Die tausend Herbste des Jacob de Zoet
«diese Richtung. Mein Vater war niederer Gefolgsmann von Fürst Yamanouchi von Tosa. Fürst gab mir Ausbildung und schickte mich nach Nagasaki, zu lernen Niederländisch in Ogawa Mimasakus Haus, um Brücke zwischen Tosa und Dejima zu machen. Aber dann starb alter Fürst Yamanouchi. Sein Sohn hat nicht Interesse an Hollandstudien. Also ich wurde ‹ausgesetzt›, Sie sagen? Aber dann beide Söhne von Ogawa Mimasaku starben von Cholera, vor zehn Jahren. Viel, viel Tod in Stadt in diesem Jahr. Also Ogawa Mimasaku adoptierte mich, um weiterzuführen Familienname ...»
«Was ist mit Ihren richtigen Eltern auf Shikoku?»
«Tradition sagt: ‹Nach Adoption geh nicht zurück.› Also ich gehe nicht zurück.»
«Haben Sie Ihre Eltern ...», Jacob denkt an seinen eigenen schmerzhaften Verlust, «... denn nie vermisst?»
«Ich hatte neuen Namen, neues Leben, neuen Vater, neue Mutter, neue Ahnen.»
Empfindet das japanische Volk, überlegt Jacob, Vergnügen dabei, sich selbst Leid zuzufügen?
«Mein Studium von niederländischer Sprache», sagt Ogawa, «ist großer - Trost. Ist richtiges Wort?»
«Ja, und Ihre Redegewandtheit», der Sekretär meint es ganz aufrichtig, «zeigt, wie fleißig Sie lernen.»
«Fortschritt machen ist schwierig. Kaufleute, Beamte, Wachen nicht verstehen, wie schwierig. Sie denken: Ich mache meine Arbeit. Warum kann dummer, fauler Dolmetscher nicht auch tun ?»
«Während meiner Lehrzeit in einer Holzfirma», Jacob streckt die steifen Beine aus, «arbeitete ich in vielen Häfen, nicht nur in Rotterdam, sondern auch in London, Paris, Kopenhagen und Göteborg. Ich weiß, wie sehr man sich mit fremden Sprachen quält: Aber anders als Sie verfügte ich über Wörterbücher und hatte viele Französischlehrer.»
Ogawas «Ah ...» steckt voller Sehnsucht. «So viele Orte, Sie können hingehen ...»
«In Europa, ja, aber hier darf ich nicht einmal den großen Zeh vor die Landpforte setzen.»
«Herr de Zoet kann durch Seepforte gehen und segeln über Ozean. Aber ich - alle Japaner ...», Ogawa lauscht dem verschwörerischen Gemurmel von Hanzaburo und seinem Freund, «... sind Gefangene für ganzes Leben. Wer Plan macht zu gehen, wird hingerichtet. Wer geht und von Ausland zurückkehrt, wird hingerichtet. Mein kostbarer Wunsch ist ein Jahr in Batavia, um Niederländisch zu sprechen ... niederländisch zu essen, niederländisch zu trinken, niederländisch zu schlafen. Ein Jahr, nur ein Jahr ...»
Für Jacob sind das völlig neue Gedanken. «Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Besuch auf Dejima?»
«Sehr gut ich erinnere! Bevor Ogawa Mimasaku mich adoptierte als Sohn. Eines Tages Herr verkündet: ‹Heute wir gehen nach Dejima.› Ich ...» Ogawa fasst sich ans Herz und nimmt eine ehrfurchtsvolle Haltung ein. «Wir gehen über Holland-Brücke, und mein Herr sagt: ‹Das ist längste Brücke, du überquerst in Leben, denn diese Brücke verbindet zwei Welten.› Wir gehen durch Landpforte, und ich sehe Riese aus Märchen! Nase groß wie Kartoffel. Kleider hat nicht Bänder, sondern Knöpfe, viele Knöpfe, und Haare gelb wie Stroh! Und auch schlecht riechen. Genauso Staunen, ich sehe erste Mal kuronbō , schwarze Jungen mit Haut wie Eierfrucht. Dann Ausländer öffnet Mund und sagt: ‹Schfgg-envigen-flinder-vascchen morgengen!› Das war gleiches Niederländisch, ich so fleißig studieren? Ich verbeuge mich und verbeuge mich, und Herr schlägt mich auf Kopf und sagt: ‹Stell dich vor, dummer baka !› Ich sage: ‹Mein Name ist Sōzaemon degozaimsu, Wetter ist mild heute, ich danke Ihnen sehr, mein Herr.› Gelber Riese lacht und sagt: ‹Ksssfffkkk schevingen-pevingen!›, und zeigt auf Wunder: Weißer Vogel, der geht wie Mensch und groß wie Mensch. Herr sagt: ‹Das ist Vogel Strauß.› Dann noch größeres Wunder: Tier groß wie Hütte verdeckt Sonne; nyoro-nyoro. Er taucht Nase in Eimer und trinkt und schießt Wasser! Lehrer Ogawa sagt: ‹Elefant›, und ich sage: ‹Zō?›, und Lehrer sagt: ‹Nein, dummer baka, das ist Elefant.› Dann wir sehen Kuckuck in Käfig und Papagei, das wiederholt Wörter, sonderbares Spiel mit Stöcken und Kugeln auf Tisch-mit-Wänden, heißt ‹Billard›. Blutige Zungen liegen überall auf Boden: Saft von Betelnüssen, malaiische Diener spucken aus.»
«Was», fragt Jacob überrascht, «hatte ein Elefant auf Dejima verloren?»
«Batavia gab als Geschenk für Shōgun. Aber Statthalter schickte Nachricht nach Edo zu sagen, Elefant braucht viel Essen. Edo
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