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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Furcht und Gehorsam erzwingen. Sie bauen ihr Weltreich aus, indem sie in fremde Häfen einlaufen, Kanonen abfeuern und die örtlichen Behörden bestechen. Sie rechnen damit, dass Seine Exzellenz sich verhält wie ein korrupter Chinese oder ein Negerhäuptling, der das Wohlergehen seines Volkes mit Freuden für ein Haus im englischen Stil und einen Sack voll Glasperlen verschachert.»
    Yonekizu übersetzt, und der Saal der Sechzig Matten bebt vor Zorn.
    Erst jetzt bemerkt Jacob die beiden Schreiber in der Ecke, die jedes Wort festhalten.
    In zehn Tagen , denkt er, wird der Shōgun persönlich deine Worte lesen.
    Von der Seite tritt ein Kammerherr mit einer Nachricht an den Statthalter heran.
    Die Mitteilung, deren formelles Amtsjapanisch Jacob nicht versteht, scheint die angespannte Stimmung im Saal noch zu steigern. Um Shiroyama die Mühe zu ersparen, ihn entlassen zu müssen, wendet sich Jacob an Yonekizu: «Übermitteln Sie dem Statthalter den Dank meiner Regierung für seine Unterstützung und bitten Sie ihn um Erlaubnis, dass ich nach Dejima zurückkehre und die nötigen Vorbereitungen überwache.»
    Yonekizu liefert eine angemessen formelle Übersetzung.
    Der Vertreter des Shōguns entlässt Jacob mit einem kurzen Nicken.

[Menü]
    XXXIII

    Der Saal der Sechzig Matten in der Residenz des Statthalters

    Nach dem Abgang des amtierenden Faktors de Zoet am zweiten Tag des neunten Monats
     
    «Der Niederländer mag aussehen wie ein Kobold aus einem bösen Kindertraum», sagt Shiroyama, als er das höhnisch-servile Grinsen seiner Berater bemerkt, «aber er ist nicht dumm.» Das Grinsen weicht augenblicklich weisem, zustimmendem Nicken.
    «Er hat geschliffene Manieren», bekundet ein Stadtältester, «und seine Argumentation ist klar.»
    «Sein Japanisch ist sonderbar», erklärt ein anderer, «aber ich habe das meiste verstanden.»
    «Einer meiner Spitzel auf Dejima berichtet», sagt ein Dritter, «dass er unermüdlich lernt.»
    «Aber sein Akzent», beschwert sich Wada, ein Inspektor, «klingt wie das Krächzen einer Krähe.»
    «Und Sie, Wada», fragt Shiroyama, «sprechen Dazūtos Sprache wie eine Nachtigall?»
    Wada, der nicht ein Wort Niederländisch spricht, ist klug genug, zu schweigen.
    «Und ihr drei», Shiroyama zeigt mit dem Fächer auf die Männer, denen die Schuld an der Entführung der beiden Niederländer angelastet wird, «verdankt seiner Milde euer Leben.»
    Die eingeschüchterten Männer verbeugen sich untertänig.
    «Dolmetscher Iwase, ich werde in meinem Bericht nach Edo hervorheben, dass Sie, wenn auch stümperhaft, wenigstens den Versuch unternommen haben, die Entführung zu vereiteln. Sie werden in Ihrer Zunft gebraucht und dürfen gehen.»
    Iwase verbeugt sich tief und verlässt eilig den Saal.
    «Sie», Shiroyamas strenger Blick richtet sich auf den Inspektor und den Kammerherrn, «haben beide Schande über Ihren Rang gebracht und den Engländern gezeigt, dass Japan ein Land der Feiglinge ist.» Nur wenige euresgleichen , räumt der Statthalter stumm ein, hätten ihre Sache besser gemacht. «Sie stehen bis auf weiteres unter Hausarrest.»
    Die beiden in Ungnade Gefallenen kriechen rückwärts zur Tür.
    Shiroyama wendet sich an Tomine. «Schicken Sie den Hauptmann der Küstenwache herein.»
    Der dunkelhäutige Hauptmann wird zu der Matte geführt, auf der eben noch de Zoet gekniet hat. Er verbeugt sich vor dem Statthalter. «Ich heiße Doi, Eure Exzellenz.»
    «Wie schnell, mit welcher Taktik und mit wie vielen Soldaten können wir Zurückschlagen?»
    Der Mann starrt schweigend zu Boden.
    Shiroyama sieht fragend Tomine an, der ebenso verblüfft ist wie sein Herr.
    Ein halbstummer Stümper , denkt Shiroyama, dem ein Verwandter seinen Posten zugeschanzt hat?
    Wada räuspert sich. «Der Saal erwartet Ihre Antwort, Hauptmann Doi.»
    «Ich ...», der Soldat blickt auf wie ein Kaninchen in der Schlinge, «... ich habe die Wachstationen im Norden und Süden der Bucht auf ihre Gefechtsbereitschaft überprüft und mich mit den höchsten diensthabenden Offizieren beraten.»
    «Sie sollen nicht Ihre Befehle wiederkäuen, Doi, Sie sollen Vorschläge für einen Gegenangriff unterbreiten!»
    «Man ... teilte mir mit, dass - dass sich die Truppenstärke gegenwärtig ...»
    Shiroyama fällt auf, dass die besser unterrichteten Höflinge sich nervös Luft zufächeln.
    «... auf eine geringere Zahl beläuft als die von Edo festgesetzten eintausend Mann.»
    «Heißt das, die Garnisonen in der Bucht von Nagasaki

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