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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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Idee, Sir», stimmt der Zweite Leutnant zu.
    Penhaligon humpelt bis zu den Fockmastwanten. Cutlip und ein Dutzend Seesoldaten beobachten das verbliebene Wachtboot, das nur noch hundert Yards vor ihnen liegt, ein mickriger Kahn mit kleinem Deckhaus, der schwerfälliger wirkt als eine Dau. Die sechs Schwertkämpfer und zwei Inspektoren an Bord scheinen darüber zu streiten, wie sie richtig reagieren sollen.
    «Bleibt, wo ihr seid, meine Hübschen», murmelt Wren. «Wir schneiden euch mittendurch ...»
    «Eine kleine Schrotladung», schlägt Cutlip vor, «brächte sie vielleicht zur Vernunft, Sir.»
    «Einverstanden, aber» - Penhaligon wendet sich an die Soldaten - «ich will keine Toten sehen.»
    «Zu Befehl, Sir», antworten die Soldaten, während sie die Gewehre in Anschlag bringen.
    Cutlip wartet ab, bis der Abstand auf fünfzig Yards geschmolzen ist. «Feuer!»
    Holz splittert von den Planken, Wasser spritzt auf.
    Ein Inspektor duckt sich, sein Kollege hechtet ins Deckhaus.
    Zwei Ruderer springen auf ihre Plätze und rudern das Boot im letzten Augenblick aus dem Kurs der Phoebus. Vom Bug hat man einen guten Blick auf die Krieger: Sie starren furchtlos hinauf zu den Europäern, aber sie machen keinerlei Anstalten, mit Pfeilen oder Speeren anzugreifen oder die Verfolgung aufzunehmen. Das Boot liegt mit Schlagseite im Kielwasser der Phoebus und ist schnell achteraus verschwunden.
    «Gut geschossen», lobt Penhaligon die Soldaten.
    «Gewehre nachladen», sagt Cutlip. «Passen Sie auf, dass das Pulver keinen Regen abbekommt.»
    Nagasaki, hingegossen am Berghang, kommt näher.
    Der Bugspriet der Phoebus zeigt acht bis zehn Grad östlich von Dejima: Der Union Jack weht steif wie ein Brett am Göschstock.
    Hovell stellt sich wortlos zu den Vertrauten des Kapitäns.
    Penhaligon erblickt ein armseliges Dörfchen an einer schlammigen kleinen Bucht.
    «Sie wirken nachdenklich, Lieutenant Hovell», sagt Wren. «Bauchschmerzen?»
    «Ihre Sorge, Lieutenant Wren», Hovell blickt starr geradeaus, «ist gänzlich überflüssig.»
    Malouf springt leichtfüßig den Fischdavit hinunter. «Ungefähr hundert einheimische Soldaten sind aufmarschiert, Sir, auf einem Platz direkt vor Dejima.»
    «Und wurden Boote zu unserem Empfang losgeschickt?»
    «Nicht eines bis jetzt, Captain: Clovelly hält vom Krähennest Ausschau. Der Handelsposten scheint verlassen - sogar die Bäume sind geflüchtet.»
    «Ausgezeichnet. Die Niederländer sollen als Feiglinge dastehen. Zurück in die Wanten, Mr. Malouf.»
    Ledbetters Messungen, die an Wetz übermittelt werden, geben keinen Anlass zur Besorgnis.
    Der Regen nimmt zu, aber es weht weiter ein frischer Wind.
    Zwei, drei angespannte Minuten später ertönt auf Dejima die Alarmglocke.
    Hauptkanonier Waldron ruft unten im Batteriedeck: «Steuerbordpforten öffnen, Männer!»
    Die Pfortendeckel krachen wie Knochen an die Bordwand.
    «Sir.» Talbot blickt durch sein Fernrohr. «Zwei Europäer auf dem Wachtturm.»
    «Ah?» Der Kapitän erspäht die beiden durch sein Fernrohr und achthundert Yards Regen. Der schlankere trägt einen breitkrempigen Hut wie ein spanischer Brigant. Sein massiger Begleiter stützt sich am Geländer ab und scheint der Phoebus mit seinem Stock zuzuwinken. Auf dem Eckpfosten sitzt ein Affe. «Mr. Talbot, wecken Sie Daniel Snitker.»
    «Die glauben wohl», spottet Wren, «wir schießen nicht, solange sie da oben stehen.»
    «Dejima ist ihr Schiff», sagt Hovell. «Sie stehen auf dem Achterdeck.»
    «Die werden schon Reißaus nehmen», orakelt Cutlip, «wenn sie merken, dass wir es ernst meinen.»
    Die Phoebus ist noch siebenhundert Yards von der östlichen Krümmung der Bucht entfernt. Wetz brüllt: «Hart backbord!» Die Fregatte dreht sich um achtzig Grad, bis sie auf Steuerbordbug parallel zur Küste segelt, zwei Schussweiten entfernt. Sie passieren ein rechteckiges Gelände mit Speichern: Auf den Dächern kauern, geschützt von Strohumhängen und Regenschirmen, Männer, die gekleidet sind wie die chinesischen Kaufleute, denen Penhaligon in Macao begegnet ist.
    «Fischer sprach von einem chinesischen Dejima», erinnert sich Wren. «Das muss es sein.»
    Hauptkanonier Waldron kommt an Deck. «Sollen die Steuerbordgeschütze jetzt geladen werden, Sir?»
    «Alle zwölf, feuerbereit in drei bis vier Minuten, Waldron. Ran an den Speck!»
    «Zu Befehl, Sir!» Unten schreit er seinen Leuten zu: «Füttert die dicken Jungs!»
    Talbot erscheint mit Snitker, der nicht recht zu wissen scheint,

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