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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Schwester für mich«, sagte sie.
    Joe nickte. Er vermißte die Finnegans auch. So sehr, daß es weh tat. »Glaubst du, daß sie mir je vergeben wird, Mama?« fragte er. »Nicht, daß sie mich je wieder lieben würde, das wäre sicher zuviel verlangt. Aber vielleicht kann sie mir vergeben.«
    »Ich weiß nicht, ob dir Fiona vergeben kann. Das kann ich nicht sagen. Aber ich weiß, wie sehr sie dich geliebt hat und wie sehr du sie geliebt hast. Und du solltest nicht durchs Leben gehen, ohne zumindest versucht zu haben, herauszufinden, ob sie es tut.«
    »Das möchte ich ja, Mama. Wenn ich sie doch nur finden könnte.«
    Rose runzelte die Stirn. »Du hast nichts herausfinden können? Nicht mal mit diesem Detektiv?«
    »Nur daß sie in einem Pfandhaus in der Nähe von Roddys Wohnung ein paar Sachen versetzt hat. Das ist alles.«
    »Fiona ist ein tüchtiges Mädchen, ich bin sicher, daß es ihr gutgeht. Und ich bin sicher, daß sie ihre Gründe hatte, auf diese Art wegzugehen, trotzdem ist es seltsam.«
    Joe sagte, das beunruhige ihn auch. Er erzählte seiner Mutter von seiner Begegnung mit Stan Christie.
    »Ach, Joe, das gefällt mir gar nicht. Was um alles in der Welt will Bowler Sheehan von Fiona?«
    »Laut Roddy behauptet Sheehan, sie habe Geld gestohlen, und er will es zurückhaben.«
    »Was? Das gibt’s doch nicht. Fiona würde doch nie stehlen. Und es ist gar nicht ihre Art, Roddy nicht zu erzählen, wohin sie geht. Gerade ihm! Er war doch wie ein Vater zu ihr. Jedenfalls besser als ihr Onkel, der nicht mal geschrieben oder Geld geschickt hat, als Paddy gestorben ist.«
    Joe blieb stehen und faßte seine Mutter an der Schulter. »Ihr Onkel …«, sagte er langsam.
    »Ja. Er lebt in New York, wo er einen Laden hat, glaub ich. Ich erinnere mich, daß Kate mir erzählt hat, daß Charlie zu ihm fahren und bei ihm arbeiten wollte.«
    »Mama, das ist es!« rief er aus. »Da ist sie, ganz sicher sogar! Wohin hätte sie sonst gehen sollen? Vor allem mit Seamie. Weißt du seinen Namen? Seine Adresse?«
    »Nein. Er heißt natürlich Finnegan. Seinen Vornamen weiß ich nicht. Aber Roddy. Vielleicht kennt er auch die Adresse.«
    »Mama, ich werd hinfahren«, sagte Joe aufgeregt. »Nach New York. Da ist sie, das weiß ich einfach. Sobald ich das Geld zusammenhab. Da brauch ich schon einiges, schätz ich. Für die Überfahrt und für ein Zimmer und Essen, während ich nach ihr suche. Wenn ich auf eigene Rechnung arbeite, kann ich mehr verdienen als bei Ed.«
    »Laß uns zurückgehen und Vater nach dem Wagen fragen, von dem er gesprochen hat. Ich hab ein bißchen Geld beiseite gelegt und könnte zu der Kaution was beisteuern.«
    Joe küßte sie. »Danke, Mama. Laß uns zuerst zu Roddy gehen und rausfinden, ob er die Adresse hat, bevor wir heimgehen. Wenn ja, könnte ich ihr gleich schreiben.«
    »Also gut, gehen wir«, antwortete Rose. Sie schlug die falsche Richtung ein.
    »Nein, hier entlang«, sagte Joe und zog sie am Arm. »Komm, Mama, mach schnell!«

   43   
    F iona blätterte die Seiten des in Leder gebundenen Buches durch, das sie in der Hand hielt.
    »Was hast du da?« fragte Will.
    »Die Gesammelten Gedichte von Alfred Lord Tennyson.«
    Er sah sie an. »Eine Erstausgabe. Sehr selten. In Venedig gedruckt«, fuhr er fort und wischte den Staub von einer Weinflasche. »Magst du Tennyson?«
    »Vielleicht, wenn ich ihn in der Schule nicht hätte auswendig lernen müssen«, antwortete sie. Sie schloß die Augen, drückte das Buch an die Brust und rezitierte »Crossing the Bar« von Anfang bis Ende.
    »Sehr schön!« sagte Will und stellte die Flasche ab, um zu applaudieren.
    Fiona errötete bei seinem Lob und stellte das Buch auf ein Eichenregal zurück, das mindestens sechs Meter hoch war. Dutzende solcher Regale säumten die Wände in Wills riesiger Bibliothek. Leitern, die in Gestänge gehängt waren, erlaubten den Zugang zu den oberen Regalen. Die Bibliothek war zweimal so groß wie Michaels gesamte Wohnung, aber nur ein Raum in seinem Herrenhaus, das einen ganzen Straßenblock einnahm – die Ecke von Fifth Avenue und Sixtysecond Street. Es war ihr erster Besuch in Wills Haus. Er hatte sie zum Dinner zu Delmonico’s eingeladen, gemeinsam mit Nick. Nach dem Essen waren sie nach Norden und Nick in den Süden hinuntergefahren, wo er einen befreundeten Maler treffen wollte. Vor Mitternacht würden sie sich alle wieder bei Delmonico’s treffen, dann in die Eighth Avenue fahren, und Michael würde nichts mitkriegen.

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