Die Teerose
gut. Mach die Augen zu.«
Sie gehorchte. »Und was mach ich jetzt?«
»Sei still. Nur ganz kurz. Ja?«
Fiona kicherte.
»Du mußt zuerst dieses herrliche Bouquet einatmen«, sagte Will und hielt ihr das Glas unter die Nase. »Ganz tief.« Wieder gehorchte sie. Sie spürte ihn nahe bei sich, seine Wärme, das Vibrieren seiner Stimme. »Was riechst du?«
»Ah … Trauben?«
»Was noch?«
Sie atmete wieder ein. »Brombeeren, glaube ich. Und … Pfeffer? Und noch ein bißchen was anderes … ah ja – Vanille!« Sie öffnete die Augen.
»Sehr gut. Du hast eine gute Nase. Ich bin beeindruckt.«
Er reichte ihr das schwere Glas aus Bleikristall. Sie nahm einen Schluck, und es fühlte sich an wie Samt. Beim nächsten Schluck spürte sie die Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete. Will saß sehr nahe bei ihr. Sie entdeckte kleine kupferfarbene Flecken in seinen braunen Augen, eine Sommersprosse auf seiner Oberlippe, einen Anflug von Grau in seinem Haar. Er roch nach gestärkter Wäsche und sauberer Haut. Sein Duft war wundervoll, viel schöner als alter Wein. Das Blut schoß ihr in die Wangen und ließ sie strahlen. Einen Moment hielt sie seinen Blick fest, überzeugt, daß er sie gleich küssen würde, und wünschte sich, er täte es. Und er tat es.
»Und du hast einen guten Mund«, sagte er, nahm ihr das Glas ab und stellte es auf den Tisch. Er küßte ihren Nacken und die Stelle hinterm Ohr, was sie erschauern ließ. Er streichelte ihre Brüste, sacht, aber fest, und sie stöhnte auf. Seine Berührungen waren selbstbewußt und sicher, und erneut wurde sie daran erinnert, daß er kein Junge mehr war. Er hatte schon eine Ehefrau und, wenn man ihrem Onkel Glauben schenken durfte, verschiedene Geliebte gehabt. Er wußte, was er tat. Als sie spürte, wie er ihr die Knöpfe auf dem Rücken öffnete und die Träger ihres Mieders über die Schultern streifte, wußte sie, warum er sie hierhergebracht hatte, warum sie in sein Haus statt in den Park gegangen waren.
»Will, nicht …«, sagte sie atemlos.
Aber er hörte nicht auf. Im Schein der flackernden Kerzen, die warmes Licht über die Bücherregale, den Wein, das Ledersofa und ihre Haut warfen, streichelte er ihre bloßen Brüste, küßte ihre Lippen, und seine Finger tasteten unter ihre Röcke. Er war geschickt. Er wußte genau, wie und wo er sie berühren mußte. Seine Berührungen ließen sie schwach werden, zwischen ihren Beinen spürte sie ein Ziehen, und sie hatte das Gefühl, ihm die Kleider abstreifen und ihn an sich ziehen zu wollen. Berauscht von seiner Begierde, wollte sie ihn nicht länger zurückhalten. Sie wollte die Hitze seiner Haut an sich fühlen, ihn in sich spüren.
Er küßte sie erneut und sagte: »Komm ins Bett mit mir, Fiona. Ich will dich … ich will mit dir schlafen.«
Sie erstarrte. Sekunden zuvor war Feuer in ihren Adern gewesen, jetzt nur noch Eis. Sie riß sich aus seiner Umarmung los. »Nein, Will«, sagte sie entschieden. »Ich will nicht … ich … ich kann nicht.«
Will lehnte sich an die Sofalehne zurück und schloß die Augen. »Was ist? Was ist los?« fragte er.
»Ich … ich könnte schwanger werden.«
Er öffnete die Augen und sah sie an. »Es gibt Mittel, weißt du. Ich würde Vorkehrungen treffen.«
»Ach … es ist nicht nur das … ich kann nicht …«
»Schon gut, Fiona«, antwortete er und nahm ihre Hand. »Du bist noch nicht bereit. Du mußt nichts erklären. Ich verstehe schon. Ich hab dich zu sehr gedrängt.«
»Nein, Will«, begann sie, »ich will dich ja auch …«
»Scht«, sagte er, verschloß ihr den Mund mit einem Kuß und zog ihr Mieder zusammen. »Aber deck das wieder zu. Das ist mehr als ein Mann ertragen kann.«
Fiona knöpfte ihr Kleid zu. Ihre Wangen brannten, aber nicht aus Schamhaftigkeit.
Sie hatte Will und sich selbst belogen, ihn glauben lassen, daß sie sich aus Angst vor Schwangerschaft verweigerte, obwohl sie den wahren Grund kannte. Seine Worte – ich will dich … ich will mit dir schlafen – waren Joes Worte gewesen an jenem Nachmittag, als er auf dem schmalen Bett in Covent Garden mit ihr geschlafen und ihr gesagt hatte, daß er sie liebe und immer lieben würde. Sobald Will sie ausgesprochen hatte, wurde sie von Erinnerungen überschwemmt: wie Joe sie angesehen hatte, als er den Inhalt der Sparbüchse in ihren Schoß kippte, wie er ihr den kleinen Saphirring schenkte, wie er sie in seine Arme schloß. Sie erinnerte sich an seine Berührung, wie sie eins geworden waren
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