Die Templerverschwoerung
erklärt, dass sein voller irischer Name Conchobhair O Duibhdabhoireann laute. Sie hatte die Kühnheit und den Trickreichtum einer Sprache bewundert, die solche Namen hervorbrachte und noch andere, weit kompliziertere. So ähnlich war das Bild, das sie von ihm hatte – ein kluger, einfacher Mann, äußerlich leicht erregbar, aber innerlich geradlinig und liebenswert. Vielleicht sogar mehr. Der Angestellte an der Hotelrezeption versprach, ihm ihre Nachricht zu übermitteln.
Als sie in die Bibliothek zurückkam, wartete Assefa bereits auf sie. Er wirkte besorgt und lächelte nicht, als sie eintrat.
»Setzen Sie sich«, sagte er. »Wir müssen reden. Der Abt hat mich in seinen Räumen empfangen. Er hat bestätigt, dass ein junger Mann namens Asmerom Makonnen in seinem Kloster abgestiegen ist, der sich als Mönch aus dem Kloster WashaMeskel vorgestellt hat, einem Ort, von dem der Abt gehört hatte, dessen Lage aber geheim sei. Er berichtete mir, der junge Mönch habe sich vor jemandem oder etwas gefürchtet und um sein Leben gebangt. Er sei drei Nächte in Debre Maryam geblieben, am nächsten Tag jedoch weggegangen und bis heute nicht wieder aufgetaucht. Er habe den Abt davon informiert, dass er eine Handschrift an Sie geschickt hat, die er aus Washa Meskel mitgebracht hatte. Der Abt hatte bisher noch nie von Ihnen gehört und kann sich auch nicht vorstellen, weshalb der junge Mann sich derart ängstigte. Er sagte mir, es handle sich vielleicht um eine spirituelle Krise. Mönche, die lange Zeit in abgelegenen Klöstern verbringen, verlieren zuweilen allmählich den Verstand. Das kann ich bestätigen. Ich hatte einmal aus wissenschaftlichen Gründen in Abuna Yemata Guh zu tun. Wissen Sie, dass man in dieses Kloster nur gelangt, wenn man eine glatte Felswand hochklettert, in die nur Stützen für Hände und Füße eingeschlagen sind? Es war das Schrecklichste, das ich je erlebt habe. Der Abstieg war noch schlimmer. Ich bin in diesem Kloster Männern begegnet, die zu ängstlich, zu alt oder zu schwach waren, um hinunterzuklettern, die darüber den Verstand verloren hatten, dass sie diesen Ort nie mehr verlassen konnten.«
»Ich glaube nicht, dass so etwas der Grund für Asmeroms Furcht ist. Er muss erfahren haben, was in Cambridge passiert ist. Vielleicht wird er ja tatsächlich von jemandem verfolgt. Gestern Abend kamen zwei Amerikaner in unser Hotel, die mir große Angst eingejagt haben.«
Sie berichtete von der Begegnung so gut sie es vermochte. Assefa nickte, konnte ihr aber zu den beiden Männern aus der amerikanischen Botschaft nichts sagen. In solchen Kreisen verkehrte er selten. Er kannte einige der Kulturattachés, das war alles. Am meisten mochte er den Kulturattaché derisraelischen Botschaft, einen Archäologen, der die Erforschung des frühen Judentums in Nordäthiopien förderte.
»Noch eins, bevor Sie gehen«, sagte er. »Der Abt hatte eine Idee, wohin der Mönch sich gewandt haben könnte. Kennen Sie den kleinen Park in der Nähe der Residenz des Patriarchen? In südlicher Richtung nicht weit von hier.«
Sie nickte.
»Dann wissen Sie sicher auch, dass in dem Park ein paar Kirchen stehen – Kiddist Maryam und andere. Darunter auch Kidane Mehret, eine kleine Rundkirche mit einer heiligen Quelle, wo sie das Weihwasser holen.«
»Ja, dort bin ich einmal gewesen. In Kidane Mehret gibt es ein paar großartige Malereien. Auch das Wasser habe ich gekostet, es schmeckte sehr abgestanden.«
»Man benutzt es nur für die Taufe, Mariyam.« Er musste lächeln. »Das ist kein Trinkwasser. Weiter westlich von Kiddist Maryam steht noch eine kleine Kirche, zu der kaum jemand hingeht. Sie ist praktisch außer Gebrauch. Zur Zeit des Derg haben sich in ihr Priester versteckt gehalten, die von den Behörden verfolgt wurden. Sie heißt Kiddist Giorgis. Die St.-Georgs-Kirche. Dort müssten Sie sich eigentlich heimisch fühlen, wenn Sie jetzt Engländerin werden wollen.«
»Warum erwähnen Sie gerade diese Kirche?«
»Weil dies immer noch ein Ort ist, wohin sich Priester für kurze Zeit zurückziehen können. Ich denke, einen Mönch wird man dort nicht abweisen. Und, ehrlich gesagt, es gibt in Addis nicht viele Orte, wo er hingehen kann, wenn er niemanden kennt und kein Geld hat. An Ihrer Stelle würde ich mich dort mal umsehen. So, jetzt muss ich aber wieder zu meinen Studenten zurück.«
Dann stand sie vor ihm und tat etwas, das sie selbst überraschte. Sie beugte sich nieder und küsste seine Hand.
»Danke,
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