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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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steinerne Miñobrücke auf Puerto Marín zu. Hinter ihm rollte ein Karren, der von einem Gespann aus sechs Maultieren gezogen wurde. Er legte ein beachtliches Tempo vor. Sechs Maultiere!
    Bis kurz vor dem gefürchteten Cebreiropass, der nun in ihrem Rücken lag, hatten zwei Maultiere den Karren gezogen. Vor dem steilen Anstieg hatte der Fuhrunternehmer sich verabschiedet. Sein Gefährt war zur Überquerung nicht geeignet. Nach langem Feilschen hatte er Sidonia eingestanden, einen Weg zu kennen, auf dem sich der Pass umfahren ließ, dieser sei jedoch länger.
    Bei Gott, diese Maragatos verstanden ihr Geschäft – wenn man sie ausreichend bezahlte! Sidonia hatte dem Mann in den Pluderhosen und der bestickten Jacke ein Vermögen dafür bezahlt, weitere Maultiere zu kaufen, um den Umweg schneller zu bewältigen. Außerdem hatte sie sich ein Bett aus Stroh und Schaffellen auf der Ladefläche eingerichtet. Halteseile in den Seitenwänden ermöglichten es Sidonia, sich auf buckligen Pisten festzuhalten. Eine Plane schützte sie vor Regen und Wind. Dennoch verlangte ihr diese Fahrt ungeheure Kraft ab.
    »In Wirklichkeit ist das Tier in uns stets kräftiger, als wir annehmen«, hatte sie Goswin abgefertigt, als dieser nach der Umgehung des Cebreiropasses eine Rast von mehreren Tagen vorschlug. »Weiter und voran, Goswin, ich dulde keinen Aufschub! Wir haben genug Zeit verloren. Hast du neue Leinenbinden für meine Wunde gekauft?«
    »Du hast es merkwürdig eilig, La Coruña zu erreichen und Spanien zu verlassen«, hatte Goswin erwidert.
    »Nicht ich habe es eilig, sondern Gabriel Zimenes. Wenn er mich so hasst, dass er meinen Anblick nicht ertragen kann, will ich ihm den Gefallen tun, schnell zu verschwinden. Er hat viel Geld dafür gezahlt! Außerdem wartet meine Familie in Köln auf meine Hilfe.«
    »Aber der Jakobsweg ist zu gefährlich.«
    »Der Jakobsweg hat mir Glück gebracht! Er ist die Straße der Wunder.«
    Goswin schüttelte den Kopf. »Du bist nur knapp dem Tod entronnen. Lass uns den Weg nach Norden über Lugo nehmen. Hier könnte überall die Santa Hermandad lauern.«
    »Sie glauben, ich sei tot, und das ist Gottes Plan.«
    »Sie suchen den Padre.«
    »Der ist längst in Santiago. Aleander hat die ganze Zeit auf ihn gewartet.«
    »Ihr kennt den Mann gut!«
    »Den Padre? Niemand kennt den Padre. Er ist ein wandelndes Rätsel.«
    »Ich sprach von Aleander.«
    Sidonias Augen verdunkelten sich, rasch wandte sie das Gesicht ab. »Den kenne ich besser als mir lieb ist. Und nun verschwinde, oder willst du zusehen, wie ich meine Wunde neu verbinde? Es ist kein reizvoller Anblick, und ich zeige mich nicht gern nackt, egal, was du von mir denkst.«
    Eine Hure mit Stolz? Konnte es so etwas geben? Goswin begann widerwillig Respekt zu entwickeln. Als sie die Brücke vor Puerto Marín überquert hatten, hielt er sein Pferd an und wartete auf den Karren. Er warf einen Blick auf die Ladefläche und sah, dass Sidonia schlief. Schweiß verklebte ihre Haare, sie war blass. Verflucht, er hatte Zimenes sein Wort gegeben, auf Sidonia aufzupassen und nichts von dem zu verraten, was geschehen war, als Zimenes sie verletzt entdeckt hatte. Nie hatte Goswin den kaltblütigen Gabriel so bleich gesehen. Hauchzart hatte er das blutende Hemd von ihrem Körper gelöst, ihr das Haar aus dem Gesicht gestrichen und liebevoll, unendlich liebevoll ihren Namen geflüstert. Ob Hure oder nicht, Gabriel Zimenes liebte dieses Mädchen und wollte, dass sie rasch in die Sicherheit ihrer Heimat zurückkehrte – allerdings ohne ihn.
    Mit Gesten gab Goswin dem Fahrer zu verstehen, dass sie in Puerto Marín eine Rast einlegen würden. Die Standarten und Banner auf den Gebäuden der Festungsstadt verrieten, dass sie ein Bollwerk verschiedener Ordensritter war und über Pilgerhospitäler verfügte.
    Sie passierten ein Stadttor und die mit Zinnen bewehrte Kirche San Nicholás. Die ganze Stadt erinnerte an eine Burg aus alter Ritterzeit. Die Bruchsteingemäuer schimmerten hell unter der Sonne, die über den tagelangen Nieselregen triumphiert hatte.
    Vor dem Haus der Johannesritter ließ Goswin den Maragato anhalten. Vier dienende Brüder empfingen sie freundlich und kümmerten sich um die entkräftete Sidonia. Dem Maragato wurde ein Quartier bei den Ställen zugewiesen. Goswin erhielt ein köstliches Essen und ein warmes Bett. Er schlief tief und traumlos. Die Glocken von San Nicholás weckten ihn um die elfte Stunde des nächsten Tages.
    Doch die Freude auf

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