Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
zurückkehren wird. Aber wir müssen ihr Zeit geben.«
    »Zeit? Wozu?« fragte Otto. »Damit Ihr ihr ganz genau erklären könnt, was sie zu sagen hat?«
    Gunthar machte eine ärgerliche Geste in Richtung seines Waffenmeisters, ließ Robin dabei aber keinen Moment aus den Augen. »Ist das wahr, Kind?« fragte er. »Die Männer, die dir das angetan haben
    - waren es dieselben, die dein Dorf überfallen haben?«
    Robin nickte. Der Druck von Abbés Händen auf ihren Schultern verstärkte sich ein ganz kleines bißchen. Sie wirkten vollkommen ruhig, aber sie konnte durch seine Haut hindurch spüren, wie sein Puls raste. »Und du …« Gunthar atmete hörbar ein. »Du hast auch gesehen, wer meinen Sohn getötet hat?«
    Robin nickte erneut. Es kostete sie fast all ihre Kraft, Gunthars Blick standzuhalten, und fast noch mehr, nicht zu Gernot und vor allem Otto hinzusehen. Es zu tun, wäre womöglich ein tödlicher Fehler. Wenn sie Otto und Gernot jetzt entlarvte, ließ sie ihnen keine andere Wahl, als ihre Waffen zu ziehen.
    »Also gut«, sagte Gunthar schweren Herzens. »Eine Woche. Nicht mehr.«
    »Es mag länger dauern, bis sie ihre Sprache wiederfindet«, sagte Abbé. »Eine Woche«, wiederholte Gunthar. »Nicht einen Tag mehr.«
    »Vater!« sagte Gernot. »Das ist absurd! Begreifst du nicht, daß es nichts als ein Trick ist, um Zeit zu schinden? In einer Wochen haben sie dieses Mädchen so weit, daß es schwört, die Jungfrau Maria auf einem fliegenden Pferd gesehen zu haben!«
    »Schweig!« sagte Gunthar. »Eine Woche, Bruder Abbé. Nicht eine Stunde mehr.«
    Damit ging er, dicht gefolgt von Otto und seinem Sohn.
    Kaum waren sie allein, da ließ Abbé Robins Schultern los und fuhr wütend zu Jeromé herum. »Habt Ihr den Verstand verloren?« Er schrie fast. »Wer hat Euch erlaubt, das zu tun?«
    »Die Vernunft«, antwortete Jeromé, kaum weniger laut als er. »Habt Ihr nicht zugehört? Er wäre mit einem Heer wiedergekommen. Wir sind nicht stark genug, einer Belagerung standzuhalten.«
    »Habt Ihr nicht selbst gesagt, er hätte kein Heer?«
    »Er hat ein Dutzend Männer unter Waffen«, antwortete Jeromé. »Nicht genug, um uns zu besiegen, aber genug, um ein großes Blutvergießen anzuzetteln. Wollt Ihr das? Habt Ihr nicht schon genug Schaden angerichtet?«
    »Was wollt Ihr damit sagen?« fragte Abbé lauernd.
    Jeromé setzte zu einer Antwort an, aber dann warf er statt dessen nur einen langen Blick in Robins Gesicht und einen etwas kürzeren in Salims. Nicht vor ihnen. Und nicht jetzt.
    »Wir haben auf diese Weise wenigstens Zeit gewonnen«, sagte er. »Eine Woche, um die Wahrheit herauszufinden. Und vielleicht Hilfe zu holen.«
    »Ja«, murmelte Abbé. »Und zu Gott zu beten, daß er ihr bis dahin die Sprache zurückgibt.«

KAPITEL 15
    Während der nächsten Tage sah sie weder Bruder Abbé noch einen der anderen Tempelritter wieder, und sie durfte auch ihr Zimmer im obersten Stock des Turms nicht verlassen - angeblich, um ihre Genesung nicht zu gefährden, in Wahrheit aber wohl eher, weil Bruder Abbé daran gelegen war, sie von den anderen in der Komturei fernzuhalten. Daß sie nicht sprechen konnte, bedeutete schließlich nicht, daß sie nicht in der Lage gewesen wäre, Fragen zu beantworten. Robin war fast selbst überrascht, wieviel man sagen konnte, ohne zu sprechen - schon nach kurzer Zeit hatten Salim und sie eine Zeichensprache aus Nicken, Kopfschütteln und improvisierten Gesten entwickelt, in der sie sich regelrecht unterhalten konnten; auch wenn der Tuareg natürlich einen Großteil dieser Unterhaltung bestritt. Ihre Genesung machte in dieser Zeit weiter so erstaunliche Fortschritte, daß Bruder Tobias sie manchmal beinahe erschrocken ansah, vor allem dann, wenn er ihren Verband wechselte. Er verlor nicht ein einziges entsprechendes Wort, aber manchmal tauschte er einen besorgten Blick mit Salim, und Robin glaubte auch zu spüren, daß ihm die Schnelligkeit, mit der ihre Heilung voranschritt, fast schon ein bißchen unheimlich war. Das Essen war nach wie vor eine Qual, die ihr manchmal die Tränen in die Augen trieb, zumal Tobias darauf bestand, daß sie nicht nur Suppe zu sich nahm, sondern auch kleine Stücke aufgeweichten Brots und Gemüse, die so lange weichgekocht worden waren, bis sie sämtlichen Geschmack verloren hatten. Darüber hinaus hatte sie kaum noch Schmerzen, und die reichlichen - und vor allem regelmäßigen - Mahlzeiten, die Tobias ihr aufnötigte, sorgten dafür, daß ihre Kräfte rasch

Weitere Kostenlose Bücher