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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Gedanken zu sein. Sie starrte aufs Meer hinaus, dann lief sie wieder unruhig auf und ab.
    »Ist deine Schule wirklich in Darjeeling?«, fragte Betty, während sie ihr mit den Augen folgte. »Dann bist du ja weit weg
von zu Hause. Ich werde auch nach Darjeeling fahren.« Vielleicht könnte Ava mir ihr dorthin reisen, dachte sie.
    Ava nickte. » Fahren ist gut gesagt.« Sie lief weiter hin und her. Betty wurde es ganz schwindelig, wenn sie ihr ständig mit den Augen folgte. Ava blieb kurz stehen und rieb mit den Händen ihre Oberarme. »Meine Güte, ist das hier so kalt oder bin ich doch zu leicht angezogen?«
    »Warm ist es«, antwortete Betty. »Ich hätte nicht gedacht, dass es überhaupt so heiß werden könnte, außer vielleicht in einem Backofen.« Sie lachte. »Oben in Darjeeling ist es ja kühler, das habe ich gehört!«
    Ava nickte. »Kühler und erheblich langweiliger. Es ist außerdem sehr weit, und auf den letzten vierzig Meilen geht es praktisch steil in die Berge hoch.«
    »Wie kommt man denn überhaupt dort hinauf?«
    Ava, die wieder unruhig um sich hergeschaut hatte, drehte sich mit einer eleganten Bewegung zu ihr um. »Entschuldige, was hast du gefragt?«
    Betty lächelte. »Ich dachte, wenn du vielleicht auch nach Darjeeling musst, in deine Schule, dann könnten wir doch zusammen dorthin reisen.« Sie zögerte. »Mir ist nämlich doch etwas mulmig, weil ich mich hier nicht auskenne.«
    Ava zuckte die Schultern und lief nun vor der Seebrücke auf und ab. »Ich muss noch eine Weile hierbleiben«, murmelte sie. »Am besten, du gehst da vorn zu Mister Tiliri, in das kleine braune Gebäude mit der Aufschrift ›Travels to Observatory Hill‹. Das ist ein berühmter Hügel bei Darjeeling. Es soll dort nämlich eine ganz besondere Erdenergie herrschen. Wenn du mich fragst, ist das allerdings Unsinn. Aber manchmal wollen verrückte Engländer dorthin geführt werden. Mister Tiliri stellt kleine Gruppen zusammen und bringt sie auf schwarzen Ponys die Berge hoch. Es sind über 250 Meilen. Allerdings machen
sie das normalerweise nur im Sommer. Bis Siliguri ist es schon ein ewig langes Stück. Aber dann geht es steil in die Berge hinauf.« Sie lachte. »Mein Bruder sagt immer, weiter weg von allem als in Darjeeling kann man auf der Welt nicht sein. Was willst du um diese Jahreszeit überhaupt dort oben? Da sind nur ein paar Teepflanzer, einige Mönche und die Mädchen in den Klosterschulen, und es gibt ein Sanatorium für die kranken Soldaten, weil die Luft dort so gut ist. Aber das Leben fängt da erst im Mai wieder an, wenn es hier unten warm wird.«
    Betty hatte Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. Zudem fand sie, dass es bereits jetzt hier unten warm war. Sie konnte sich kaum bewegen, so heiß war es. »Also dann Auf Wiedersehen, es hat mich sehr gefreut«, sagte Betty. »Vielleicht sieht man sich ja einmal wieder!« Hoffentlich, dachte sie. Sie hätte für ihr Leben gern eine so schöne und kluge Freundin wie Ava gehabt. Und eine so besondere.
    »Ja, ganz bestimmt«, antwortete Ava fahrig. Dann schnellte sie plötzlich herum und steuerte auf eines der Lagerhäuser zu, in dem sich in diesem Moment unten eine Tür schloss. Betty hatte nur noch die Bewegung gesehen. Wer auch immer gerade dahinter verschwunden war, es musste der Mensch gewesen sein, auf den Ava so sehnsüchtig gewartet hatte. Aber warum hatte sie dann zunächst nach einem Schiff Ausschau gehalten? Wusste sie nicht, ob ihr Freund zu Wasser oder zu Lande kam? Oder wartete sie etwa gar nicht auf einen jungen Herrn? Betty konnte sich nicht vorstellen, dass Avas Unruhe einen anderen Grund gehabt haben mochte. Sie beschloss, dass sie diese Frage erst einmal hintanstellen sollte.
    Wichtiger war es, dass sie sich zunächst einmal aufraffte und ihre Reisepläne verfolgte. Hier konnte sie jedenfalls nicht mehr lange sitzen bleiben. Ihre Wangen und die Stirn brannten und
ihre Nase glühte wie Feuer. Wie kam sie wohl am schnellsten nach Darjeeling? Ein Schauder durchfuhr sie, wenn sie nur an den klangvollen Namen dachte. Über ihr Ziel hinaus indes mochte sie nicht denken. Es gab dort Tee, und von diesem Tee würde sie kaufen, was immer man ihr gab. John Francis Jocelyn würde sie dort zwar nicht antreffen, aber vielleicht konnte sie in dem feinen Duft des Tees etwas von dem Zauber wiederfinden, den sie damals im Kontor der Asmussens in seiner Gegenwart empfunden hatte. Irgendjemand dort oben würde ihr schon Tee verkaufen, den besten Tee. Sie würde

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