Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
Niederlage bat ein stiller Samurai Shōgun Ieeyasu um die Ehre, eine zweite, aus eigenen Mitteln bezahlte Armee anführen zu dürfen, um die Aufständischen zu vernichten. Er kämpfte voller Verwegenheit, und als der letzte Christenkopf auf einen Pfahl gespießt war, zwang der Shōgun den entehrten Nabeshima-Clan aus der Provinz Hizen durch einen Erlass, dem tapferen Samurai einen unbekannten Schrein auf dem Shiranui und die gesamte Bergregion zu überlassen. Durch diesen Erlass entstand das Lehen Kyōga, und von da an lautete der vollständige Titel des stillen Samurai Fürstabt Kyōga-no-Enomoto-no-kami. Der jetzige Fürstabt müsste ungefähr ...», Shuzai nimmt die Finger zur Hilfe, «... sein Urururenkel sein.» Er schenkt Uzaemon Tee ein, und die Männer zünden ihre Pfeifen an.
«Am nächsten Morgen zog vom Meer her dichter Nebel auf, und als ich ein, zwei Kilometer gegangen war, bog ich nach Osten auf die Ariake-Meerstraße und näherte mich Isahaya von Norden. Ich hielt es für besser, das Lehen Kyōga zu betreten, ohne dass die Wachen am Tor mein Gesicht sahen. Den halben Vormittag lang wanderte ich mit ins Gesicht gezogener Kapuze durch verschiedene Dörfer, und schließlich stand ich vor der Anschlagtafel in Kurozane. Krähen hackten auf eine gekreuzigte Frau ein. Es stank fürchterlich! Meerwärts teilte sich der Nebel in fahlen Himmel und braunes Watt. Drei alte Muschelsammlerinnen ruhten sich auf einem Felsen aus. Ich fragte sie wie ein gewöhnlicher Reisender, wie weit es nach Konagai sei, dem nächsten Dorf. Eine sagte sechs Kilometer, die zweite meinte weniger, die dritte behauptete mehr - nur diese war überhaupt jemals dort gewesen, und das vor dreißig Jahren. Von Otane der Kräuterheilerin sagte ich nichts, aber ich fragte nach der gekreuzigten Frau. Sie erzählten mir, die Frau sei drei Jahre lang fast jeden Abend von ihrem Mann verprügelt worden, und am Neujahrstag hätte sie ihm mit einem Hammer den Schädel eingeschlagen. Der Statthalter des Fürstabts habe dem Henker befohlen, sie zu enthaupten. Das gab mir die Gelegenheit, mich zu erkundigen, ob Fürstabt Enomoto ein gerechter Herr sei. Möglich, dass sie einem Fremden mit eigenartigem Akzent misstrauten, jedenfalls verkündeten sie einstimmig, sie seien als Lohn für gute Taten in früheren Leben hier geboren. Der Fürst von Hizen, sagte eine, raube den Bauern einen von acht Söhnen für den Militärdienst und sauge die Dorfbewohner aus, damit seine Familie in Edo in Genuss schwelgen könne. Der Fürst von Kyōga erhebe hingegen nur dann Reissteuer, wenn die Ernte gut gewesen sei, verlange Öl und Lebensmittel für den Schrein auf dem Shiranui und benötige nicht mehr als drei Wachen für das Tor an der Mekura-Klamm. Dafür garantiere der Schrein fruchtbare Bäche für die Reisfelder, reichlich Aale in der Bucht und Körbe voller Seetang. Ich fragte sie, wie viel Reis der Schrein denn pro Jahr verbrauche. Fünfzig Koku, sagten sie, also genug für fünfzig Mann.»
Fünfzig Mann! Uzaemon ist bestürzt. Wir brauchen ein ganzes Söldnerheer.
«Hinter Kurozane», Shuzai scheint nicht übermäßig beunruhigt, «führt die Straße an einer gepflegten Herberge vorbei, dem Harubayashi, wie in ‹Frühlingsbambus›. Etwas weiter führt ein Weg von der Küstenstraße hinauf zum Eingang in die Mekura-Klamm. Der Weg auf den Berg ist in gutem Zustand, aber ich brauchte einen halben Tag. Die Wachen am Grenzpunkt rechnen nicht mit Eindringlingen, das war offensichtlich - sonst hätte ein gut postierter Wachposten mich kommen sehen - aber ...» Shuzais Lächeln deutet auf einen problemlosen Aufstieg hin. «Das Torhaus versperrt den engen Zugang zur Schlucht, aber man braucht keine zehnjährige Ninja-Ausbildung, um daran vorbeizuklettern, und das tat ich auch. Weiter oben liegt stellenweise Eis und Schnee, und die Flachlandbäume werden von Pinien und Zedern verdrängt. Nach einigen weiteren Stunden kommt man zu einer hohen Brücke über den Fluss - laut der Steinmarkierung heißt die Stelle Todoroki. Kurz darauf gelangt man zu einem steilen Korridor aus Torī-Toren. Dort verließ ich den Weg und setzte den Aufstieg durch einen Pinienwald fort. Auf halbem Weg zum Kahlen Gipfel kam ich an einen Bergsporn, und diese Zeichnung ...», Shuzai zieht ein Blatt Papier aus einem zugeklappten Buch, «... beruht auf den Skizzen, die ich dort gemacht habe.»
Zum ersten Mal sieht Uzaemon Oritos Gefängnis.
Shuzai klopft seine Pfeife aus. «Der Schrein sitzt in
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