Die Templerverschwoerung
Entfernungen, die er mit Touristen zurücklegte, über seine Pläne, ein College zu besuchen und zu studieren, um später eine Verwaltungsaufgabe im Nationalpark zu übernehmen. Er sprach über seine Verbindung zu den »Läuferinnen des Simien-Gebirges«, einer Frauenmannschaft, von der einige bald in Addis Abeba für die Olympischen Spiele trainieren würden, wo äthiopische Sportlerinnen bereits Goldmedaillen gewonnen hatten. Das Geld für die Laufschuhe erhielten sie von einer amerikanischen Wohltätigkeitsorganisation. Conor überreichte ihm eine beträchtliche Spende, die er nach seiner Rückkehr in Mekele einzahlen sollte. Mariyam erzählte, sie besitze noch ein paar Laufschuhe von jener Wohltätigkeitsorganisation.
»Waren Sie in der Mannschaft?«, fragte Hailu.
»Drei Jahre lang«, antwortete sie. Als sie ihren Namen sagte, nickte er und erklärte, er habe von ihr gehört.
»Sie haben dann das Laufen aufgegeben, weil sie zur Universität gegangen sind, stimmt’s?«
Sie nickte.
»Man sagt, Sie seien ein großer Verlust für die Mannschaft gewesen. Sie hätten eine olympische Medaille gewinnen können.«
Mariyam schwieg verlegen.
Das Ziel ihrer Fahrt war eine kleine Stadt namens Abi Aday, die erste Etappe des Weges, den Asmerom beschrieben hatte, bevor er in den Ruinen des verlassenen Kirchleins verblutete. Hailu fuhr sie auf einen Hof hinter der Hauptstraße, wo ein weißhaariger alter Mann mit verkrüppelten Füßen Esel und Maultiere vermietete. Sie luden ihr Gepäck vom Wagen direkt auf mehrere Esel um und bezahlten dann Hailu,der Conor besonders für die Spende an das Team der Läuferinnen dankte.
»Ich kaufe nur Nike«, sagte er.
»In Mekele?«
»Alles in Mekele: Schuhe, Frauen, alles.«
Er brauste in einer Staubwolke davon und winkte ihnen durch das offene Fenster noch einmal fröhlich zu.
Mariyam beäugte misstrauisch die Esel. Sie hoffte, dass es sanfte Tiere seien.
»Sie sind sehr gut, weißt du«, sagte sie.
»Die Esel?«
»Nein, die Läuferinnen. Hier kennt sie jeder. Ich war eine von ihnen. Laufen ist unser Nationalsport. Wir können alle besiegen.«
»Ich hatte noch nichts von ihnen gehört.«
»Du bist ja auch kein Äthiopier.«
»Doch ich liebe eine Äthiopierin.«
»Da musst du dir aber noch viel Mühe geben. Bisher sprichst du kaum drei Wörter Amharisch. Kannst du überhaupt noch ruhig schlafen?«
Er grinste und musterte nun seinerseits die Esel. Er überlegte, welchen er sich aussuchen sollte.
»Ich weiß eine viel bessere Methode dafür«, sagte er.
»Ich kann mir nicht vorstellen, was du meinst. Aber jetzt ist Mittagszeit. Hailu hat etwas von ›Elsa’s‹ gesagt. Lass uns sehen, was es dort zu essen gibt.«
Sie nahmen sich bei den Händen und gingen los.
Zwei Stunden später kehrten sie zurück, beladen mit weiteren Ausrüstungsgegenständen, die sie in einem kleinen Laden erstanden hatten. Der war ganz auf die Bedürfnisse der Bergwanderer eingestellt, die in den Nationalpark strömten, um die herrlichen Ausblicke zu genießen und die Pfade zwischenden Bergen zu bezwingen. Weder Conor noch Mariyam bemerkten den Mann mit Stock und Wanderkleidung, der etwas auf einem kleinen Block notierte, bevor er sich abwandte und ein Handy aufklappte.
Der Eigentümer der Esel kam vom Markt zurück und stellte ihnen einen außergewöhnlichen Bergführer vor. Das war ein hagerer Mann von etwa vierzig Jahren mit rotem Haar und grünen Augen. Sein Name war Sheka. Soweit Conor erkennen konnte, hatte er stark fleckige Hände und Füße. Er sprach ein passables Englisch, das er an der nach der Königin von Saba benannten Highschool in Adwa gelernt hatte. Die stellte für ihn offenbar den Gipfel jeglicher Bildung dar. Hier in den Bergen einen Highschool-Abschluss vorweisen zu können war etwas ganz Besonderes. Shekas Englisch brachte ihm zusammen mit seiner Ortskenntnis ständig Arbeit bei den vielen Touristen, die auf der Suche nach dem außergewöhnlichen Erlebnis hierherkamen.
Sie aber verließen bald die Touristenpfade und den Nationalpark mit seinen Eingrenzungen, Hütten und Eintrittskarten. Sheka ging voraus, zeigte und bezeichnete die Berge mit seinem Dula , dem Stock, den alle benutzten, die in dieser Gegend unterwegs waren. Kurz vor Adwa bogen sie nach links ab. Vor ihnen erhob sich ein Berg.
»Das ist der Debre Ansa«, sagte Sheka. Wie hoch der Berg war, wusste er nicht.
Nach einer Weile sahen sie eine goldfarbene Felswand, in die ein Kloster gehauen war, das in
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