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Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Die Teppichvölker: Roman (German Edition)

Titel: Die Teppichvölker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hinterlassen keine Kratzer, die von Klauen stammen. Ein Snarg könnte solche Spuren hinterlassen, doch dazu müßte er aufs Dreifache der normalen Größe anwachsen.« Er zögerte kurz. »Riesensnargs. Meine Güte …«
    Ein Schrei erklang.
    Für Snibril hörte es sich an, als hätte die Nacht plötzlich Mund und Stimme bekommen. Der Schrei heulte von den Haaren jenseits der beschädigten Palisade herüber – ein höhnisches Kreischen, das die Finsternis zerriß. Der Hengst scheute.
    Ein Feuer war an der größten Lücke im Schutzwall angezündet worden; einige Jäger liefen dorthin und hielten ihre Speere bereit.
    Sie verharrten im Schein der Flammen.
    Auf der anderen Seite ragte eine große Gestalt in der Dunkelheit auf, und zwei Augenpaare glühten: das eine rot, das andere grün. Beide starrten die Dorfbewohner an, blinzelten nicht ein einziges Mal.
    Glurk riß einem der Männer den Speer aus der Hand und stapfte zur Palisade.
    »Nur ein Snarg«, brummte er, holte aus und warf. Der Speer traf etwas, doch die grünen Augen schienen nur etwas heller zu leuchten. Dumpfes Grollen entrang sich einer nicht sichtbaren Kehle.
    »Verschwinde! Kehr zu deinem Bau zurück!«
    Pismire näherte sich mit einem brennenden Scheit und warf ihn nach den Augen.
    Diesmal kam es zu einem kurzen Blinzeln – und dann verschwand das Glühen. Damit war der Bann gebrochen. Stimmen ertönten. Die Jäger schämten sich ihrer Furcht und drängten nach vorn. »Halt!« rief der Schamane. »Narren! Wollt ihr euch etwa mit Knochenspeeren in die Finsternis der Nacht wagen, um ein solches Geschöpf zu jagen? Das war ein schwarzer Snarg, keiner von den braunen, die ihr kennt! Erinnert ihr euch an die Geschichten? Sie kommen aus den fernsten Ecken! Aus den Ungekehrten Gebieten!«
    Von Norden her – vom weißen Kliff der Holzwand – grollte erneut der Schrei eines Snargs. Diesmal verklang er nicht allmählich, sondern ganz plötzlich.
    Pismire blickte einige Sekunden lang in die entsprechende Richtung, wandte sich dann an Glurk und Snibril. »Man hat uns gefunden«, sagte er. »Darum ist das Pferd fortgelaufen. Aus Furcht vor den Snargs. Und wer Snargs fürchtet, braucht sich deshalb nicht zu schämen. Ganz im Gegenteil: Angst vor Snargs ist sehr vernünftig. Sie haben jetzt das Dorf entdeckt, was für uns bedeutet: Wir können nicht hierbleiben. Von jetzt an greifen sie jede Nacht an, bis wir schließlich nicht mehr in der Lage sind, genug Widerstand zu leisten. Wir müssen morgen aufbrechen. Und vielleicht ist es selbst dann schon zu spät.«
    »Aber …«, begann Glurk.
    »In diesem Fall gibt es kein Aber. Wir alle sind gezwungen, uns dem Gebot der Notwendigkeit zu beugen. Der Scheuerer ist zurückgekehrt, und mit ihm der ganze Schrecken. Versteht ihr?«
    »Nein«, sagte Glurk.
    »Dann vertraut mir«, fuhr der Schamane fort, »und hofft, daß ihr nie verstehen müßt. Habe ich mich jemals geirrt?«
    Das Stammesoberhaupt überlegte. »Nun, einmal hast du gesagt …«
    »Bei wichtigen Dingen , meine ich.«
    »Nein. Nein, ich glaube nicht.« Glurk wirkte nun sehr besorgt. »Bisher sind wir nie vor Snargs geflohen und immer mit ihnen fertig geworden. Warum sollte das diesmal anders sein?«
    » Diese Snargs kommen nicht allein«, ächzte der Schamane.
    »Ich habe ein zweites Paar Augen gesehen«, sagte Glurk unsicher.
    »Es stammte von jemandem, der auf dem Snarg hockte«, erwiderte Pismire. »Und jene Wesen verfügen über weitaus schlimmere Waffen als Reißzähne und Klauen: Sie sind intelligent.«

 

     
    » S o, das wär's. Kommt jetzt!« Glurk sah noch ein letztes Mal zu den Trümmern der Hütte zurück.
    »Warte!« bat Snibril.
    Seine Habseligkeiten paßten in einen Beutel, aber trotzdem ging er sie noch einmal durch – um sich zu vergewissern, daß er nichts vergessen hatte. Er fand: ein Knochenmesser mit hölzernem Griff; ein zweites Paar Stiefel; eine Rolle mit Bogensehnen; mehrere Pfeilspitzen; ein Stück Glücksstaub. Ganz unten im Beutel ertasteten Snibrils Finger ein kleines Bündel. Ganz behutsam holte er es hervor, um zu vermeiden, den Inhalt zu beschädigen. Er öffnete es: zwei, fünf, acht, neun. Alles da. Der Lack glänzte, als er die kleinen Gegenstände drehte.
    »Hm«, brummte Glurk, »ich weiß gar nicht, warum du die Dinger mitnimmst. Einige zusätzliche Pfeilspitzen wären viel nützlicher.«
    Snibril schüttelte den Kopf und hob die Münzen. Erneut schimmerte ihr Lack.
    Man hatte sie aus dem Rotholz der Stuhlbeinminen

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