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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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und Mazurkatänzen ist es wohl vorbei, Captain. Darf ich Ihnen antragen, einen Stock als Gehhilfe zu verwenden? Rafferty wird Ihnen einen besorgen.»
    Ein Krüppel am Stock , Penhaligon zögert, mit zweiundvierzig.
    Junge flinke Schritte stampfen über das Oberdeck.
    «Ja. Besser, ich gebe mein Gebrechen mit einem Stock bekannt als durch einen Treppensturz.»
    «Ganz meine Meinung, Sir. Wenn ich nun den Tophus untersuchen dürfte? Es könnte ...»
    Die Lanzette erkundet vorsichtig den Knoten: Ein violetter Blitz flammt vor Penhaligons Augen auf.
    «... etwas weh tun, Sir ..., aber es fließt gut ab - reichlich Eiter.»
    Der Kapitän blickt auf die schäumende Absonderung. «Das soll gut sein?»
    «Durch Eiterbildung», der Schiffsarzt nimmt ein Gefäß, «reinigt sich der Körper von überschüssiger blauer Galle, und blaue Galle ist die Ursache der Gicht. Indem ich die Wunde erweitere und Mäusekot auftrage», er löst den Stopfen und entnimmt mit einer Pinzette einen Mausekötel, «regen wir den Eiterfluss an und können in den nächsten sieben Tagen mit einer Besserung rechnen. Darüber hinaus habe ich mir erlaubt, ein Fläschchen Dover’sches Pulver mitzubringen, also -»
    «Ich trinke es sofort, Mr. Nash. Die nächsten beiden Tage entscheiden über unsere Zu-»
    Die Lanzette dringt ein: Penhaligon erstarrt vor Schmerz und unterdrückt einen Schrei.
    «Verdammt, Nash», ächzt der Kapitän. «Können Sie mich nicht wenigstens vorwarnen?»
     
    Major Cutlip beäugt misstrauisch das Sauerkraut auf Penhaligons Löffel.
    «Lässt Ihr Widerstand langsam nach, Major?», fragt der Kapitän.
    «Zweimal verfaulter Kohl wird diesen Soldaten nie bezwingen, Captain.»
    Weiches Sonnenlicht lässt den Frühstückstisch anmuten wie ein Gemälde.
    «Es war Admiral Jervis, der mir einst den Verzehr von Sauerkraut empfohlen hat.» Der Kapitän kaut geräuschvoll den vergorenen Kohl. «Diese Geschichte habe ich Ihnen ja schon einmal erzählt.»
    «Aber ich», sagt Wren, «kenne sie noch nicht.» Er sieht die anderen an, die einig nicken. Penhaligon argwöhnt, dass das Interesse ihrer Wohlerzogenheit geschuldet ist, aber er gibt die Anekdote in gekürzter Form zum Besten: «Jervis hatte das Sauerkaut von William Bligh, und Bligh hatte es von Captain Cook persönlich. ‹Zwischen dem tragischen Schicksal von La Perouse und dem Ruhm von Cook›, pflegte Bligh zu sagen, ‹liegen dreißig Fässer Sauerkraut.› Als Cook zu seiner ersten Südseereise aufbrach, ließ sich die Mannschaft der Endeavour weder durch mahnende Worte noch angedrohte Prügel dazu bewegen, das Sauerkraut zu essen. Daraufhin erklärte Cook den ‹zweimal verfaulten Kohl› zur Offiziersmahlzeit und verbot den einfachen Teerjacken, es anzurühren. Das Ergebnis? Das Sauerkraut wurde aus dem nur schlecht bewachten Vorratsraum geklaut, und als nach sechs Monaten nicht ein einziges Besatzungsmitglied an Skorbut litt, war die geistige Wandlung vollzogen.»
    «Eine einfache List», bemerkt Leutnant Talbot, «aber ein wahrer Geniestreich.» «Cook ist einer von meinen großen Helden», sagt Wren feierlich, «und eine Quelle der Inspiration.»
    Wrens «einer von meinen» ärgert Penhaligon wie ein Körnchen, das sich zwischen den Zähnen festgesetzt hat.
    Chigwin schenkt dem Kapitän ein: Ein Tropfen spritzt auf das liebevoll mit Vergissmeinnicht bestickte Tischtuch. Jetzt ist nicht die Zeit, sich an Meredith zu erinnern, denkt der Witwer. «So, meine Herren, wenden wir uns unserem Tagewerk und unseren niederländischen Gästen zu.»
    «Van Cleef», sagt Hovell, «hat die Nacht stumm in seiner Zelle verbracht.»
    «Er wollte nur wissen», sagt Cutlip höhnisch, «warum sein Abendessen aus gekochten Tauen bestand.»
    «Die Nachricht vom Ende der VOC», fragt der Kapitän, «hat seine Halsstarrigkeit nicht gelöst?»
    Hovell schüttelt den Kopf. «Vermutlich hält er es für Schwäche, eine Schwäche zuzugeben.»
    «Der Halunke Fischer», sagt Wren, «blieb hingegen die ganze Nacht über in seiner Kajüte, trotz unserer Bitten, er möge sich zu uns in die Offiziersmesse gesellen.»
    «Wie sind die Beziehungen zwischen Fischer und seinem einstigen Chef Snitker?»
    «Sie behandeln einander wie Fremde», antwortet Hovell. «Snitker plagt sich heute Morgen mit einer kräftigen Erkältung. Er verlangt, man höre und staune, dass van Cleef wegen ‹tätlichen Angriffs gegen einen Freund des britischen Königshofes› vors Kriegsgericht gestellt wird.»
    «Ich habe genug von

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