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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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wir jedem Schmuggler auf Dejima dieselbe Behandlung zukommen ließen, blieben am Ende nur wir beide übrig. Nein, wir müssen zeigen, dass ehrliche Arbeit mit Beförderung belohnt und Diebstahl mit Schmach und Gefängnis bestraft wird. So, nur so, kann es uns gelingen, diesen Augiasstall auszumisten. Ah, da kommt van Cleef, um uns zu begrüßen.»
    Der amtierende Stellvertreter kommt die Rampe der Seepforte hinunter.
    «‹Jede Ankunft›», zitiert Vorstenbosch, «‹ist ein ganz besonderer Tod.›»
    Stellvertreter Melchior van Cleef, geboren vor vierzig Jahren in Utrecht, zieht seinen Hut. Sein dunkles, bärtiges Gesicht hat etwas Piratenhaftes: Ein Freund würde die schmalen Augen vielleicht als «wachsam», ein Feind als «mephistophelisch» bezeichnen. «Guten Morgen, Herr Vorstenbosch - und herzlich willkommen auf Dejima, Herr de Zoet.» Sein Händedruck könnte Steine zerquetschen. «Ihnen einen angenehmen Aufenthalt zu wünschen, wäre allzu hoffhungsfroh ...» Er bemerkt die frische Beule auf Jacobs Nase.
    «Verbindlichen Dank, Stellvertreter van Cleef.» Der feste Boden schwankt unter Jacobs Seebeinen. Kulis haben seine Seemannskiste ausgeladen und tragen sie durch die Seepforte. «Es wäre mir lieb, wenn ich mein Gepäck im Auge behalten könnte ...»
    «Das sollten Sie auch. Bis vor kurzem haben wir die Schauerleute mit Hieben bestraft, aber der Statthalter hat bestimmt, dass ein geschlagener Kuli eine Beleidigung für ganz Japan sei, und uns die Hiebe verboten. Jetzt kennt die Dreistigkeit der Schurken keine Grenzen mehr.»
    Dolmetscher Sekita springt im falschen Augenblick vom Bug des Sampans auf die Rampe und landet bis zu den Knien im Wasser. Als er auf trockenem Boden ist, zieht er seinem Diener den Fächer über die Nase und eilt den drei Niederländern voraus: «Gehen Sie! Gehen Sie! Gehen Sie!»
    Stellvertreter van Cleef erklärt: «Er meint ‹Kommen Sie›.»
    Sie passieren die Seepforte und werden ins Zollhaus gebracht. Hier fragt Sekita die Ausländer nach ihren Namen, schreit diese einem alten Verwaltungsbeamten zu, der sie an einen jüngeren Gehilfen weitergibt, der sie in sein Buch schreibt. «Vorstenbosch» wird als Bōrusu Tenbōshu transkribiert, aus «van Cleef» wird Bankureifu und «de Zoet» wird in Dazūto umgetauft. Eine Gruppe von Inspektoren sticht mit Spießen in die Käselaibe und Butterfässer, die von der Shenandoah entladen wurden. «Die Lumpen», murrt van Cleef, «sind berühmt dafür, dass sie sogar eingelegte Eier aufbrechen, für den Fall, dass die Hühner ein, zwei Dukaten hineingeschmuggelt haben.» Ein stämmiger Wachmann kommt auf sie zu. «Das ist der Abgreifer», erklärt der Vize. «Der Faktor bleibt verschont, Sekretäre leider nicht.»
    Eine Gruppe junger Männer versammelt sich: Sie haben dieselben rasierten Scheitel und Haarknoten wie die Inspektoren und Dolmetscher, die in dieser Woche auf der Shenandoah gewesen sind, aber ihre Gewänder sind weniger eindrucksvoll. «Ranglose Dolmetscher», erklärt van Cleef. «Sie nehmen Sekita die Arbeit ab, in der Hoffnung, seine Gunst zu erwerben.»
    Der Abgreifer wendet sich an Jacob, und die jungen Männer rufen im Chor: «Arme heben! Taschen öffnen!»
    Sekita befiehlt ihnen zu schweigen und weist Jacob an: «Arme heben. Taschen öffnen.»
    Jacob gehorcht; der Abgreifer fasst ihm unter die Achseln und durchsucht seine Taschen.
    «Wachmann Schuhe zeigen!», sagen die flinkesten Hausdolmetscher.
    Sekita rümpft die Nase. «Schuhe zeigen jetzt.»
    Jacob sieht, dass sogar die Schauerleute die Arbeit unterbrochen haben und Zusehen.
    Einige zeigen schamlos auf den Sekretär und rufen: «Kōmō, kōmō.»
    «Sie meinen Ihr Haar», erklärt van Cleef. «Europäer werden oft als kōmō tituliert: kō bedeutet rot, und mō heißt Haar. Tatsächlich können sich nur wenige von uns Ihrer Haarfarbe rühmen - ein rothaariger Barbar wird gerne ausgiebig begafft.»
    «Sie studieren die japanische Sprache, Herr van Cleef?»
    «Die Gesetze verbieten es, aber ich schnappe das ein oder andere bei meinen Ehefrauen auf.»
    «Wenn Sie Ihre Kenntnisse an mich weitergäben, wäre ich Ihnen tief verbunden.»
    «Ich bin kein sonderlich guter Lehrer», räumt van Cleef ein. «Dr. Marinus schwatzt mit den Malaien, als wäre er mit schwarzer Haut geboren, aber selbst er sagt, dass die japanische Sprache äußerst mühsam zu erlernen ist. Jeder Dolmetscher, der dabei erwischt wird, dass er uns Unterricht erteilt, riskiert, als Verräter bestraft

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