Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
und mit gestrafften Schultern dasaß und mit unbewegtem Gesicht zu Bruder Abbé aufsah, schien er gleichsam in sich zusammenzusinken.
    Abbé wandte sich an Robin. »Geh hinaus!«
    Robin sprang auf, rannte regelrecht aus dem Raum und warf die Tür hinter sich zu. Als sie weiterstürmen wollte, wäre sie um ein Haar gegen Salim geprallt.
    »Das war Rettung im letzten Augenblick, wie?« fragte er grinsend. »Ja«, antwortete Robin verwirrt. »Wenn Bruder Abbé nicht gekommen wäre …« Sie unterbrach sich, als sie Salims Stirnrunzeln bemerkte. »Hast du etwa… ?«
    »Wer, glaubst du, hat ihm gesagt, wo er dich findet?«
    Robin wollte etwas darauf erwidern, aber Salim schüttelte rasch den Kopf und ergriff sie bei den Schultern. »Nicht hier«, sagte er. »Sie werden es nicht schätzen, belauscht zu werden.«
    Das hatte Robin nicht vor. Aber obwohl die Tür hinter ihnen sehr dick war, konnte sie Abbés Stimme mittlerweile wieder deutlich hören, und auch wenn sie die Worte nicht verstand, so war doch deutlich, daß er jetzt wirklich schrie. In jener Nacht im Turm, da hatte sie geglaubt, daß Abbés Kampfeswille ein für allemal und unwiderruflich gebrochen war. Ein fataler Irrtum, dem auch Jeromé offenbar erlegen war.
    Sie gingen nebeneinander den Gang hinab, und als sie die Treppe erreicht hatten, fragte Robin: »Du beobachtest mich?«
    »Du hast eine komische Art, deine Dankbarkeit auszudrücken«, murrte Salim. »Wenn du es genau wissen willst: Abbé hat mir aufgetragen, ein wenig auf dich und Jeromé zu achten. Nicht umsonst, wie sich ja gerade gezeigt hat. Was wollte er von dir?«
    Robin blieb stehen. »Warum willst du das wissen?«
    Ganz kurz blitzte es wütend in Salims Augen auf. Aber er beherrschte sich und sagte nur: »Weil er gefährlich ist. Für uns alle. Viel gefährlicher als Gernot und Otto zusammen. Wenn wir ihn gewähren lassen, dann könnte es sein, daß er zu Ende bringt, was die beiden angefangen haben. Man beginnt bereits zu reden.«
    »Über dich und mich, ich weiß«, sagte Robin, aber Salim schüttelte nur den Kopf.
    »Das meine ich nicht. Es spielt keine Rolle. Aber das Gerücht macht die Runde, daß Bruder Abbé … ein Auge auf dich geworfen hat.«
    »Ist das wahr?« entfuhr es Robin.
    »Keine Sorge«, antwortete Salim grimmig. »Wenn es so wäre, dann würde ich es ihm ausstechen. Ich lasse nicht zu, daß er dich anrührt.« Robin schauerte. So, wie er es sagte, klang es überzeugend. »Niemand würde es wagen, es laut auszusprechen«, fuhr Salim fort. »Nicht einmal Jeromé. Aber er ist geschickt in solchen Dingen. Eine Andeutung hier, ein Hochziehen der Braue da, ein wissendes Lächeln im richtigen Moment… manchmal kann man mehr sagen, wenn man nichts sagt, weißt du? Jeromé ist ein Intrigant.«
    »Aber warum denn nur?«
    »Er will auf Abbés Stuhl«, antwortete Salim. »Er neidet ihm seine Position, seit er hier ist. Am Ende ist es immer dasselbe. Macht. Es geht immer nur um Macht.«
    »Um Macht?« Fast hätte Robin gelacht. Sie sah sich demonstrativ in dem kahlen Raum um. Abgesehen von der Größe (und vielleicht Bruder Abbés Privatgemach) unterschied sich die Komturei kaum von dem Dorf, in dem sie aufgewachsen war; manche Häuser dort waren nicht annähernd so ärmlich gewesen.
    »Um was für Macht?«
    »Vielleicht um die über die Welt«, sagte Salim.
    Und es hörte sich kein bißchen scherzhaft an.

KAPITEL 26
    Sie erfuhr nie, was sich hinter der verschlossenen Tür zwischen Jeromé und Abbé abgespielt hatte, doch der rebellische Tempelritter mußte wohl zumindest einen Teilsieg davongetragen haben. Sie hatte sich an diesem Abend nicht mit Salim getroffen, und am darauffolgenden Morgen teilte ihr Abbé mit knappen Worten mit, daß sie sich nicht mehr mit Salim auf dem Dachboden treffen solle; alles weitere würde ihr der Sklave selbst mitteilen. Er benutzte genau diese Worte, und Robin glaubte einen verhaltenen Groll aus ihnen herauszuhören, den sie nicht genau verstand.
    Der Sklave kam schon am nächsten Morgen zu ihr, gewiß nicht zufällig zu genau der Zeit, zu der die Tempelherren ihr Mittagsgebet begannen, und forderte sie fast schon grob auf, mit ihm zu kommen. Robin war ein bißchen beunruhigt - ein Zustand, den sie mittlerweile schon als fast normal empfand - folgte ihm aber gehorsam.
    Sie verließen die Komturei und gingen an der Pferdekoppel vorbei bis zu einem kleinen, keine hundert Schritte im Geviert messenden Wäldchen, das sich dahinter erhob. Wortlos bahnte er

Weitere Kostenlose Bücher