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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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treiben.»
    Aber van Cleef erhebt sich und gibt eine letzte Erklärung ab.
    «Er dankt Ihnen für das Frühstück, Captain, und sagt, dass Melchior van Cleef sich von keinem Monarchen kaufen lasse. Peter Fischer hingegen werde nur allzu gerne die nötigen Bedingungen mit Ihnen aushandeln.»
     
    «Meine hohe Meinung von den Preußen», sagt Penhaligon, «begann schon in meiner Zeit als Seekadett.»
    Hovell übersetzt: Peter Fischer, der diese wunderbare Wendung des Schicksals noch gar nicht fassen kann, nickt eifrig.
    «HMS Audacious hatte einen aus Magdeburg stammenden Leutnant namens Plessner an Bord ...»
    Fischer korrigiert die Aussprache von «Plessner» und fügt eine Bemerkung an.
    «Faktor Fischer», übersetzt Hovell, «stammt ebenfalls aus Magdeburg.»
    «Tatsächlich?» Penhaligon spielt den Überraschten. «Aus Magdeburg?»
    Peter Fischer sagt nickend: «Ja, ja», und leert den Bierkrug in einem Zug.
    Mit einem schnellen Blick befiehlt Penhaligon Chigwin, dem Preußen nachzuschenken und dafür zu sorgen, dass sein Krug gefüllt bleibt.
    «Mr. Plessner war hart, aber gerecht: ein ausgezeichneter Seemann, listenreich, tapfer ...»
    Fischers Miene sagt: Haben Sie etwas anderes erwartet?
    «... und ich bin überglücklich», fährt der Kapitän fort, «dass der erste britische Konsul in Nagasaki ein Mann von germanischer Abstammung und germanischen Wertvorstellungen sein wird.»
    Fischer prostet dem Kapitän zu und stellt Hovell eine Frage.
    «Er fragt, welche Rolle Daniel Snitker in unseren Planungen spielen wird, Sir.»
    Penhaligon seufzt dramatisch und denkt: Ich hätte zur Bühne gehen sollen. «Um ehrlich zu sein, Botschafter Fischer ...»
    Hovell übersetzt, und Fischer beugt sich interessiert vor, «... um ehrlich zu sein, wir sind von Daniel Snitker ebenso enttäuscht wie von Mr. van Cleef.»
    Der Preuße nickt mit verschwörerischer Miene.
    «Niederländer spucken dicke Töne, aber wenn es ums Handeln geht, ziehen sie den Schwanz ein.»
    Hovell hat Mühe, die Redewendungen zu übersetzen, aber er entlockt Fischer einen Schwall Jas.
    «Sie leben noch in ihrer goldenen Vergangenheit und merken nicht, dass die Welt sich verändert.»
    «Das ist ... die waarheid .» Fischer wendet sich an Hovell. «Wie sagt man das?» «‹Wahrheit›», sagt Hovell, und Penhaligon, der versucht, eine angenehmere Stellung für seinen Fuß zu finden, fährt fort: «Aus diesem Grund ist die VOC zusammengebrochen, und deshalb wird sich die vielgerühmte niederländische Republik sehr wahrscheinlich Polen anschließen und im Abfalleimer der Geschichte, bei den untergegangenen Nationen landen. Die britische Krone braucht keine Snitkers, sie braucht Fischers: Männer mit Talent, Weitblick ...»
    Fischer lauscht der Übersetzung mit geblähten Nüstern, als könne er seinen zukünftigen Reichtum und seine zukünftige Macht schon riechen.
    «... und tadelloser sittlicher Gesinnung. Kurzum, wir brauchen Botschafter und keine herumhurenden Kaufleute.»
    Fischer krönt seine Wandlung von der Geisel zum Generalbevollmächtigten mit einer langatmigen Schilderung niederländischer Laschheit, die Hovell gestrafft wiedergibt. «Botschafter Fischer sagt, der Bereich um Dejimas Seepforte sei im vergangenen Jahr durch ein Feuer zerstört worden. Während die beiden größten niederländischen Speicher völlig ausbrannten, vergnügten sich Snitker und van Cleef auf Kosten der Kompanie in einem Bordell.»
    «Eine schändliche Pflichtverletzung», verkündet Wren, selbst ein großer Freudenhauskenner.
    «Ekelhafte Zügellosigkeit», stimmt Cutlip, Wrens Genosse in Sachen Freudenhäuser, ein.
    Sieben Glasenschläge ertönen, und Botschafter Fischer wendet sich wieder an Hovell.
    «Er sagt, Captain, durch van Cleefs Amtsenthebung sei nun er selbst der amtierende Faktor - und die Leute auf Dejima seien verpflichtet, seinen Weisungen zu folgen. Sich seinen Anordnungen zu widersetzen sei ein strafbares Vergehen.»
    Mögen seine Überredungskünste , denkt der Kapitän, ebenso groß sein wie sein Selbstvertrauen. «Snitker wird für seine Dienste einen Lotsenlohn und freie Überfahrt nach Bengalen erhalten, jedoch nicht in einer Kajüte, sondern in der Hängematte.»
    Fischer deutet mit einem Nicken an, dass dies mehr als genug sei, und gibt eine Erklärung ab.
    «Er sagt», übersetzt Hovell, «der Allmächtige selbst habe diesen Pakt geschmiedet.»
    Der Preuße hebt den Bierkrug zum Mund und stellt fest, dass er leer ist.
    Der Kapitän sieht

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