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Die Tatarin

Titel: Die Tatarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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der erste Mann, dem der Degen im Kampf den Dienst versagt. Kommt, setzt Euch zu mir, und wir unterhalten uns ein wenig. Vielleicht weist Euer Schwert später die nötige Härte auf.«
    Bei diesen Worten zog sie ihren Gast zu sich hinunter aufs Bett und küsste ihn auf den Mund. »Gefällt Euch das?«
    Schirin starrte sie verwirrt an. »Warum machst du das?«
    Die Frau kicherte. »Dich küssen?«
    »Nein, das alles hier mit den Männern.« Schirins Handbewegung schloss sowohl das Zimmer wie auch das ganze Haus mit ein.
    »Weil ich Geld dafür erhalte, wofür sonst? Es ist leichter, pro Abend zwei oder drei Männern Befriedigung zu verschaffen, als jeden Tag zwölf Stunden lang mit der Nadel zu sticheln und sich die Finger wund zu stechen.« Jetzt brachen die Dämme im Innern der jungen Frau, und sie begann, ihre Geschichte zu erzählen.
    Sie hieß Marion und stammte aus Angers in Frankreich. Ihre Eltern hatten sie bei einer angeblichen Modistin in die Lehre gegeben, die jedoch nur darauf aus gewesen war, junge, unschuldige Mädchen für ein Bordell in Paris aufzutreiben. »Weißt du, es gibt Männer, die wollen es nur mit noch kindhaft aussehenden Jungfrauen treiben und zahlen viel Geld dafür. Ich bekam jedoch nichts davon ab, sondern wurde nur geschlagen, weil ich mich geweigert hatte, mich dem ersten Gast hinzugeben. Deswegen schickte man mir einen besonders ekelhaften Kerl, dem es Spaß machte, mir wehzutun. Er wurde mein Patron, und ich musste ihm als Hure und Dienstmädchen zu Willen sein, bis er mich bei Madame Reveille für ein anderes Mädchen eintauschte. Bei ihr habe ich es gut, denn sie ist wie eine Mutter zu mir und schickt mir nur angenehme Männer ins Zimmer. Als sie vor fünf Jahren den Entschluss fasste, nach Russland überzusiedeln, weil man hier besser verdienen kann, bin ich mit ihr gegangen.Inzwischen besitze ich schon genug Geld, um mich bei ihr auslösen zu können, und habe auch schon eine kleine Summe gespart. In ein, zwei Jahren werde ich genug beisammen haben, um meinen Beruf aufgeben und in meine Heimat zurückkehren zu können. Dort werde ich mir als angebliche Witwe einen jungen, hübschen Ehemann suchen und mich von ihm verwöhnen lassen.«
    Marion hatte an diesem Abend schon Geld genug verdient, um auf keinen weiteren Freier angewiesen zu sein, und auch wenig Lust, an einen der betrunkenen Offiziere zu geraten, die es sich ihrem Gebrüll nach zur Aufgabe gemacht hatten, so viele Huren wie möglich zu besteigen. Die Schreie einiger Mädchen verrieten ihr nämlich, dass die Männer nicht sonderlich rücksichtsvoll mit ihnen umgingen. Daher schickte sie das halbe Kind, das offensichtlich noch bei keiner Frau gelegen hatte, nicht weg, sondern redete einfach weiter.
    Schirin saß stocksteif neben ihr, spürte die Finger der Hure wie eine Klammer um ihren Arm und sah, wie glücklich diese Marion war, einen geduldigen Zuhörer für ihre Zukunftspläne gefunden zu haben. Aus den wie ein Wasserfall schäumenden Worten lernte sie viel über das Leben dieser Frauen und ahnte, dass Marion Träume hegte, die sich wohl nie erfüllen würden. Wahrscheinlich würde die Frau noch in zehn oder zwanzig Jahren, wenn sie nicht mehr so jung und schön war wie jetzt und sich kein wohlhabender Freier mehr um sie reißen würde, von einem Ehemann und einem Heim schwärmen.
    Da Schirin nichts von dem Wein und dem Schnaps anrührte, der in der Kammer bereitstand, bediente Marion sich gleich doppelt, und so klang ihre Stimme bald schrill, und ihr Lachen musste noch fünf Zimmer weiter zu hören sein. Immer wieder umarmte sie ihren unwilligen Gast, küsste ihn auf die Wangen und versuchte, ihm die schnapsfeuchten Lippen auf den Mund zu pressen. Zuletzt gab sie es auf, den Jüngling erregen zu wollen, und lehnte sich schwer gegen ihn.
    »Ihr braucht keine Angst zu haben, dass ich Euren Freunden verrate, dass Ihr zwischen den Beinen schlaff geblieben seid. Ich werde ihnen im Gegenteil sagen, dass Ihr mich hergenommen habt wie ein richtiger Tatar, so dass ich es kaum habe aushalten können.« Marion lallte die Worte nur noch, während ihr der Kopf immer schwerer wurde und sie schließlich leise schnarchend auf dem Bett zusammensank.
    Schirin stand auf und blickte mit einer Mischung aus Abscheu und Mitleid auf die schlafende Hure. Körperliche Liebe gehörte auch bei ihrem Stamm zum Leben, denn es war von Allah bestimmt, dass ein Mann seinen Samen in den Leib seiner Weiber ergoss, um Söhne und Töchter zu zeugen. Auch

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