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Die Templerverschwoerung

Die Templerverschwoerung

Titel: Die Templerverschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Easterman
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Weg zu beschreiben. Sie holte das kleine Notizbuch samt Stift hervor, das sie immer bei sich trug. Ohne darauf zu achten, ob sie es später entziffern konnte, kritzelte sie hinein, was er stöhnend von sich gab, während unter ihrem Tuch weiter Blut hervorsickerte. Wenn sie ihn nur in ein Krankenhaus bringen und ihm Zeit zur Erholung verschaffen könnte, dann würde er ihr das alles klar und eindeutig erklären. Er nannte Orte, Straßen und Dörfer in endloser Reihe. Er sprach mit langen Unterbrechungen, hustete und verschluckte sich, bemühte sich aber aus letzter Kraft weiter. Sie konnte ihm nicht einmal einen Schluck Wasser reichen, denn so etwas gab es in dieser verlassenen Kirche nicht.
    »Befindet sich die Bundeslade in Washa Meskel?«, fragte sie, als er lange schwieg.
    Er nickte.
    Plötzlich hörte sie Geräusche in der Kirche. Vielleicht kehrte derjenige, der Asmerom den Messerstich versetzt hatte, noch einmal zurück, um ihn endgültig zu töten? Was sollte sie tun? Sich verstecken und hoffen, er werde sie nicht finden? Das Notizbuch retten? Asmerom zu schützen versuchen? Aber womit? Mit bloßen Händen? Furchtbare Angst ergriff sie. Als sie sich weiter in das Allerheiligste zurückziehen wollte, geriet sie in dicke Spinnweben und spürte, dassetwas über ihre Wange lief. Sie fegte es mit tiefem Abscheu hinweg und hockte sich nieder, um abzuwarten, wie sich die Dinge entwickelten. Vielleicht halfen ja die Dunkelheit und das Überraschungsmoment. Als sie wieder aufblickte, sah sie Licht. Der Eindringling hatte eine Taschenlampe bei sich.
    Schritte kamen näher, dann ertönte eine Stimme.
    »Mariyam? Mariyam, sind Sie hier?«
    Sie fuhr hoch.
    »Verdammt noch mal, Conor O’Davoren, warum haben Sie nicht zurückgerufen und mir gesagt, dass Sie auf dem Weg hierher sind?«
    »Verzeihen Sie, mein Handy hat nicht funktioniert, hier ist kein Netz.«
    Dann hatte der Schein seiner Lampe sie erfasst und wanderte weiter durch das Allerheiligste. Jetzt ruhte er auf dem Bündel, das Asmerom war.
    Conor beugte sich nieder. Mariyam trat zu ihm.
    »Können wir ihn in die Mitte nehmen und so herausbringen?«, fragte sie. Einen Polizisten bei sich zu haben gab ihr Sicherheit. Solche Situationen musste er in seinem Dienst schon erlebt haben.
    Conor reagierte nicht. Er beugte sich immer noch über den Mönch. Mariyam griff nach seiner Taschenlampe und leuchtete ihm. Sie sah, wie er seine rechte Hand an Asmeroms Hals legte und etwa eine halbe Minute abwartete. Dann zog er sie zurück und richtete sich auf.
    »Es ist zu spät«, sagte er. »Er ist tot.«
    »Aber er war …«
    Die Taschenlampen leuchteten noch immer, aber rundum war so viel Finsternis, dass sie sich fürchtete wie in Kindertagen.
    Sie versuchte aufzustehen, aber Conor nahm sie bei den Armen und zog sie hoch.
    »Ich bin zu spät gekommen. Er ist tot. Wir können nichts mehr für ihn tun.«
    Von plötzlicher Trauer für einen Mann überwältigt, den sie nicht gekannt hatte, ließ sie sich gegen Conor sinken. Seine Arme umschlossen sie mitsamt ihrem Kummer, ihrer Angst und ihrer Not. Er hielt sie lange fest, als wollte er sie nie wieder loslassen.

29. KAPITEL
    Manchmal schien es ihr, als hätte sie seit Jahren keine Träume mehr gehabt, zumindest seit der Zeit, da Adrian gestorben war. Oder sie glaubte, seitdem laufe ihr ganzes Leben wie ein Traum ab, aus dem sie beim Erwachen in einen Alptraum oder eine absolute Leere zu geraten drohte. Dann meinte sie Adrian zu sehen, manchmal tot, manchmal lebend oder beides zur gleichen Zeit, und das war das Schlimmste. In dieser Nacht hatte sie einen Traum, der nicht enden wollte. Zuerst kletterte sie mit dem Kopf nach unten eine steile Felswand hinauf. Sie musste ihre Zehen in enge Spalten zwängen, um sich nach oben ziehen zu können. Die Felswand bröckelte, und Steine fielen in einen finsteren Abgrund von tausend Metern oder mehr. Der wurde immer dunkler und war dann eine aus dem Felsen gehauene Kirche wie jene in Lalibela. Darin sah sie Kerzen, Fresken, Kreuze, die überall an Seidenbändern herabhingen, und Pavianspinnen, die wie Spielzeugautos über den Boden sausten und deren Augen glühten, dass es ihr tief in die Seele drang. In einer dunklen Ecke saß eine stöhnende Gestalt. Sie dachte, es sei Adrian, dann wieder klang es wie ein Mönch. Als er laut aufschrie, erwachte sie und hatte das Gefühl, sie habe weder Augen, noch einen Mund oder ein Herz.
    Sie war allein in ihrem Hotelzimmer. Jetzt fiel ihr wieder ein,

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