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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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der Zunge, hob seine weiße Kutte, lief hinkend und mit schlappenden Sandalen die Treppe hinab. Pancheo warf die Armbrust fort und folgte ihm. Den Lohn für den Schuss wollte er in jedem Fall einstreichen und – sollte Lunetta überlebt haben – auch das Mädchen für sich fordern. Die Kleine und ihre Geheimnisse mussten eine Menge wert sein, wenn der hohe Inquisitor so erpicht auf ihren schnellen Tod war, statt einen Hexenprozess anzustrengen.
    Unter dem Seil herrschte Gedränge. Der Marktvogt winkte von seinem Posten unter den Rathausarkaden zwei Gewaltrichterdiener herbei. Einer von ihnen war der Stadtsoldat Goswin.
    »He«, rief der Marktvogt ihn an. »Dort vorne ist eine Seiltänzerin abgestürzt. Besser, Ihr schaut nach dem Rechten, der Pöbel ist aufgebracht und ...«
    Goswin wischte sich müde das Gesicht. »Ein totes Gauklerkind? Das kann warten, wir müssen dem Rat einen Leichenfund melden.«
    Der Marktvogt hob die Augenbrauen. »Einen Leichenfund?«
    Goswin nickte mit einem Anflug von Stolz. Es war eine ganz besondere Leiche. »In den Rheinmühlen hat sich der Körper eines Jakobspilgers verfangen und ein Rad zum Stillstand gebracht. Hing zwischen den Speichen wie ein Gekreuzigter.«
    Der Marktvogt zuckte die Schultern. »Ach Gott, ein Betrunkener, der in den Fluss fiel. Man kennt doch diese Jaköbesse, verdingen sich in den schlimmsten Spelunken als Bierzapfer, erzählen wüste Reisegeschichten und trinken sich die Nase rot und blau.«
    »Nun, die Nase fehlt dem Kerl«, erwiderte Goswin. »Genauer gesagt der ganze Kopf. Er wurde mit einem van Berckschen Messer vom Rumpf getrennt, das wir auf einer niederländischen Koef fanden. Nebst einer verdächtigen Spielkarte. Lass uns durch, wir müssen Anzeige beim Rat machen. Ein Mord hat Vorrang vor einem Unfall.«
    Der Marktvogt schüttelte erbost den Kopf. »Unfall? Man hat mit einem brennenden Pfeil nach dem Kind geschossen.«
    Unschlüssig wandte Goswin den Kopf. Unter dem Seil auf der anderen Seite des Platzes hatte sich ein schreiender Pulk gebildet. Der Marktfriede war gestört. Krämer rannten von ihren Ständen fort, Bettler ließen ihre Schalen im Stich, Zahnreißer stiegen von ihren Brettergerüsten. Jetzt überquerte sogar ein Mönch mit wehender Kutte den Platz. Ein hinkender Mönch in Dominikanertracht. Goswin umklammerte seine Hellebarde und machte sich auf den Weg. Einem dieser elenden Schnüfflermönche, die überall ketzerische Umtriebe witterten und die Gerichtshoheit für sich beanspruchten, wollte er nicht das Feld überlassen.
    Umringt von Schaulustigen knieten Sidonia und der Lautenspieler neben der bewusstlosen Lunetta. Gemeinsam war es ihnen gelungen, das Kind aufzufangen. Vorsichtig tastete der junge Mann das Mädchen ab.
    » ¡Gracias a Dios! Sie ist unverletzt«, murmelte er.
    »Wer bist du, und wie willst du das wissen«, fragte Sidonia scharf.
    »Mein Name ist Gabriel Zimenes. Ich bin Dolmetscher und Arzt«, antwortete der Fremde knapp.
    »Ach ja? Und ein großes Maul und die Laute sind gewiss dein Handwerkszeug«, erwiderte Sidonia und versuchte den Körper des Kindes aufzurichten.
    Der Lautenspieler packte sie beim Arm. »Was machst du da?«
    »Ich werde sie in unser Haus schaffen und ihr einen Arzt besorgen, der über Chirurgenmesser, Leinenbinden und den Titel eines Medikus verfügt.«
    »Scher dich zum Teufel, das Mädchen gehört zu mir.«
    »Was fällt dir ein, so mit einer Kölner Bürgerin zu sprechen, du spanische Quacksalber. Ich bin Sidonia van ...«
    Der Lautenspieler stieß sie fort und hob Lunetta auf. Mit dem Kind auf den Armen bahnte er sich eine Gasse durch die Schaulustigen, bis ein Hüne im Lederwams ihm den Weg verstellte.
    » ¡Senor! Die Kleine arbeitet für mich.« Pancheo streckte seine Pranken nach dem Mädchen aus. Der Bärenführer! Sidonia hielt gespannt die Luft an.
    »Nie und nimmer, du Dreckskerl«, herrschte ihn der Lautenspieler Gabriel auf Spanisch an.
    Pancheo lachte auf. »Dreckskerl? Von mir aus, aber ich bin keine Hure wie dieses Kind. Wenn du dein Vergnügen mit ihr haben willst, dann zahle. Sie ist es wert, ich habe es probiert.«
    Sidonia holte entsetzt Atem.
    »Dafür werde ich dich töten«, zischte der Lautenspieler.
    Die Umstehenden beobachteten den Streit der Spanier mit wohligem Entsetzen. Der Hüne schlug mit der Rechten nach Zimenes’ Schulter, doch der wich geschickt aus. Pancheo hob beide Fäuste. Sidonia sprang dem Lautenspieler zur Seite. Wortlos überließ er ihr das Kind,

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