Die Tatarin
Gehörten sehr zufrieden zu sein, konnte sich aber einen kleinen Tadel nicht verkneifen. »Du solltest dein Licht nicht unter den Scheffel stellen, Sergej Wassiljewitsch! Das tun andere nämlich auch nicht. Meine Anerkennung! Du hast gute Arbeit geleistet, und die Beförderung zum Major dürfte dir sicher sein.«
Apraxin klopfte ihm auf die Schulter und musterte anschließend den Mann, den Sergej zum Helden des Feldzugs ernannt hatte. »Es ist eine reife Leistung, Bahadur, die Schweden so zu täuschen, wie du es getan hast. Erheben wir unser Glas auf den Fürsten Wladimir Safronowitsch Buturlin, als der unser tapferer und kluger junger Fähnrich einen alten Hasen wie General Lybecker an der Nase herumgeführt hat!«
Diesmal musste Schirin ihr Glas austrinken. Während sie dagegen ankämpfte, das teuflisch scharfe Zeug nicht auf die Tischplatte zu husten, sagte sie sich, dass ihr etwas weniger Anerkennung und dafür kein Wodka lieber gewesen wäre.
Apraxin schien sich zu amüsieren, weil sich ihre Augen bei dem starken Hustenreiz mit Tränen gefüllt hatten, aber er setzte seine Rede ohne Nebenbemerkung fort. »Du bist noch zu jung, um zum Leutnant befördert zu werden. Doch sei versichert, der Orden, den dir Seine Majestät, der Zar, umhängen wird, dürfte die Augen der jungen Damen ebenso auf dich lenken wie dein hübsches, glattes Gesicht.«
Schirin war nicht sonderlich an so einem Glitzerding interessiert, das sie an ihren Uniformrock stecken konnte, und hoffte, sich nun etwas zurücklehnen zu können.
Apraxin stand jedoch auf, trat neben Bahadur und bat ihn, von seinen Erlebnissen im schwedischen Lager zu erzählen und ihm genau zu schildern, mit welchen Lügen er General Lybecker überzeugt hatte.
Schirin stand auf, um besser Luft holen zu können, und begann mit möglichst tiefer und lauter Stimme zu sprechen. »Es war viel leichter, als ich erwartet hatte. Ich habe dem schwedischen General die Namen von ein paar Offizieren genannt, von denen HauptmannTarlow vermutet hatte, sie könnten zu jenen gehören, die die Niederlage des Zaren begrüßen würden, und Lybecker glaubte mir, dass diese Männer mich geschickt hätten.«
Apraxin zog die Augenbrauen hoch und ließ seinen Blick von Schirin zu Sergej und wieder zurückwandern. »Das ist ja mehr als interessant! Wärst du vielleicht so gut, auch mir diese Namen zu nennen?«
Schirin öffnete schon den Mund, da griff Sergej ein. »Verzeiht Euer Hoheit, aber ich habe diese Männer Bahadur gegenüber nur erwähnt, damit er ein paar Namen nennen konnte. Ich glaube nicht, dass auch nur einer von ihnen ein Verräter ist. Sie sind nur gegen diesen Krieg, weil sie glauben, Väterchen Zar hätte ihn im Übermut vom Zaun gebrochen und ließe nun ganz Russland für seinen Leichtsinn bluten.«
Der Fürst bedachte ihn mit einem warnenden Blick. »Sei vorsichtig mit dem, was du da sagst, Tarlow! Man könnte sonst dich für einen Verräter halten.«
Sergej wollte auffahren, doch Apraxin hob beschwichtigend die Hände. »Ich weiß, dass du treu bist, doch solche Männer solltest du nicht verteidigen. Auch wenn sie sich nicht offen gegen Pjotr Alexejewitsch wenden, so schaden sie doch der Armee und dem Land. Erinnere dich an General Gjorowzew! Ich warte noch heute auf sein Heer, das vor mehr als einem halben Jahr hier in Sankt Petersburg hätte eintreffen sollen. Ich hoffe zu seinen Gunsten, dass der Zar ihn anderweitig abberufen hat, denn sonst müsste ich mir Gedanken über sein Zögern machen. Nun noch einmal zu den Namen, die du deinem Fähnrich genannt hast. Ich verstehe, dass du sie nicht offen vor allen Leuten aussprechen willst, doch ich erwarte, sie anschließend unter vier Augen von dir zu hören!«
Apraxins Stimme klang scharf, trotzdem versuchte Sergej, sich dieser Anweisung zu widersetzen. »Verzeiht, Euer Gnaden, doch ich habe diese Männer nur deshalb erwähnt, damit Bahadur Eindruck auf Lybecker machen konnte. Solange ich nicht den Beweis eines Verrats in Händen halte, werde ich niemanden anklagen.«
Apraxin starrte ihn düster an und sah für einen Moment so aus, als wolle er die Wache rufen und Sergej verhaften lassen. Das wäre jedoch ein schlechter Dank für die Dienste eines guten Offiziers gewesen. Daher knurrte er nur ungehalten: »Ganz wie du meinst, Sergej Wassiljewitsch. Doch wundere dich nicht, wenn der Zar selbst weniger langmütig ist als ich. Nun lasst uns wieder von erfreulicheren Dingen reden! Dieser wackere Tatar hier hat dir und
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