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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Chigwin an und schüttelt kaum merklich den Kopf. «Der Allmächtige», Penhaligon lächelt, «und die Marine Seiner Majestät, als deren Diener sich Botschafter Fischer zur Erfüllung folgender Bedingungen verpflichtet ...» Er nimmt den Vertrag zur Hand. «‹;Paragraph eins: Botschafter Fischer stellt sicher, dass die Besatzung Dejimas sich bereitwillig unter britische Schutzherrschaft begibt›.»
    Hovell übersetzt. Major Cutlip rollt ein gekochtes Ei über eine Untertasse.
    «‹Paragraph zwei: Botschafter Fischer vermittelt Gespräche mit den Behörden Nagasakis, um einen Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen der Britischen Krone und dem Shōgun von Japan auszuhandeln. Die erste Handelszeit hat im Juni 1801 zu beginnen›.»
    Hovell übersetzt. Cutlip pult die Schale vom gummiartigen Eiweiß.
    «‹Paragraph drei: Botschafter Fischer ermöglicht die rasche Überführung allen Kupfers in niederländischem Besitz auf HMS Phoebus und richtet eine begrenzte Handelszeit ein, in deren Zeitraum es Mannschaft und Offizieren erlaubt ist, private Güter mit japanischen Kaufleuten zu handeln›.»
    Hovell übersetzt. Cutlip beißt in das trüffelweiche Eigelb.
    «‹Als Entlohnung für vorgenannte Dienste erhält Botschafter Fischer einen Zehntelanteil an sämtlichen Gewinnen der britischen Faktorei auf Dejima, gültig für die ersten drei Jahre seiner Amtszeit, welche nach Zustimmung beider Vertragsseiten im Jahre 1802 verlängert werden kann›.»
    Während Hovell den letzten Satz übersetzt, unterzeichnet Penhaligon den Vertrag.
    Dann reicht der Kapitän die Feder an Peter Fischer. Fischer zögert.
    Er spürt den prüfenden Blick seines zukünftigen Ichs , vermutet Penhaligon.
    «Wenn Sie nach Magdeburg zurückkehren», versichert ihm Wren, «werden Sie so reich sein wie ein Herzog.»
    Hovell übersetzt, Fischer lächelt und unterschreibt. Cutlip streut Salz über die Reste seines Frühstückseis.
     
    Da heute Sonntag ist, ist das Schiff zum Gottesdienst getakelt, und acht Glockenschläge rufen die Besatzung zusammen. Die Matrosen und Offiziere stehen unter einem Sonnensegel, das zwischen Kreuz- und Großmast gespannt ist. Von den christlichen Seeleuten wird erwartet, dass sie sich in Sonntagskleidung aufstellen: Juden, Muselmanen, Asiaten und andere Ungläubige dürfen Liedern und Gebeten fernbleiben, aber oft sehen sie vom Rand aus zu. Van Cleef wurde in die Segellast gesperrt, wo er kein Unheil anrichten kann, Daniel Snitker steht bei den niederen Offizieren, und Peter Fischer steht zwischen Kapitän Penhaligon - der überzeugt ist, dass sein Gehstock unter den Matrosen bereits für Gerede sorgt - und Leutnant Hovell, der dem frischgebackenen Botschafter ein sauberes Baumwollhemd geborgt hat. Schiffskaplan Wily, ein knorriger Mann aus Kent, steht vor dem Steuerrad auf einer behelfsmäßig errichteten Kanzel und liest mit schnarrender Stimme aus seiner zerfledderten Bibel. Er liest langsam Zeile für Zeile, damit die ungebildeten Matrosen genügend Zeit haben, die vorgetragenen Verse zu verstehen und zu verdauen, was dem Kapitän die Gelegenheit gibt, seine Gedanken schweifen zu lassen: «‹Als uns aber der Sturm hart zusetzte ...›»
    Penhaligon belastet den rechten Fuß: Nashs Wundermittel betäubt den Schmerz.
    «‹... warfen sie am nächsten Tag einen Teil der Ladung ins Meer. Und am dritten Tag ...›»
    Der Kapitän späht nach dem japanischen Wachtboot: Es hält seinen Abstand.
    «‹... warfen sie mit eigenen Händen das Schiffsgerät über Bord.›»
    Die Seeleute brummen verblüfft und hören dem Kaplan gebannt zu.
    «‹Da sich viele Tage lang weder Sonne noch Sterne zeigten ...›»
    Für gewöhnlich sind die Schiffskaplane entweder zu sanftmütig für eine so ungebärdige Herde ...
    «‹... und ein gewaltiger Sturm uns bedrängte, schwand uns schließlich ...›»
    ... oder sie sind in der Glaubensverkündung so eifrig, dass die Matrosen ihnen nicht zuhören, sondern sie verachten oder sogar verunglimpfen.
    «‹... alle Hoffnung auf Rettung dahin. Und als man lange nichts gegessen hatte ...›»
    Kaplan Wily, Sohn eines Austernfischers aus Whistable, bildet da eine wohltuende Ausnahme.
    «‹... trat Paulus mitten unter sie und sagte: Liebe Männer, man hätte auf mich hören und nicht von Kreta aufbrechen sollen ...›»
    Die Matrosen, die das Mittelmeer im Winter kennen, raunen Zustimmung und nicken.
    «‹... dann wären uns diese Gefahr und der Schaden erspart geblieben.›»
    Wily lehrt

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