Die Templerverschwoerung
und wie sie in die Ermittlungen der Polizei hineingeraten war, die sie als Begleiterin eines auf Mord spezialisierten Chief Inspectors nach Addis geführt hatten.
Vorsichtig und ihre Worte sorgsam abwägend, erläutertesie, was sie über das verschwundene Matshafa wusste. Die beiden Amerikaner, die sie am Abend zuvor in der Bar aufgesucht hatten, erwähnte sie nicht. Auch über Conor erzählte sie nichts weiter. Assefa stellte ihr Fragen zum Matshafa und sagte, sie habe richtig gehandelt, als sie die Handschrift zur Begutachtung an Kaleb schickte.
»Ich denke, Sie haben recht mit Ihrer Annahme, dass der Diebstahl keine finanziellen Gründe hat«, sagte er dann. »Wenn das der Fall wäre, hätte man kein Blut vergießen müssen. Es könnte tatsächlich sein, dass diese Leute nach der Bundeslade suchen. Sind Sie beim Patriarchen gewesen?«
Sie berichtete, was am Tag zuvor geschehen war.
Er nickte ernst.
»Ich will mein Bestes tun und ihn noch einmal darauf ansprechen«, sagte er. »Er und ich sind nicht immer einer Meinung. Er hält mich für eine Art Ketzer. Weil ich das Priesteramt aufgegeben habe.« Er zwinkerte belustigt, aber sie wusste, dass es ihm naheging, wenn man so über ihn dachte.
»Falls Sie etwas herausbekommen, Assefa, dann sagen Sie mir bitte Bescheid. Ich bin noch einige Tage in Addis und wohne im Ghion. Hier ist meine E-Mail-Adresse. Ich habe meinen Laptop bei mir.«
Als sie sich erheben wollte, bedeutete er ihr, noch nicht zu gehen.
»Etwas habe ich Ihnen bisher verschwiegen. Ich wollte zuerst Sie anhören. Vor zwei Tagen ist ein Mann hier im Institut aufgetaucht. Er nannte sich Asmerom. Ich schätze, er war etwa dreißig Jahre alt. Er trug die Mönchskutte. Ich bin ihm in der Bibliothek begegnet, wo er ein paar Bücher einsehen wollte. Zuerst war ich misstrauisch, aber als er sich über einige unserer Bände äußerte, wurde mir klar, dass er wusste, wovon er sprach. Er hat mich gefragt, ob wir jemals ein Exemplareines Buches mit dem Titel Matshafa LaSeyon Tabota gesehen hätten. Ich verneinte, sagte ihm aber, dass ich davon gehört hätte. Es sei wohl eine Art Legende. Der Mann erklärte, es gäbe irgendwo eine Handschrift, die man verloren geglaubt hatte. Bevor er ging, erwähnte er, er komme aus einem fernen Kloster namens Washa Meskel. Ich denke, das ist Ihr Mönch. Eigentlich bin ich mir sogar sicher.«
Mariyam holte tief Luft.
»Wo ist er abgestiegen?«, fragte sie. »Wissen Sie das?«
Assefa schüttelte den Kopf.
»Er wollte es mir nicht sagen. Vielleicht wusste er es auch noch nicht genau. Es ist möglich, dass er sich in Debre Maryam befindet.«
»Was ist das?«
»Das kennen Sie nicht? Schämen Sie sich. Es ist ein kleines Kloster, das reisenden Mönchen in Addis Unterkunft gewährt. Ich war dort einmal bei meinem ersten Besuch in der Hauptstadt als junger Priester. Man wird Sie dort nicht einlassen, aber ich kann herausfinden, ob er dort ist, und ihm eine Nachricht schicken.«
»Ich muss eigentlich nur wissen, wo dieses Washa Meskel liegt. Am besten wäre es natürlich, wenn er einwilligte, mich dorthin zu begleiten.«
»Er zieht niemals mit einer Frau durchs Land, das ist Ihnen doch klar.«
»Ich habe …« Sie zögerte. »Ich habe einen Freund bei mir. Einen Mann. Nicht, was Sie denken, lassen Sie das Grinsen. Einen Freund aus Cambridge. Es ist der Detective Chief Inspector, den ich bereits erwähnt habe. Er ist hier mit mir in Addis.«
»Spricht Ihr Freund Amharisch?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Dann kann er uns in dieser Sache nicht helfen. Lassen Sie mich nach Debre Maryam gehen. Wenn Asmerom sich dort aufhält, will ich versuchen, ihn zu überreden, mit Ihnen zu sprechen. Vielleicht stimmt er zu, das zu tun, wenn ihn ein Wandschirm von Ihnen trennt.«
»Vor allem brauchen wir seine Hinweise. Und die Zustimmung, uns zu führen. Das wäre großartig.«
»Ich versuche mein Bestes zu tun. Bleiben Sie hier. Es dauert nicht lange. Das Kloster befindet sich ganz in der Nähe.«
Sie blieb also und wartete. In der Bibliothek nahm sie das eine oder andere Buch zur Hand, als wäre darin eine Lösung für ihr Dilemma zu finden. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren, die Wörter in den kleinen, gezackten amharischen Buchstaben, die sie als Kind gelernt und als Erwachsene wiederentdeckt hatte, tanzten vor ihren Augen. Sie stand auf, ging in Assefas Zimmer zurück, um im Ghion anzurufen und für Conor eine Nachricht zu hinterlassen. Während des Fluges hatte er ihr
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