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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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kommt zu dem, der warten kann! Es war nur eine der albernen Weisheiten, die er im Tarotbuch von Mariflores gefunden hatte.
    Das Buch hatte Fadrique das Genick gebrochen. Zu dem darin beschriebenen Tarotspiel gehörte eine Karte, die Die Päpstin hieß – Blasphemie! Genau wie die Bilder von nackten Liebespaaren, vom Teufel als einem Beherrscher der Welt oder dem Magier, der, einem heidnischen Priester ähnlich, mit dem Kelch Christi und hebräischen Schriftrollen hantierte.
    Den Ausschlag zur Verurteilung des Padres hatte allerdings der Mord in der Kathedrale gegeben. Lunetta war überführt. Niemand hatte Zweifel daran, dass sie besessen war und ihrem Begleiter, der ihr Exorzist gewesen war, den tödlichen Stoß versetzt hatte. Der Mitbruder des toten Franco hatte als Zeuge ausgesagt, beredt und ohne Wimpernzucken. Schließlich brachte ihm dieses Zeugnis einen Posten als Prior ein, und da er den Stoß selber getan hatte, war es in seinem Interesse, den Verdacht auf das Kind zu lenken. Ein Mord war bestechend einfach. Lunettas Karten hatten das Bindeglied zu Fadrique gebildet. Aleander hatte nachweisen können, dass Fadrique der Mentor von Mariflores, Lunetta und Gabriel gewesen war. Ein Menschenverführer übelster Sorte.
    Lunettas Verbrennung an der Seite anderer Ketzer war für den Sonntag in fünf Tagen angesetzt. Die Tribüne für Bischof und Kirchenvertreter und die Kreuze waren eine Botschaft an den Padre. Unübersehbar für jeden Bürger und Besucher Santiagos. Oh ja, Fadrique war Narr genug, hier aufzutauchen, um Lunetta zu retten.
    Hoffnungsfroh blickte Aleander in den Himmel, der nach den tagelangen Regenfällen von gläsernem Blau war. Die Luft war herbstlich kühl. Eine Gruppe Pilger beobachtete die Handwerker aus sicherer Entfernung. Wie die Bürger der Apostelstadt machten sie einen weiten Bogen um die Richtstätte, wenn sie zur Kathedrale gelangen wollten. Es brachte Unglück, den Werken der Henker zu nahe zu kommen. Wer so dumm gewesen war, dem Scharfrichter beim Auflesen eines verwehten Reisigs zu helfen, war selbst für immer ein Verfemter. Die Pilger bekreuzigten sich und beschleunigten ihre Schritte. Manche mit schaudernder Vorfreude.
    Unter den Händen eines kundigen Maurers wuchs neben den Kreuzen und nur fünfzig Schritte vom Kathedralportal entfernt ein Quemadero. Ein kreisrunder Ziegelofen, dessen Verwendung den verworfensten Ketzern – Teufelsbündlern und hartnäckigen Juden – vorbehalten war. Die Öffnung in der Wandung des Ofens war so eng, dass man Lunetta würde hineinzwängen müssen.
    »Gute Arbeit«, lobte Aleander und steckte prüfend den Arm in die Ofenkammer. »Die Glut wird eine Weile brauchen, um ihn vollständig zu erhitzen, nicht wahr?«
    Der Maurer wiegte den Kopf: »Ich könnte ihn innen versiegeln, dann ginge es schneller.«
    »Oh nein«, erwiderte Aleander. »Das würde das Volk enttäuschen. Die Hexe, die darin schmoren soll, hat einen Mönch getötet. Während der Heiligen Messe! Bruder Franco war einer meiner liebsten Mitbrüder. Diese Lunetta ist eine Ausgeburt des Bösen.«
    »Aber sie ist ein Kind«, wandte der Maurer ein.
    Der Henker, in dessen Auftrag er arbeitete, hatte ihm versprochen, das Reisig so hoch aufzutürmen, dass der Ofen darunter verschwände. Er wollte es sorgfältig von allen Seiten anzünden, um die Ziegel rasch zum Glühen zu bringen. Dennoch schreckte den Maurer die Vorstellung, ein Kind wie ein Huhn zu rösten – und das bei lebendigem Leib!
    »Ihr müsst lernen wie ein barmherziger Christ zu denken«, unterbrach Aleander die Überlegungen des Maurers. »Der Quemadero ist eine Art Fegefeuer. Je länger er brennt, desto reinigender ist er für die Seele.«
    Verblüfft schaute der Maurer auf. »Aber eine Hexe hat doch gar keine Seele!«
    »Nun, Bruder Franco hat es mit einem Exorzismus versucht. Die Seele des Kindes ist vom Teufel besessen. Vielleicht hatte Franco einen gewissen Erfolg. Ich will nichts unversucht lassen, um das Kind Lunetta noch zu läutern. Vielleicht ist ein langsames Feuer ihre letzte Chance, die Seligkeit des Herrn zu schauen! Unser Glaubensgrundsatz muss die Barmherzigkeit sein und ...«
    »Und darum nimm die Puppe dort ab!«
    Aleander wirbelte herum, wer wagte es, ihn, den Chefankläger der Inquisition, mitten auf dem Plaza Obradoiro anzuherrschen?
    »Padre Fadrique!« Aleanders Stimme klang zu seinem eigenen Ärger erschrocken.

4
    Am zehnten Tag des Monats Oktober ritt der Kölner Stadtsoldat Goswin über die

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