obsiegen. Es gibt im Rahmen des bestehenden Systems der Target-Kredite, also des freien Zugangs zu den Refinanzierungskrediten der nationalen Notenbank, keine Möglichkeit, Eurobonds zu vermeiden!
    Indes ist dies die Logik der Target-Falle, die in Kapitel 9 schon erörtert wurde. Weil am Anfang die politischen Weichen in eine bestimmte Richtung gestellt wurden, gibt es keine Möglichkeit, später noch anderswohin zu fahren. Die Pfadabhängigkeit der Politik macht die jeweils aktuell gewählte Politikmaßnahme alternativlos. So wie die vielen öffentlichen Rettungsprogramme durch die Furcht vor einer Überdehnung des EZB-Systems erzwungen wurden, werden zum Schluss auch die Eurobonds erzwungen werden. Und in der Tat: Wenn man nicht will, dass die goldene Kreditkarte, die mit den Target-Krediten im Eurosystem auf den Tisch gelegt wurde, übernutzt wird, muss man die Platin-Karte danebenlegen.
    Es ist verständlich, dass die überschuldeten Länder Südeuropas die Platin-Karte wollen. Eurobonds sind im Grunde nur die konsequente Fortentwicklung eines Euro, vom dem man sich ja gerade,wie in Kapitel 3 erläutert wurde, erhebliche Zinssenkungen versprach und temporär auch bekam. Dass die Phase der niedrigen Zinsen schon nach zehn Jahren vorbei war, hat verständlicherweise große Enttäuschungen hervorgerufen. Nun steckt man im Euro fest, kann nicht mehr inflationieren und abwerten, um sich der Schuldenlast zu entledigen und die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, und zu allem Unglück sind die Zinsen wieder so hoch wie früher. Es ist nachvollziehbar, dass die bedrängten Länder der Versuchung nicht widerstehen konnten, die Notenpresse, die ja bei ihnen im Keller stand, zu bedienen, und nun auch noch Eurobonds fordern.
    Aber Eurobonds hätten fatale Auswirkungen für die Schuldendisziplin in Europa, weil nun alle Dämme brechen würden, die die Verschuldung bislang noch zurückgehalten haben. Da kein Land, das sich über Gebühr verschuldet, befürchten müsste, dafür von den Kapitalmärkten abgestraft zu werden, ließe sich nirgends mehr die schmerzliche Reformpolitik durchsetzen, die zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit durch Preissenkungen nötig ist. Die Leistungsbilanzungleichgewichte blieben bestehen und vergrößerten sich wahrscheinlich noch. Nach wie vor flösse viel Kapital in falsche Verwendungen. Die Verschuldung der Südländer nähme Jahr um Jahr im Umfang dieser Leistungsbilanzdefizite weiter zu, und das System würde unweigerlich auf einen großen Kollaps hinsteuern.
    Die Kapitalmärkte wären im Moment natürlich beruhigt, doch ihre Unruhe wüchse schon nach wenigen Jahren von Neuem, weil überall in der Eurozone die Schulden zunähmen. Die bislang soliden Länder sähen keine Veranlassung, ihren Sparkurs fortzusetzen, und da sie zudem die Lasten der anderen Länder mitübernehmen müssten, würden sie unweigerlich in den Abwärtsstrudel mit hineingezogen. Dann müssten alle Länder höhere Zinsen bezahlen, und im Endeffekt litte die Eurozone insgesamt unter einer ähnlichen Verschuldungskrise, wie es nun einige ihrer Mitglieder tun.
    Für Deutschland würden die Eurobonds einen großen Schaden bedeuten, weil sie die Zinslasten für den deutschen Staat hochtreiben würden. Nach einer Schätzung des ifo Instituts wäre auf der Basis des heutigen Schuldenstandes mittelfristig mit einer zusätzlichen jährlichen Zinslast im Umfang von knapp 50 Milliarden Euro zu rechnen.  16
    Diese Schätzungen basieren auf der Annahme, dass Eurobonds mit einer anteiligen Haftung ausgestattet sind,

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