Die Terranauten 005 - Die Flotte der Treiber
hinterherzuschicken. Dieses Risiko durfte er unter gar keinen Umständen eingehen.
Diesen Überlegungen folgend drückte Kalinin auf den Auslöser seiner Waffe.
Die von Druckluft getriebene Narkonadel jagte auf Caruga zu und bohrte sich in seine rechte Backe.
Das Nervengift drang sofort in den Blutkreislauf ein und lähmte den Treiber augenblicklich. Er kam nicht einmal mehr dazu, einen Laut auszustoßen, sondern brach mit einem erstaunten Gesichtsausdruck zusammen. In verkrümmter Haltung blieb er im Schleusengang liegen.
Feodor Kalinin hatte es jetzt sehr eilig. Er steckte den Nadler weg, eilte zu Asi Caruga hinüber und schleifte ihn zurück in den Hangar. Den Mann mitzunehmen, hielt er für unangebracht. Warum sollte er sich mit einem weiteren besinnungslosen Gegner belasten?
Anschließend hetzte er in das Razzo zurück. In Sekundenschnelle hatte er den Steuergürtel umgeschnallt. Er kannte sich aus mit den Bedienungsinstrumenten von kleinen Ringo-Raumern. Van Dynes Razzo unterschied sich nicht wesentlich von einer Jolle aus der Serienproduktion von Alfa-Mercedes oder Kawasaki-Ringo. Kalinin hatte keine Schwierigkeiten, die Schleuse zu schließen.
Dann startete er.
Wie ein Geschoß entfernte sich das Razzo. Innerhalb kürzester Zeit war es bereits Hunderte von Kilometern von dem Treiberschiff entfernt.
Keine Sekunde hatte der Sternvogt den Maserschirm aus den Augen gelassen. Und so war ihm nicht entgangen, daß einer der hellen Punkte auf dem Schirm angefangen hatte zu wandern.
Die Kreuzer der Grauen Garden, die diesen Raumsektor überwachten, waren auf der Hut. Einer von ihnen näherte sich bereits, natürlich in der Annahme, fliehenden Treibern auf die Spur gekommen zu sein.
Nichts lag Feodor Kalinin ferner, als mit einem Treiber verwechselt zu werden. Eine solche Verwechslung konnte fatale Folgen haben. Er beabsichtigte nicht, vor den Grauen zu fliehen. Im Gegenteil – möglichst schneller Kontakt mit ihnen war sein Ziel. Er hatte den Grauen etwas zu bieten – den fieberhaft gesuchten David terGorden, zwei weitere Treiber, die sicherlich zu den gefährlichsten ihrer Spezies gehörten, und schließlich noch einen Überläufer, für den sich die Garden ganz besonders interessieren dürften. Aber dieses Geschäft würde er ohne Asi Caruga machen.
Während er mit der Rechten den Ringo-Ball fest in der Hand hielt, tastete er mit der Linken nach dem Kommunikator.
Sollte er auf der Allerweltsfrequenz S1 mit den Grauen in Verbindung treten? Nein, es sah viel besser aus, wenn er eine der Geheimfrequenzen wählte, die er noch aus der Zeit kannte, in der er gemeinsam mit Erdvogt Kutusow Spitzeldienste für die Grauen Garden geleistet hatte. Außerdem legte er wenig Wert darauf, daß jeder mithören konnte, was er zu sagen hatte.
Kalinin schaltete um auf QX 17.
Dann drückte er auf den Sendeknopf.
*
Llewellyn 709 kam zu sich und hörte Stimmen.
» … Sie David terGorden doch nicht etwa verletzt oder gar getötet?«
»Nein, nein, natürlich nicht! Er ist lediglich betäubt – mit Goldinpulver. Dieses Mittel hat keinerlei schädigende Nachwirkungen. Sie können terGorden völlig unbeschadet übernehmen, glauben Sie es mir.«
»Gut! Dann gehen Sie jetzt auf Nullgeschwindigkeit und warten. Wir kommen zu Ihnen. Und falls Sie sich doch mit irgendwelchen hinterhältigen Gedanken tragen …«
»Nein, nein, glauben Sie mir – Sie können sich hundertprozentig auf mich verlassen!«
»Over.«
Etwas klickte, dann kam nichts mehr.
Llewellyn war ein erfahrener Mann und fand sich sofort in die Situation hinein. Er befand sich an Bord von Norwy van Dynes Razzo, und die Unterhaltung, die er da soeben gehört hatte, war ohne jeden Zweifel zwischen Feodor Kalinin und einem Angehörigen der Grauen Garden über Funk geführt worden.
Die Schlußfolgerungen lagen auf der Hand: der Sternvogt hatte die Treiberloge überwältigt und war nun im Begriff, sie den Grauen auszuliefern.
Kalinin allein oder in Gemeinschaft mit anderen?
Es fiel dem Riemenmann ein bißchen schwer, diese Frage zu beantworten. Er war sich inzwischen darüber klargeworden, daß er an einen Protopsessel gefesselt war und sich kaum bewegen konnte. Sein Blickfeld beschränkte sich auf eine kahle Wandungsfläche des Razzo-Inneren. Aus den Augenwinkeln konnte er lediglich Flint erkennen, der besinnungslos in einem anderen Sessel hing. Und er ging davon aus, daß sich auch alle anderen in einer ähnlichen Lage befanden. Nur seinem veränderten
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