Die Terranauten 009 - Die Stunde des Riemenmanns
den Erdwall zu; der andere bewegte sich in Richtung Suvez und O’Hale.
Scanner Cloud ahnte die nahende Gefahr. Er löste sich aus seinem Versteck und hinkte eilends davon. Greifbar nah lag schon die Rettung in Form eines unübersichtlichen Trümmergrundstücks vor ihm, aber da hatte der Graue den Erdwall erreicht und ihn erklommen. Er richtete den Schocker auf den Flüchtenden.
Ein Knistern ertönte, und Cloud stürzte starr zu Boden.
Llewellyn 709 schloß die Augen. Bis zum letzten Augenblick hatte er gehofft, daß Cloud die Flucht gelingen würde.
Schweres Dröhnen legte sich über die Ruinen.
Ein Militärgleiter!
Der Schatten des Diskus verdunkelte den Himmel, glitt auf O’Hale und Suvez zu.
Die Treiber wandten sich zur Flucht. Doch plötzlich ertönte wieder das Knistern, diesmal nur lauter, kräftiger. Die beiden Männer stürzten in den Staub und rührten sich nicht mehr.
»Llewellyn!« flüsterte ihm Tout zu und riß den Riemenmann vom Fenster fort. »Wir können ihnen nicht helfen. Sie wußten, was sie taten, als sie die Grauen angriffen. Cloud und unsere beiden Freunde haben sich geopfert, um Angila und Sardina die Flucht zu ermöglichen.«
Der Riemenmann senkte den Kopf. Mutlosigkeit erfüllte ihn. »Sie werden uns ebenfalls erwischen«, prophezeite er. »Die Garde wird die ganze Stadt durchkämmen.«
»Unsinn!« fauchte Tout und zog ihn mit sich. Die Mädchen hockten erschöpft auf dem Boden. »Hinter der Treppe befindet sich ein Zugang zum Keller. Wenn er gut erhalten ist, werden wir uns dort verstecken. Die Grauen können unmöglich jedes Gebäude durchsuchen. Und die Mauern behindern ihre Ortung.«
Fast widerwillig stolperte der Riemenmann weiter.
Angila Fraim schob sich an seine Seite. »Die Grauen haben fast alle wieder gefangengenommen«, flüsterte sie ihm zu, während sie vorsichtig dem vorausgeeilten Tout folgten und sich auf Zehenspitzen die staubbedeckte Treppe hinunter in die finsteren Kellerräume tasteten.
»Beeilt euch!« rief Tout unterdrückt.
Llewellyn stieß eine Verwünschung aus. »Wo bist du?« fragte er in die Dunkelheit hinein.
»Hier! Wenn ihr das Ende der Treppe erreicht habt, wendet euch nach rechts. Aber seid vorsichtig. Der Boden ist mit Geröll und altem Gerümpel bedeckt. Nach zehn Schritten erreicht ihr eine Wand. Dort warte ich auf euch.«
Der Riemenmann knurrte unwillig. Fast erschrak er, als er Angilas Hand über seinen Arm tasten fühlte. Die Wärme ihrer Haut spürte er selbst durch das Geflecht der Riemen hindurch, und für einen Moment fühlte er sich unsicher.
»Ich halte mich an dir nur fest«, flüsterte die kupferhaarige Treiberin. Trotz der Gefährlichkeit ihrer Lage lachte sie amüsiert auf, als sie Llewellyns Zurückweichen bemerkte. »Keine Bange«, beruhigte sie ihn spöttisch. »Ich werde dich nicht gleich verführen, auch wenn du mit mir in einen dunklen Keller gehst.«
Llewellyn 709 schwieg grimmig und folgte dem Klang von Touts Stimme. Die Dunkelheit in dem Keller erinnerte ihn an die Abgeschiedenheit der Toten Räume, und Angilas Bemerkung tat ihr übriges, um seine Stimmung zu verschlechtern.
»Na endlich«, brummte Ishmail Tout. Seine Stimme klang ganz nah. »Habt ihr unterwegs ein Picknick eingelegt, oder warum hat das so lange gedauert?«
»Llewellyn wurde zudringlich«, antwortete Angila gurrend. »Das erfordert Zeit. Ich dachte, du wüßtest das.«
Der Riemenmann bewegte sich unbehaglich, als er den Körper der jungen Frau dicht an seinem fühlte. Biest! dachte er.
»Ruhe!« befahl er laut. »Der nächste, der etwas sagt, wird von mir eigenhändig erdrosselt.«
»Ist er nicht entzückend?« spottete Angila. »Ich wette …«
Sie verstummte.
Kälte glitt in Llewellyns Glieder. Seine Nerven vibrierten wie unter einem feinen elektrischen Schlag.
PSI-Energie!
Die Loge der Grauen suchte mit ihren PSI-Kräften nach ihnen.
In der Stille klang Touts Räuspern wie das Knirschen von Metall. »Abblocken!« flüsterte der Treiber. »Sonst sind wir verloren!«
Wortlos breitete der Riemenmann die Arme aus, griff nach Sardina und Tout, umschloß sie und preßte sie eng an sich. Er fühlte Angilas nervöse, kurze Atemzüge und den Druck ihrer kleinen, festen Brüste, die sich rasch hoben und senkten.
Der Körperkontakt erleichterte die Konzentration.
Trotzdem war die Erschöpfung, die ihn nach der Zerstörung der Mauer, die den Notausgang aus den Toten Räumen blockierte, befallen hatte und ihn lähmte, stärker geworden. Nur unter
Weitere Kostenlose Bücher