Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Nagasaki zurückkehrst, käme das ...»
«... käme das einem Selbstmord gleich. Ja, ich habe in der vergangenen Woche an kaum etwas anderes gedacht. Ich werde ...», Uzaemon niest und hustet, «... ich werde mein Leben hier aufgeben, sie begleiten, wohin sie auch gehen möchte, und ihr zur Seite stehen, bis sie mich fortschickt. Einen Tag oder ein Leben lang, die Entscheidung liegt bei ihr.»
Der Schwertkämpfer nickt stirnrunzelnd und betrachtet schweigend seinen Freund und Schüler.
Hunde hetzen unter mörderischem Gebell die Straße hinunter.
«Ich mache mir Sorgen», gibt Uzaemon zu, «dass man dich mit dem Überfall in Verbindung bringen wird.»
«Ich bin auf das Schlimmste vorbereitet. Auch ich werde weiterziehen.»
«Du gibst dein Leben in Nagasaki auf, um mir zu helfen?»
«Ich suche die Schuld lieber bei Nagasakis Gläubigern und ihren wüsten Drohungen.»
«Machen wir die Kämpfer, die wir anwerben, nicht ebenfalls zu Flüchtlingen?»
«Herrenlose Samurai sind es gewohnt, auf sich allein gestellt zu sein. Täusche dich nicht: Der Mensch, der am meisten zu verlieren hat, ist Ogawa Uzaemon. Du tauschst eine Laufbahn, ein festes Einkommen und eine strahlende Zukunft...» Der ältere Mann sucht nach taktvollen Worten.
«... gegen eine Frau, die höchstwahrscheinlich gebrochen und schwanger ist.»
Shuzai antwortet mit einem stummen Ja.
«Und außerdem zeige ich meinem Adoptivvater meinen Dank, indem ich wortlos verschwinde.»
Dann kann meine arme Frau , denkt Uzaemon, wenigstens zu ihrer Familie zurückkehren.
«Konfuzianer würden ‹Verrat!› schreien.» Shuzais Blick verweilt auf der Urne mit dem Daumenknochen seines Meisters. «Aber manchmal ist ein untreuer Sohn der bessere Mensch.»
«Ich sehe ...», Uzaemon ringt nach den richtigen Worten, «... meine Aufgabe nicht darin, geschehenes Unrecht wiedergutzumachen, sondern darin, das zu tun, wofür ich bestimmt bin.»
«Jetzt hörst du dich an wie ein Schicksalsgläubiger.»
«Bitte bereite alles für den Angriff vor. Was es auch kostet, ich werde es bezahlen.»
Shuzai sagt «ja», als wäre dies die einzig mögliche Entscheidung.
«Wenn du den Ellbogen so weit anhebst», tadelt im Dōjō ein fortgeschrittener Schüler einen Anfänger, «macht ein gezielt ausgeführter Wekiri-Schlag Reismehl daraus ...»
«Wo», Shuzai wechselt das Thema, «ist Jiritsus Schriftrolle jetzt?»
Uzaemon widersetzt sich der Regung, die Schriftrolle in der Innentasche zu berühren.
«Ich ...», falls wir gefasst werden , denkt er, ist es besser, wenn er die Wahrheit nicht kennt, «... habe sie unter dem Fußboden in der Bibliothek meines Vaters versteckt.»
«Gut. Lass sie vorerst dort liegen.» Shuzai rollt die Zeichnung zusammen. «Aber bringe sie mit, wenn wir nach Kyōga aufbrechen. Läuft alles planmäßig, dann verschwindet ihr, Aibagawa-san und du, wie zwei Regentropfen. Sollte aber Enomoto dich je aufspüren, könnte die Schriftrolle deine einzige Verteidigung sein. Vorhin sagte ich, die Mönche stellen keine große Gefahr dar. Von der Rache des Fürstabts lässt sich das nicht behaupten.»
«Ich danke dir», Uzaemon steht auf, «für deinen besonnenen Rat.»
Jacob gießt heißes Wasser in eine Teeschale und rührt einen Löffel Honig ein. «Ich war vergangene Woche auch erkältet. Halsschmerzen, Kopfweh, und ich krächze immer noch wie ein Frosch. Im Juli und August hat mein Körper vergessen, wie kaltes Wetter sich anfühlt - eine Meisterleistung für einen Zeeländer. Aber jetzt ist es die glühende Sommerhitze, an die ich mich nicht erinnern kann.»
Uzaemon hat ein paar Wörter nicht verstanden. «Gedächtnis ist Streiche und Seltsamkeit.»
«Das ist wahr», de Zoet gibt einen Spritzer hellen Saft in die Tasse, «und das ist Limonensaft.»
«Ihr Zimmer», bemerkt der Gast, «ist anders.» Neu sind ein niedriger Tisch mit mehreren Sitzkissen, ein Kadomatsu-Neujahrsgesteck aus Kiefernzweigen, eine gelungene Federzeichnung, die einen Affen darstellt, sowie ein Paravent, hinter dem sich de Zoets Bett verbirgt. Vielleicht hätte Orito es mit ihm geteilt , Uzaemon verspürt einen diffizilen Schmerz, und das wäre besser für sie gewesen. Der Kontorleiter hat keinen Diener oder Sklaven, aber die Wohnung ist sauber und aufgeräumt. «Zimmer ist freundlich und bequem ...»
«Dejima ...», de Zoet rührt im Erkältungstrunk, «... wird für einige Jahre mein Zuhause sein.»
«Sie wollen nicht Frau nehmen für angenehmere Leben?»
«Ich tätige
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