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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Kisten, Eimern und alten Rupfensäcken. Eine verschimmelte alte Matratze voller Löcher lehnte an der Wand. Sie versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie war verschlossen. »Komm schon, komm schon …«, flehte sie, am Türknopf drehend, aber sie gab nicht nach. Sie saßen in der Falle. Wenn Sheehan hier oben nachsah, waren sie verloren.
    Sie suchte in dem Mehlsack nach dem Klappmesser ihres Vaters und ließ es mit zitternden Fingern aufschnappen. Dann sah sie ihren Bruder an, der verängstigt und mit weit aufgerissenen Augen neben der Matratze stand. Sie hielt den Finger an den Mund, er tat dasselbe, und sie beugte sich übers Geländer, um zu lauschen. Es war nichts zu hören, sie mußten noch immer in der Wohnung sein. Sie beugte sich noch weiter hinunter, um besser hören zu können, als Seamie plötzlich einen lauten Schrei ausstieß.
    Nur ein paar Zentimeter von seinem Bein entfernt schlüpfte eine riesige braune Ratte aus einem Loch in der Matratze. Sie schnupperte an ihm und entblößte die Zähne. Fiona rannte hinüber und stieß mit dem Messer nach dem Tier. Es schnappte nach ihr. Sie schlug mit dem Fuß gegen die Matratze, und es verschwand. Schnell stopfte sie einen Lappen in das Loch, dann ging sie wieder zum Geländer zurück. Die Männer kamen gerade aus der Wohnung.
    »Vielleicht weiß O’Meara mehr, als sie auf den Zettel geschrieben hat, Bowler, aber du mußt ihn in die Mangel nehmen, wenn du’s rausfinden willst«, hörte sie einen von ihnen sagen. »Der wird sicher nicht freiwillig damit rausrücken.«
    »Ich leg mich mit keinem Bullen an«, antwortete Sheehan. »Die sind wie Wespen. Wenn du nach einem schlägst, geht der ganze verdammte Schwarm auf dich los.«
    Es folgte Gemurmel – Fiona konnte nichts verstehen –, dann hörte sie Sheehan sagen, die Männer sollten das Dach kontrollieren.
    »O Gott«, keuchte sie, »o nein.« Sie mußten sich verstecken. Schnell! Aber wo? Es gab bloß die Matratze. Sie griff nach dem Mehlsack und stopfte ihn in die Lücke hinter dem Treppenabsatz, dann griff sie nach ihrem Bruder. »Komm, Seamie«, flüsterte sie, aber er wollte nicht. Er trat zurück und schüttelte den Kopf. Sie konnte bereits die Schritte auf der Treppe hören. »Es ist gut, Schatz, alles ist gut … die Ratte ist fort. Bitte, Seamie … komm schon!« Angstvoll wandte er sich zu den Schritten um, dann schoß er auf sie zu. Sie schob ihn hinter die Matratze und zwängte sich neben ihn. Im Dunkeln tastete sie nach ihm und flüsterte »Scht …«. Der Rattengestank war unerträglich. Hier gibt’s mehr als eine, dachte sie, wahrscheinlich Dutzende. Im selben Moment beulte sich der Drillichüberzug aus und berührte ihr Bein. Sie biß sich auf die Lippen, um nicht aufzuschreien.
    »Seht ihr jemanden?« hörte sie Sheehan von unten rufen.
    »Nein!« Der Kerl war jetzt auf dem Absatz. Sie hörte, wie er den Türknopf drehte. »Die Tür ist verschlossen«, rief er zurück. »Bloß altes Gerümpel hier oben.«
    »Sieh dich genau um, Reg.«
    Der Mann schlug mit den Füßen gegen Sachen und fluchte. Er kam näher. Angst schnürte Fiona die Kehle zu, sie konnte kaum atmen. Dicke Schweißtropfen liefen ihr über die Haut. Sie hielt das Messer fester, entschlossen, Seamie zu verteidigen. Bitte, bitte komm nicht näher, betete sie stumm. Geh weg, geh einfach weg …
    Etwas strich an ihrem Fuß vorbei. Sie grub die Fingernägel in die Hand. Dann spürte sie, wie ein dicker, schmieriger Körper über ihre Fessel strich, und sie verlor die Beherrschung. Sie stieß das Messer hinein. Ein entsetzlicher quiekender Schrei ertönte. Immer wieder stach sie auf die Ratte ein. Ihre Schreie alarmierten die anderen. Plötzlich wimmelte alles von warmen, sich windenden Leibern.
    Der Mann schrie auf und trampelte herum. »Mist! Haut ab! Verdammte Drecksviecher … O Gott!«
    »Reg … was ist los?« Weitere Schritte ertönten auf der Treppe.
    »Verdammte Ratten! Da ist ein ganzes Nest davon!«
    Fiona hörte die anderen lachen und Reg die Treppe hinunterlaufen. Dann vernahm sie ein scharrendes Geräusch und einen lauten Schlag, als würde jemand gegen eine Wand geworfen.
    »Das ist verdammt noch mal nicht lustig, Stan! Eine ist mein Hosenbein raufgeschlüpft. So groß wie eine Katze!«
    »Maul halten! Ihr beide. Habt ihr da oben irgendwas von ihr gesehen?«
    »Da oben ist niemand. Schau doch selber nach, wenn du’s nicht glaubst.«
    Bowler stieß einen Schwall Flüche aus. »Sie kann noch nicht weit gekommen

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