Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
Vom Netzwerk:
dem Wagen einnahm. »Eifersüchtig«, schnaubte sie. »Warum sollte ich eifersüchtig sein? Sie hat bloß schöne Klamotten, Schmuck, einen großen Busen, ein hübsches Gesicht und einen Haufen Geld.«
    Warum sollte Joe wohl in sie verliebt sein, wenn sie so viel weniger zu bieten hatte als Millie? Millie mit ihrem wichtigen, einflußreichen Vater und seinem vielen Geld könnte ihm auf der Stelle einen Laden kaufen. Zehn Läden. Vermutlich würde er jetzt alles platzen lassen – ihre Pläne, ihren Laden, alles – und sich mit Millie zusammentun. Vor allem jetzt, nachdem sie sich so schlecht benommen und ihn wütend gemacht hatte. Na schön, sollte er doch. Sie würde nicht zulassen, daß er sie fallenließ wie eine heiße Kartoffel. Sie würde es ihm heimzahlen. Sie würde sagen, daß sie Jimmy Shea, den Sohn des Wirts, lieber mochte. Tränen brannten ihr in den Augen, als ihre Mutter hinter ihr auftauchte.
    »War das Millie Peterson, die ich gerade gesehen hab?« fragte Kate und sah ihrer Tochter ins Gesicht.
    »Ja«, antwortete Fiona bedrückt.
    »Gütiger Himmel, die geizt aber nicht mit ihren Reizen! Ein affektiertes junges Ding.«
    Fionas Miene hellte sich ein wenig auf. »Findest du, Ma?«
    »Aber sicher. Jetzt komm, laß uns schnell machen, ich will heim kommen …« Die Stimme ihrer Mutter brach ab, als sie zu einem anderen Stand weiterging, und Fiona hörte Joes Stimme, die sich über den allgemeinen Lärm erhob, als er wieder seine Verkaufssprüche zu klopfen begann. Er klang lebhafter als je zuvor. Sie drehte sich zu ihm um.
    Er lächelte sie an, und obwohl sie im Dunkeln stand, hatte Fiona das Gefühl, die Sonne sei aufgegangen. »Für diesen herrlichen Kohlkopf …«, sagte er, »… für ein Exemplar dieser Güte, verlange ich gewöhnlich drei Pence, aber heute geb ich ihn kostenlos ab! Kostenlos an das hübscheste Mädchen auf dem Markt. Und da steht sie!« Er warf ihr den Kohlkopf zu. Sie fing ihn auf. »Ach, meine Damen«, seufzte er und schüttelte den Kopf. »Was kann ich Ihnen sagen? Sie hat meinen Kohl und mein Herz gestohlen, aber wenn sie mich nicht will, nehm ich dich an ihrer Stelle, mein Schatz«, fuhr er fort und blinzelte einer Kundin zu, die mindestens siebzig Jahre alt und zahnlos war.
    »Ich nehm dich auch, Bürschchen!« rief die alte Frau zurück. »Aber behalt deinen Kohl, ich hätt lieber ‘ne Gurke!« Die Frauen an Bristows Stand quietschten vor Vergnügen, und Joes Eltern kamen kaum mit dem Einpacken der Ware nach.
    Das hübscheste Mädchen auf dem Markt! Fiona strahlte. Wie dumm sie doch gewesen war, auf Millie eifersüchtig zu sein. Joe gehörte ihr, ihr ganz allein. Sie winkte ihm zum Abschied zu und rannte los, um ihre Mutter einzuholen. Sie war wieder glücklich und selbstsicher. Ihre Gefühle waren hochgekocht, hatten sich dann aber beruhigt wie aufgewühltes Wasser, und jetzt war alles vergessen.
    Fionas Glück wäre sicher ein Dämpfer aufgesetzt worden, wenn sie nur ein paar Sekunden länger am Stand der Bristows verweilt hätte. Denn gerade, als sie ging, um ihrer Mutter zu folgen, tauchte Millie wieder auf, mit ihrem Vater im Schlepptau. Sie zupfte ihn am Ärmel und deutete auf Joe, als zeige sie auf etwas in einem Schaufenster, das sie haben wollte. Aber Tommy Petersons Aufmerksamkeit mußte gar nicht erst auf Joe gelenkt werden. Sein scharfes Auge hatte sich bereits auf ihn geheftet und wohlwollend festgestellt, wie schnell er seine Ware umsetzte. Zum erstenmal an diesem Abend lächelte Tommy. Wie recht seine Tochter doch hatte, hier war tatsächlich ein vielversprechender junger Mann.

   2   
    F ünf elende Pence für einen ganzen Tag harte Knochenarbeit, Jungs«, sagte Paddy Finnegan und knallte sein Glas auf die Theke. »Keine bezahlten Überstunden. Und jetzt hält dieser Mistkerl unseren Extraverdienst zurück.«
    »Der verdammte Burton hat kein Recht dazu«, sagte Shane Patterson, ein Arbeitskollege von Paddy. »Curran hat gesagt, wir müßten das Schiff bis fünf Uhr abends ausgeladen haben, um unseren Bonus zu kriegen. Wir waren um vier fertig. Dann sagt er, es gibt kein Geld!«
    »Das kann er nicht machen«, meldete sich Matt Williams, ein anderer Kollege, zu Wort.
    »Aber das hat er getan«, erwiderte Paddy und erinnerte sich an die Wut, die Schreie und Flüche, als der Vorarbeiter erklärte, daß der Bonus, der für das schnelle Entladen der Fracht zugesagt worden war, nicht ausbezahlt würde.
    Die Tür des Pubs ging auf. Alle Blicke richteten

Weitere Kostenlose Bücher