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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zurückkehrten. Nur ihre Stimme weigerte sich nach wie vor, ihr zu gehorchen.
    Obwohl sie praktisch eine Gefangene in der Turmkammer war, entging ihr die Veränderung nicht, die mit der Komturei vonstatten ging. Sie stand oft am Fenster und sah auf das rege Treiben im Hof hinab, das am wenigsten von den Ereignissen der letzten Tage betroffen zu sein schien. Die zahlreichen Bediensteten und Knechte gingen ihrem normalen Tagewerk nach, das sich im übrigen kaum von der Arbeit auf Harks Hof unterschied, nur daß dieses Gehöft ungleich größer war. Von Salim hatte sie erfahren, daß die Komturei mehr als vierzig Menschen beherbergte, die Tempelherren und ihn nicht einmal mitgerechnet; insgesamt also beinahe mehr, als ihr ganzes Dorf Einwohner gehabt hatte. Die Zeit, in der Abbé und die fünf anderen Tempelritter in Rüstungen und Waffen herauskamen, um zu üben, hielt sie es überhaupt nicht im Bett. Dann stand sie für eine ganze Weile wie fasziniert am Fenster, ohne auch nur einmal den Blick vom Hof zu wenden Für jeweils eine halbe Stunde schien sich der Hof in die Festung zu verwandeln, die sie erwartet hatte. Statt von Hundegebell und dem Meckern der Ziegen hallten die weißgetünchten Wände in dieser Zeit vom Klirren der Waffen und den dumpfen Schreien der Männer wider, und Robin vermochte manchmal nicht zu sagen, ob sie wirklich nur einer Übung zusah oder aus dem Spiel für kurze Augenblicke doch manchmal Ernst wurde. Besonders Abbé und Jeromé attackierten sich manchmal mit einem Ungestüm, das Robin erschreckte; einmal sogar so wütend, daß die anderen Ritter sie voneinander trennen mußten.
    Und das war längst nicht alles. Es war der einzige sichtbare Vorfall, aber Robin konnte die Nervosität und Anspannung, die sich über die Komturei gelegt hatte, fast mit Händen greifen. Vielleicht war es wieder ihre Gabe, die sie vor kommendem Unheil warnte, vielleicht aber hatte etwas in ihr nur zwei und zwei zusammengezählt und die Gefahr erkannt, die ihnen allen drohte.
    Es war am Abend des sechsten Tages, den sie in der Komturei zubrachte. Unter ihr im Hof prallten klirrend die Waffen der Tempelritter zusammen, und in längstens einer halben Stunde würde die Sonne untergehen. Die Schatten waren bereits länger geworden, und der Tag verabschiedete sich mit drückender Schwüle, der vielleicht später in der Nacht ein Sommergewitter folgen würde. Robin hoffte es fast. Selbst hier oben, hinter den dicken Mauern des Turms, war es unerträglich warm, und das schwere Büßergewand, das Abbé ihr gegeben hatte, machte es noch schlimmer.
    Außerdem liebte sie Gewitter. Sie hatte niemals Angst vor Blitz und Donner gehabt, nicht einmal als kleines Kind, sondern war oftmals in den strömenden Regen nach draußen gelaufen, um sich darin auszutoben. Für Robin lag in dem Wüten der entfesselten Naturgewalten niemals eine Bedrohung, sondern, im Gegenteil, etwas Ehrerbietiges. Sie spürte die Urgewalt der Schöpfung im grellen Gleißen der Blitze und dem Rollen des Donners, aber sie spürte genauso, daß diese ungeheuerliche Kraft ihr nicht feindlich gesonnen war, aber auch nicht freundlich, sondern einfach da war; eine gewaltige Macht, die die gesamte Welt umspannte, von der auch sie ein Teil war. Auch wenn sie nicht verstand, wie.
    »Du siehst ihnen wieder beim Kämpfen zu.« In Salims Stimme schwang ein schwacher Tadel mit, allerdings auch ein sehr viel größerer Anteil von Resignation. Er war schon vor einigen Minuten hereingekommen. Robin hatte es gehört, sich aber ganz bewußt nicht zu ihm umgedreht. Salim wußte recht gut, daß sie schon lange wieder weit genug bei Kräften war, um nicht den ganzen Tag im Bett verbringen zu müssen. Es war eine Art Spiel zwischen ihnen, das sie mittlerweile amüsierte. Der Tuareg trat mit leisen Schritten neben sie. Der schwere Stoff seines dunkelbraunen Mantels raschelte, als sich ihre Schultern berührten. Robin hätte Platz genug gehabt, ihm auszuweichen, tat es aber nicht. Obgleich sie sich nicht einmal eine Woche kannten, empfand sie ein Gefühl des Vertrauens ihm gegenüber, das sie zuvor höchstens in der Nähe ihrer Mutter verspürt hatte, und vielleicht - ansatzweise - in der Jans. Sie standen eine Weile stumm nebeneinander und beobachteten den vorgetäuschten Kampf der Tempelritter. Salim sagte: »Ist dir aufgefallen, daß Jeromé und Bruder Abbé seit zwei Tagen nicht mehr gegeneinander antreten?« Er lachte hart. »Wahrscheinlich haben die anderen Angst, daß sie

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