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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Hurst.
    »Gut. Ich seh dich heute abend, Liebling.« Will stand auf und wandte sich zum Gehen.
    Fiona begleitete ihn auf den Gang hinaus. »Will, du siehst müde aus. Geht’s dir gut?«
    »Mir geht’s gut, es ist nur dieser Mistkerl von Bürgermeister. Ich möchte die Sache endlich unter Dach und Fach bringen.« Er lächelte. »Natürlich so, wie ich sie haben will.«
    »Du kriegst den Auftrag. Davon bin ich überzeugt.«
    Er küßte sie auf die Wange, wünschte, er hätte ihre Zuversicht, und ging.
    Fiona kehrte in Hursts Büro zurück und hörte zu, wie er ihr die Grundbegriffe des Börsengeschäfts erklärte. Obwohl es nicht schwierig zu begreifen war, sprach er langsam, als rede er mit einer Schwachsinnigen. Ihre Gedanken schweiften ab, während er ihr zum zweitenmal den Unterschied zwischen Aktien, Obligationen und Termingeschäften erklärte. Sie mußte immer noch an die Aufregung unten denken, an die beiden Männer, die ihre Firma verloren, und an die Akienbesitzer, die sie ihnen abgenommen hatten. Das alles nagte an ihr. Da war noch etwas, etwas, das sie nicht verstand.
    »Einen Moment, Mr. Hurst«, unterbrach sie ihn. »Was die Sullivans angeht … Sie haben gesagt, sie hätten es nicht vorausgesehen. Haben sie denn nicht bemerkt, was auf sie zukam?«
    »Nein. Aber ich nehme an, sie haben auch nichts dergleichen vermutet. Das kommt selten vor.«
    »Aber es kommt vor …«, sagte sie mehr zu sich als zu Hurst. Jetzt trat ihr das Bild klarer vor Augen: Investition war ein finanzielles Handwerkszeug, eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Aber es konnte auch eine Waffe sein. Kauf genügend Anteile einer Firma, und eines Tages gehört sie dir.
    »O ja«, sagte Hurst. »Eigentümer werden unvorsichtig. Zu vertrauensselig. Oder zu arrogant. Sie halten sich für unverwundbar.« Er lächelte teilnahmsvoll. »Ich sehe, das alles hat Sie aufgewühlt, Miss Finnegan. Was für eine schreckliche Einführung in den Markt. Bitte lassen Sie sich nicht beunruhigen. Der Hauptteil der Transaktionen, die wir durchführen, sind ganz sicher. Wenden wir uns angenehmeren Themen zu.«
    Aber Fiona war nicht beunruhigt. Oder besorgt. Ganz im Gegenteil. Soeben hatte sich ihr eine neue Möglichkeit eröffnet, die Grundzüge eines Plans.
    Hurst schwafelte weiter, erklärte ihr, wie Kaufen und Verkaufen abgewickelt wurde, welche Gebühren und Kommissionen anfielen. Er erklärte ihr den neu geschaffenen Dow Jones Index im Wall Street Journal, und sie ließ ihn weiter fachsimpeln. Ihre Gedanken rasten, wenn sie an die Möglichkeiten ihres Plans dachte – des Plans, der ihr so lange gefehlt hatte.
    »Also«, sagte er schließlich und faßte seine Lektion zusammen, »Sie können die Entwicklung Ihrer Aktien ganz leicht durch einen Blick in die Zeitung verfolgen. Einmal angenommen, Sie hätten gestern fünftausend Aktien der McClane Untergrundbahn zu fünfzehn Dollar gekauft. Bei Handelsschluß stand sie heute auf sechzehn fünfundzwanzig.» Er nahm einen Bleistift. »Also, das macht …«
    »… ein Dollar fünfundzwanzig pro Aktie mal fünftausend macht sechstausendzweihundertfünfzig Dollar. Mein Gott, Mr. Hurst, Mr. McClane hat absolut recht. Das ist tatsächlich eine prima Art, Geld zu machen!«
    Hurst sah sie verständnislos an. »Ja, durchaus. Also, wenn ich noch etwas für Sie tun kann …«
    »Das können Sie«, antwortete sie und rutschte auf die Stuhlkante. »Ich möchte ein paar Aktien von Burton Tea kaufen. Eine englische Firma.«
    Hurst runzelte die Stirn. »Halten Sie das für eine kluge Entscheidung, Miss Finnegan? Ein so überstürzter Kauf? Mr. McClane hat mir zu verstehen gegeben, der Markt sei Ihnen noch ganz neu.«
    »Das war er mir, aber dank Ihrer exzellenten Unterweisung hat sich das geändert. Also, wie steht’s mit Burton-Aktien?«
    »Einen Augenblick, ich muß den Preis nachsehen.«
    Hurst verschwand in den Gang hinaus. Fiona nahm ein Aktienzertifikat von seinem Schreibtisch. Es lautete auf zehntausend Anteile an Carnegie-Stahl. Es war nur Papier, dennoch ein Teil einer Firma. Bald würde sie einen Teil von Burtons Firma in der Hand halten. Nur einen winzigen Teil, aber den würde sie vergrößern – selbst wenn sie zwanzig Jahre dafür brauchte. Und wenn er groß genug war, würde sie ihn ruinieren.
    »Da wären wir, Miss Finnegan«, sagte Hurst und ging zu seinem Schreibtisch zurück. Er sah sie an und hielt inne. »Geht es Ihnen gut? Sie wirken erhitzt. Ist es zu warm hier drinnen? Ich kann noch ein Fenster

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