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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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sicher jedenfalls würde er sich miserabel fühlen, wenn er den beiden nicht half. Sie sahen aus, als hätten sie niemanden, und es war schwer allein in der Welt. Das wußte er selbst gut genug.
    »Miss Finnegan!« rief er. »Miss Finnegan!« Sie konnte ihn nicht hören, sie war zu weit weg. »Verdammte Koffer«, stöhnte er, hob sie auf und lief ihr stolpernd nach. »Miss Finnegan!« rief er wieder, diesmal näher hinter ihr.
     Fiona drehte sich um. »Mr. Soames, was gibt’s? Ist Ihnen wieder schwindelig?«
    »Nein, mir geht’s gut«, antwortete er und stellte sein Gepäck ab. »Hören Sie zu, halten Sie mich nicht für dreist oder unanständig. Ich möchte Ihnen nichts Unschickliches vorschlagen …«
    Fiona sah ihn verwundert an.
    »… aber, wie ich Ihnen gesagt habe, ich habe eine Doppelkabine an Bord dieses Schiffes, und ich brauche nicht soviel Platz. Wenn Sie sich als meine Frau ausgeben würden … wenn wir vorgeben würden, eine Familie zu sein, würden sie uns gemeinsam reinlassen. Sie könnten die Kabine mit mir teilen. Ich habe zwei Einzelbetten, und sicher gibt’s irgendwo noch ein Kinderbett. Ich verspreche Ihnen, Sie wären vollkommen sicher in meiner Gesellschaft.»
    Erleichterung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Sie zögerte nicht. »O Mr. Soames, ich danke Ihnen! Vielen, vielen Dank! Wir hätten keine zwei Wochen warten können. Wir werden mucksmäuschenstill sein, Sie werden nicht einmal merken, daß wir da sind. Wir zahlen auch unseren Anteil. Wieviel ist es?«
    Nicholas sah zu, wie sie in ihr Mieder griff und ein Bündel Zwanzigpfundnoten herauszog. Sie schien eine sehr arme Person mit sehr viel Geld zu sein. O Gott, dachte er entsetzt, ist sie eine Diebin?
    Sie zog einen Geldschein heraus. »Ich möchte mehr als die Hälfte bezahlen«, sagte sie, »weil Seamie und ich zwei Personen sind.« Ihr Gesicht war voller Dankbarkeit und Erleichterung, so ehrlich und offen, daß er sich für seinen vorherigen Verdacht schämte. Sie war keine Diebin. Sie war ein Mädchen aus dem Londoner East End. Ungeschliffen, aber anständig. Vielleicht hatte sie das Geld gespart.
    »Stecken Sie das weg«, antwortete er. »Das regeln wir später. Jetzt hören Sie zu, wir machen es so … ich hole unsere Bordpässe. Wenn sie mir nur einen geben, behaupte ich, sie hätten einen Fehler gemacht, ich hätte für eine Familie gebucht, deshalb hätte ich ja auch eine Doppelkabine genommen. Sie gehen darauf ein, dessen bin ich mir sicher.« Er runzelte die Stirn.
    »Was ist?« fragte Fiona besorgt.
    »Wir müssen das Problem unserer nicht vorhandenen Eheringe irgendwie lösen. Wenn sie glauben, wir wollten Geld sparen, indem wir alle in eine Kabine gehen, könnten sie vielleicht nach weiteren Anzeichen Ausschau halten, daß wir nicht verheiratet sind. Also ziehen Sie sich erst mal Ihre Handschuhe an.«
    »Ich hab keine Handschuhe, aber ich hab die hier.« Sie kramte eine Weile in ihrer Tasche und förderte dann zwei schmale Goldringe zutage. »Sie gehörten meinen Eltern.«
    »Großartig!« rief er aus und steckte sich den größeren an. »Jetzt legen wir sie sicher rein. Vergessen Sie nur nicht, daß Sie Mrs. Soames sind und daß ich Seamies Vater bin.« Er ging die Bordpässe holen. Ein paar Minuten später kam er triumphierend zurück. »Ich hab sie«, sagte er. »Ich behalte sie wohl besser bei mir. Das würde das Oberhaupt einer Familie doch tun, finden Sie nicht auch?«
    Sie nickte.
    »Wenn das kein Spaß ist!« rief er aus und freute sich wie ein Kind, dem ein Streich gelungen ist. »Wir haben sie wirklich reingelegt. Wie ich gehört habe, ist die erste Klasse hervorragend bei dieser Linie. Die Kabinen sollen sehr komfortabel sein und das Essen exzellent.«
    »Ist das sehr teuer, Mr. Soames, die Dinner und das alles?« fragte Fiona.
    »Ich heiße Nicholas. Und nein, es ist nicht teuer, mit dem Ticket ist alles abgegolten. Wußten Sie das nicht?«
    »Nein, das wußte ich nicht. Alles schon bezahlt? Das ist wundervoll!« antwortete sie lächelnd.
    »Wir werden eine Menge Spaß haben«, fuhr er aufgeregt fort. »Es gibt Musik und Tanz. Man kann spielen. Und es werden eine Menge Leute dasein, mit denen man sich unterhalten kann. Man sieht und wird gesehen.«
    Fionas Lächeln verblaßte. »Mr. Soames … Nicholas … Sie waren sehr freundlich zu uns, aber ich glaube nicht, daß wir da mitmachen können. Ich denke nicht, daß Sie mit uns gesehen werden wollen.«
    »Was? Warum denn nicht?«
    Sie deutete auf ihre

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