Die Templerverschwoerung
allerdings mehr Vertrauen als der Fahrer. Es war ein Subaru Outback, der offenbar nur noch von Stricken zusammengehalten wurde. Risse in der Karosserie waren mit Kleister und Stofffetzen abgedichtet. Conor ließ sich den Fahrzeugbrief zeigen. Das Gefährt war Baujahr 1995. Die Reifen waren völlig abgefahren und würden sicher bald platzen. Aber als der Mann den Motor anließ, klang der recht gut, und wenn auch die hinteren Stoßdämpfer hätten besser sein können, war es doch kein Kamel. Es hatte keinen Buckel, biss nicht und stank auch nicht so abscheulich.
Nach zweieinhalb Stunden hatten sie ihr Ziel erreicht. Mekele ist die Hauptstadt der Provinz Tigre. Die Stadt hat 140 000 Einwohner und wächst ständig. Moderne Gebäude stehen neben Häusern im traditionellen Stil. Bauern und Salzhändler drängen sich neben Geschäftsleuten in nachgemachten europäischen Anzügen, auf den Straßen schreiten Kamele einher und werden Ziegenherden entlanggetrieben, während Yuppies über ihre Satellitentelefone mit der ganzen Welt reden.
Von Norden her rollten sie die lange Straße entlang, die den östlichen Stadtrand streift, am größten Krankenhaus der Stadt und der Universität vorbeiführt, wonach sie scharf nach Osten abbiegt. Ababew setzte sie am Hotel Axum ab. Nachdem sie ihm die Fahrt bezahlt und ein gutes Trinkgeld gegeben hatten, fuhr er in Richtung Berahile davon, das er noch vor der Dunkelheit zu erreichen hoffte. Sie nahmen in dem Hotel zwei Zimmer. Der Manager erklärte ihnen den Weg zum Internet Office El Fani, ein paar Straßen entfernt. Mariyam und nach ihr Conor setzten sich mit ihren Banken in London in Verbindung und ließen von ihren Konten größere Summen an die Commercial Bank of Ethiopia überweisen, die ebenfalls in der Nähe lag. Die Bank hatte geschlossen, aber es würde ohnehin einige Zeit dauern, bis das Geld da war. So ließen sie sich in einem Café nieder, aßen Gebäck und nutzten den Rest des Nachmittags, um alles Weitere zu besprechen.
»Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte Mariyam. »Du bist in Addis schwer verletzt worden und wärst in der Wüste beinahe gestorben. Du magst dich so fühlen, als seist du vollkommen wiederhergestellt. Aber ich denke, es braucht nicht viel, um dich erneut umzuwerfen, und diesmal könnte es dein Ende sein. Wir sollten nach London zurückfliegen unddich erst einmal in einem Krankenhaus richtig durchchecken lassen.«
Conor schüttelte langsam, aber sehr entschlossen den Kopf.
»Ich lasse mich nicht so einfach ins Vaterland zurückschicken«, erklärte er und schnitt eine der kleinen Pasteten auf. Sie wirkte sehr verführerisch. Er konnte sich kaum noch erinnern, wann er das letzte Mal etwas Ordentliches gegessen hatte. »Ich muss das hier zu Ende führen, Mariyam. Sie haben uns fast umgebracht und bereits mehrere Menschen auf dem Gewissen.«
»Soll sich doch die Polizei darum kümmern.«
»Welche Polizei? Die hiesige? Die französische? Oder die von Cambridge? Ich weiß, wie die Polizei funktioniert. Da kommt nie etwas heraus. Diese Leute kooperieren nicht über Ländergrenzen. Sie würden nicht einmal eine Verbindung zwischen den Morden sehen und schon gar keine zur Bundeslade. Sie denken einfach nicht so. Wenn man damit jetzt in die Öffentlichkeit ginge, würde man von allen Seiten ausgelacht. Aber nicht nur das. Sobald die äthiopische Polizei vermutet, die Morde könnten mit der CIA oder Leuten zusammenhängen, die enge Verbindungen zu einer mächtigen religiösen Organisation unterhalten, lässt sie sofort die Finger davon. Und warum hat uns der Patriarch so kalt abgewiesen? Er hat behauptet, es gäbe gar kein Kloster Washa Meskel. Wenn jemand in diesem Lande es kennen muss, dann er. Steckt er vielleicht auch in der Sache drin?«
»Conor, ich habe von den Iren gehört, dass sie Geschichten gern ausschmücken. Wie sagt man dazu?«
»Du meinst unseren Blarney. Aber das ist kein Blarney, und ich habe auch nicht den Stein der Sprachgewandtheit in der Burg von Blarney geküsst. Du weißt, dass ich die Wahrheit sage. Wenn wir die Sache genau betrachten, dann bist dugenauso gefährdet wie ich. Noch schlimmer wird es, wenn wir uns trennen. Wir müssen zusammenbleiben und uns gegenseitig schützen.«
»Ich bleibe bei dir«, sagte sie, »auch wenn uns keine Gefahr droht.«
Ihre Hand lag auf dem Tisch neben der Kaffeetasse. Er beugte sich vor und legte seine darauf. Er wollte lachen, sie küssen oder so fest umarmen, dass sie ihm nie mehr entkommen
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