Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
Vom Netzwerk:
welche Pose er einnehmen soll.
    «Mr. Hovell, borgen Sie Snitker Ihr Fernrohr. Er soll die beiden Männer auf dem Wachtturm identifizieren.» Snitkers Antwort lässt auf sich warten, aber sie enthält den Namen de Zoet. «Er sagt, der mit dem Stock sei Marinus, der Arzt, und der mit dem grotesken Hut sei de Zoet. Der Affe heißt William Pitt.» Snitker richtet noch einige Sätze an Hovell.
    Penhaligon schätzt die Entfernung auf fünfhundert Yards.
    Hovell fährt fort: «Mr. Snitker bittet mich, Ihnen mitzuteilen, Captain, dass die Situation gänzlich anders verlaufen wäre, hätten Sie ihn als Botschafter ausgewählt. Hätte er allerdings gewusst, dass Sie ein zerstörungswütiger Vandale sind, hätte er Sie nie in diese Gewässer geführt.»
    Sehr dienlich, Hovell , denkt Penhaligon, dass Snitker Ihnen abnimmt, was Sie sich nicht zu sagen trauen. «Fragen Sie ihn, was die Japaner wohl mit ihm anstellen, wenn wir ihn über Bord schmeißen.»
    Hovell übersetzt, und Snitker schleicht davon wie ein geprügelter Hund.
    Penhaligon wendet sich wieder den Niederländern auf dem Wachtturm zu.
    Durchs Fernrohr betrachtet wirkt Marinus, der Arzt und Gelehrte, bäurisch und plump.
    De Zoet hingegen ist jünger und besser gekleidet als erwartet. Zeig uns , denkt Penhaligon, ob deine niederländische Kühnheit englischer Munition standhalten kann.
    Waldrons Oberkörper erscheint über der Luke. «Bereit für Ihren Befehl, Captain.»
    Fernöstlicher Regen fällt zart wie Spitze auf die ledrigen Matrosengesichter.
    «Schlagen Sie zu, Mr. Waldron, mitten ins Gesicht ...»
    «Zu Befehl, Sir.» Waldron gibt den Befehl nach unten weiter: «Steuerbordmannschaft, Feuer!»
    Major Cutlip summt: «Drei blinde Mäuse, drei blinde Mäuse ...»
    Die Rufe der Zündkanoniere dringen durch die Geschützpforten bis hinauf über das Schanzkleid. «Kanone klar!»
    Der Kapitän beobachtet, wie die Niederländer in die Mündungen seiner Kanonen starren.
    Kiebitze fliegen tief über der steinernen See; Meerwasser tropft von ihren Flügelspitzen. Das ist etwas für einen Soldaten oder Irrsinnigen, denkt Penhaligon, nicht für einen Arzt und einen Krämer.
    Die erste Kanone entlädt sich mit ohrenbetäubendem Donner; das Herz des alternden Kapitäns pocht wie bei seinem ersten Gefecht mit einem amerikanischen Freibeuter vor einem Vierteljahrhundert; elf weitere Kanonen folgen innerhalb von sieben, acht Sekunden.
    Ein Speicher stürzt ein, zwei Kugeln durchschlagen die Palisade, Dachziegel stieben in die Luft. Der Kapitän blickt zufrieden durch Rauch und Zerstörung hinüber zum Turm, überzeugt, dass de Zoet und Marinus mit eingezogenen Schwänzen geflüchtet sind.
    «... und schnitt den armen Mäusen», summt Cutlip, «die Schwänze ab ...»
    Der Wind trägt den Pulverrauch an Deck und hüllt die Soldaten in dunklen Nebel.
    Talbot entdeckt sie als Erster: «Sie sind noch auf dem Turm, Sir.»
    Penhaligon eilt zur Luke. Sein Fuß winselt um Gnade, sein Stock drischt auf die Planken ein: Fahrt zur Hölle, fahrt zur Hölle ...
    Die Offiziere laufen ihm wie aufgeregte Spaniel hinterher, um ihm im Notfall aufzuhelfen. «Geschütze für die zweite Salve laden», brüllt er durch die Luke Waldron zu. «Zehn Guineen für die Mannschaft, die den Wachtturm fällt!»
    Waldron brüllt zurück: «Zu Befehl, Sir! Ihr habt den Captain gehört, Männer!»
    Wutentbrannt schleppt sich Penhaligon zurück zum Achterdeck; die Offiziere folgen ihm.
    «Halten Sie das Schiff auf Position, Mr. Wetz», befiehlt er dem Navigator.
    Wetz ist damit beschäftigt, das richtige Verhältnis von Windgeschwindigkeit, Segelfläche und Ruderstellung abzuschätzen. «Halte Schiff auf Position, Captain.»
    «Captain», meldet sich Cutlip, «wenn wir auf hundertzwanzig Yards ranfahren, durchsieben meine Jungs das dreiste Duo mit ihren Musketen.»
    Tristram , hatte Captain Frederick von der Blenheim Penhaligon mitgeteilt, wurde auf dem Achterdeck von einem Kettengeschoss zerfetzt: Hätte er sich wie die niederen Offiziere auf den Boden geworfen, wäre er wahrscheinlich noch am Leben, aber Tristram hatte der Gefahr stets unerschrocken ins Auge gesehen ...
    «Ich will nicht riskieren, dass wir auf Grund laufen, Major. Der Tag würde keinen guten Ausgang nehmen.»
    Erinnerst du dich noch an Charlies Bulldogge , Penhaligon seufzt, und den Kricketschläger?
    «Der Rauch», murmelt der Kapitän blinzelnd, «zerbeißt mir die Augen.»
    Feiglinge laben sich wie Krähen an toten Helden.
    «Das

Weitere Kostenlose Bücher