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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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platten Weise tun, dass man die Banken mit Geldgeschenken rekapitalisiert. Man wird erst Kredite geben, diese Kredite ein paar Mal verlängern und sie dann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt abschreiben, wenn die Politiker, die heute die Entscheidungen treffen, alle schon nicht mehr im Amt sind. Auf jeden Fall wird man die Kredite zinsverbilligt zu Konditionen geben, die den Kapitalmarkt unterlaufen, weil sie die wirklichen Risikokosten eines Engagements nicht abbilden. Die strukturelle Mehrheit, die die Krisenstaaten und ihr großer Gläubiger Frankreich (vgl. Abbildung 8.8 ) in allen Eurogremien haben, wird schon dafür sorgen, dass das passiert. Jedenfalls kann man nicht erwarten, dass die zu schaffende Aufsichtsbehörde ihren Aufgaben auf eine Weise nachkommt, die die Interessen der Bundesrepublik als des hauptsächlichen Garantiegebers des ESM hinreichend berücksichtigt. Gerade auch demokratische Entscheidungsstrukturen schützen nicht vor der Ausbeutung der Minderheit durch die Mehrheit.

11 Der falsche Weg
    Risse im Geschäftsmodell — Unsere marktwirtschaftliche Ordnung wird unterhöhlt — Exit, Voice and Loyalty — Eurobonds — Blaue und rote Schulden — Hamilton und die Staatskonkurse

RISSE IM GESCHÄFTSMODELL
    Heute, 17 Jahre nach den Beschlüssen des Gipfels von Madrid, mit denen der Euro endgültig in die Welt gesetzt wurde, zeigen sich ernsthafte Risse im Geschäftsmodell der Eurozone. Die südeuropäischen Länder stecken in einer strukturellen Wirtschaftskrise. Spanien und Griechenland sind von einer tiefen Rezession erfasst. Die Hälfte der jungen Leute und ein Viertel aller Erwerbstätigen haben keine Arbeit. Vier von 17 spanischen Provinzen sind insolvent. Italien und Portugal schrumpfen bei wachsenden Arbeitslosenzahlen. Selbst Frankreich stagniert und leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit (vgl. Abbildung 2.5 ), die bald schon wieder das Niveau der Zeit vor dem Euro erreicht. Die Nerven liegen blank, weil diese Krise nicht mehr lange durchzuhalten ist und man keinen Ausweg weiß. Nie zuvor seit dem Krieg war das Verhältnis der europäischen Staaten so angespannt wie heute. Man sucht nach Schuldigen.
    Die Krisenländer leiden unter der inflationären Überhitzung, die der Euro ihnen gebracht hat und die sie ihrer Wettbewerbsfähigkeit beraubt hat. Zur Korrektur müssten sie die Preis-Uhr wieder zurückstellen, aber diese Uhr kennt nur den Vorwärtsgang. Selbst die Kontraktion der realen Wirtschaft hat in den meisten Krisenländern in dieser Hinsicht noch nicht viel bewirkt. Mit Ausnahme von Irland sind die relativen Preise in der Krise noch nicht zurückgegangen, ja sie haben sich zum Teil sogar noch während der Krise weiter erhöht ( Abbildung 4.3 ). Deshalb sind die strukturellen Leistungsbilanzdefizite immer noch vorhanden ( Abbildung 2.6 ). Nur die Zinsverbilligung durch die Rettungskredite sowie der Importrückgang wegen der Kontraktion haben eine gewisse Verbesserung der Leistungsbilanzen gebracht. Beides hat aber wenig mit einer nachhaltigen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu tun. Die Exporte folgen bestenfalls dem Vorkrisentrend.
    Für strukturelle Verbesserungen bräuchte man einen inflationären Boom in Deutschland und/oder noch mehr reale Kontraktion in den Krisenländern, genug, um dort eine Deflation zu erzeugen. Ließe man die Marktkräfte gewähren, würde das auch in hinreichendem Umfang passieren. Da das Kapital nicht mehr in den Süden will, sondern angesichts der stürmischen See lieber im Heimathafen bleibt, ist alles darauf angelegt, dass Deutschland über einen Investitionsboom immer teurer wird, während die Südländer nun stagnieren, deflationieren und dadurch wettbewerbsfähig werden. Die Entwicklung würde fast spiegelbildlich zur Vorkrisenzeit verlaufen, als Deutschland durch seine Eurokrise in die reale Abwertung gezwungen wurde, während anderswo Party war. Nun, nach der Krise, wird das Schlusslicht zum Vorreiter, und die ehemaligen Tiger werden zu lahmen Enten.
    Das Problem ist nur, dass diese Selbstkorrektur der Märkte die Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme der südlichen Länder einer so hohen Belastung aussetzt, dass man Zweifel haben kann, ob sie sie tatsächlich ein Jahrzehnt und länger durchhalten würden. So lange wird es wohl dauern (vgl. Kapitel 4, Abschnitt Warum offene Abwertungen leichter sind ), bis sich die relativen Preise hinreichend stark geändert haben.
    Also hält die Politik dagegen und ersetzt den Kapitalmarkt,

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