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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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langen Gesichtern war ernüchternd genug, um selbst Cupido die Romantik auszutreiben. Plötzlich hatte er keine Lust mehr, über Untergrundbahnen zu reden.
    Vor einer Woche hatte er genau hier seinen Bruder gefragt: »Robert, würdest du es noch einmal tun?«
    »Was denn?«
    »Elizabeth bitten, dich zu heiraten. Obwohl … ich meine, trotz allem, was geschehen ist?«
    »Obwohl sie gestorben ist?« fragte Robert ruhig. »Obwohl mich meine Liebe zu ihr gegen alle anderen Frauen immun gemacht hat? Ja, das würde ich. Ohne zu zögern.« Dann hatte er sich vorgebeugt und die Hand auf die seine gelegt – eine seltene Geste zwischen ihnen beiden. »Du hast dich dein ganzes Leben lang nur von deinem Verstand leiten lassen. Es ist Zeit, deinem Herzen zu folgen. Das steht dir zu. Zumindest einmal in deinem Leben. Das steht jedem zu.«

   34   
    D ie Hände in die Hüften gestützt, sah Fiona auf den Berg Holzkisten, der auf dem Gehsteig aufgestapelt war. Ein Ausfahrer reichte ihr ein Stück Papier. Sie las es und unterschrieb. Dann schloß sie die Augen und atmete tief ein. Sie konnte ihn sogar durch das bleibeschichtete Holz riechen: Tee. Warm, intensiv, betörend. Nichts war mit diesem Duft vergleichbar.
    »Du bist wahnsinnig, weißt du das?« sagte Michael, der plötzlich hinter dem Wagen von Millard’s auftauchte. »Das sind fünfzig Kisten Tee, verdammt! Fünfzig! Wo zum Teufel willst du die unterbringen?«
    »In der Nummer sechsundsechzig. Gleich nebenan. Da ist es sauber und trocken, ohne irgendwelche Gerüche, weil nur ein Stoffladen drin war, kein Stall oder dergleichen. Das weißt du doch. Ich hab dir doch gesagt, daß Mr. Simmons mir einen guten Preis gemacht hat«, fügte sie ungeduldig hinzu.
    »Ich hab gedacht, das sei bloß Gerede gewesen! Ich hatte ja keine Ahnung, daß du es ernst meinst.«
    »Könntest du den Männern vielleicht helfen, den Tee reinzutragen, statt hier rumzustehen?«
    »Ich möcht bloß wissen, wer das alles bezahlen soll?«
    »Wir. Millard’s hat uns neunzig statt dreißig Tage Frist eingeräumt. Das ist genug Zeit.«
    Michael schüttelte den Kopf. »Wohl kaum! Warum hast du überhaupt fünfzig Kisten auf einmal kaufen müssen?«
    »Weil ich den gesamten Vorrat an indischem Tee haben wollte. Damit niemand sonst ihn kriegt. Das hab ich dir doch schon gesagt. Du hörst mir nie zu.«
    »In zwei Monaten sitzen wir auf der Ware und schulden Millard’s Hunderte von Dollars …«
    Fiona schnitt ihm das Wort ab. »Nein, das werden wir nicht! Mit dem Laden, meiner Teestube und den Großhandelsverkäufen …«
    »Welcher Teestube?«
    »Die ich eröffnen werde. Ich bin schon auf der Suche nach einem geeigneten Lokal.«
    »Und was für Großhandelsverkäufe?«
    »Macy’s. Crawford’s. Child’s Restaurants …«
    »Die haben bei dir bestellt?«
    »Noch nicht.« Michael verdrehte die Augen. »Aber sie werden!« beharrte sie. »Nächste Woche habe ich Termine mit ihren Einkäufern. Ich weiß , daß sie meinen Tee kaufen werden, sobald sie ihn probiert haben. Ich brauch nur noch einen Namen dafür. Und eine Verpackung, die ich ihnen präsentieren kann. Wenn du mir bei den Kisten helfen und mich zu Nate und Maddie gehen lassen würdest …«
    »Lauter verrückte Hirngespinste«, brummte Michael und zog ein Paar Arbeitshandschuhe aus seiner Tasche. »Die hat dir wohl dieser William McClane in den Kopf gesetzt? Als nächstes kaufst du eine ganze verdammte Teeplantage.«
    Fiona ignorierte seine Bemerkung. Sie wünschte, er hätte Will nicht erwähnt. Sie hatte seine Gesellschaft so sehr genossen und war betrübt, daß er nicht mehr vorbeigekommen war, aber gleichzeitig tadelte sie sich, weil sie sich Hoffnungen machte. Wie konnte sie sich einbilden, jemand wie er könnte sich für sie interessieren? Sie war ja nicht einmal einem Straßenhändler aus Whitechapel gut genug gewesen. Der Verlust von Joe hatte ihr nicht nur das Herz gebrochen, sondern auch ihr Selbstvertrauen erschüttert, ihr das Gefühl vermittelt, unattraktiv und wertlos zu sein. Gefühle, die Wills offensichtliches Desinteresse nur bestätigten.
    Michael war es schließlich müde, ihr Predigten zu halten, er nahm sich einen Schubkarren und ging zu den Teekisten hinüber. Fiona kehrte in den Laden zurück, wo ihre Freunde auf sie warteten. Nate kaute an einem Bleistift und runzelte die Brauen, während er die Zeichnung begutachtete, die Maddie auf dem Ladentisch ausgebreitet hatte.
    Fiona warf einen Blick darauf. »Maddie!« rief

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