Die Terranauten 010 - Revolte auf Luna
bedeutete.
Die Maschinen des aufgegebenen Bergwerks hatten nach über hundert Jahren ihre Arbeit wiederaufgenommen!
Eine kalte Hand griff nach der Grauen. Mit aufgerissenen Augen starrte sie die Metallwand vor ihr an. Gleich würde das Innenschott aufgleiten. Und dann …
Sie hob den Schocker, entsicherte ihn und richtete die Mündung in Brusthöhe auf die stählerne Tür.
*
Nachdenklich schob Scanner Cloud den Nadler in die aufgesetzte Tasche seines Raumanzuges.
Niedergeschlagenheit befiel ihn aber er wußte, es gab keine andere Wahl.
Er blickte hinüber zu Leande, die wie eine Schlafwandlerin vor der Schaltwand des Computers saß und ihre Hände über die Druckknöpfe und Schalter huschen ließ.
Kaltes, grelles Licht erfüllte die alte Bergwerkszentrale. Unverständliche Symbole flimmerten über die staubigen Bildschirme, und das Blinken zahlloser Dioden und Skalen stach in den Augen.
Cloud wandte sich schwerfällig herum.
»Altamont! Serge!« rief der Psyter durch den Lärm der Maschinen. Das gesamte Bergwerk schien in Aufruhr. Der Boden unter ihren Füßen vibrierte.
Rumoren drang aus den Stollen in die Halle.
Altamont O’Hale und Serge-Serge Suvez lösten sich von den anderen Treibern und kamen auf ihn zu. Der Psyter beobachtete Morgenstern, der drängend auf mehrere Lunahäftlinge einredete und dann mit ihnen in dem hinteren Tunnel verschwand.
O’Hale und Suvez wirkten in den altmodischen, mühsam reparierten Raumanzügen aus den vergessenen Lagerbeständen des alten Bergwerks fremd und ungefüge. O’Hales knochiges Gesicht war ernst. Entschlossenheit glomm in seinen Augen.
»Es wird Zeit, nicht wahr?«
Der Psyter nickte. »Wir müssen uns beeilen. Die Grauen werden bald erfahren, daß die Maschinen des Bergwerks wieder angelaufen sind. Leande hat Big Brother noch nicht überwältigen können.«
Die drei Männer setzten sich in Bewegung.
Bald lag die Zentrale hinter ihnen.
»Diese Evita Jaschini …«, begann Suvez zögernd.
Scanner Cloud warf ihm einen knappen Seitenblick zu und hastete weiter, folgte dem Tunnel, der ihm fast vertrauter war als die Gewölbe der Mondkerker.
»Es wird nicht gefährlich werden«, versprach Cloud schließlich. »Es gibt zwei Ausgänge aus dem Bergwerk. Den einen hat Evita instandsetzen lassen und benutzte ihn in den vergangenen Jahren. Der andere ist defekt, aber man kann ihn passieren. Natürlich gibt es noch mehr, aber es ist schwierig, zu ihnen zu gelangen, und sie liegen in der falschen Richtung. Sobald wir die Mondoberfläche erreicht haben, wenden wir uns zur größten Kuppel; sie ist ganz in der Nähe, und mit ein wenig Glück müßten wir sie unerkannt erreichen. Und dann … Nun, es existiert eine kleine Schleuse, versteckt und fern von den Haupttoren. Evita benutzt sie immer.«
Der Psyter verstummte.
Seine Kehle war trocken und ließ seine Stimme krächzen. Unwillig schüttelte er den Kopf, aber die Beklemmung blieb.
Es ist das Schuldgefühl, analysierte Cloud seinen inneren Zustand. Diese furchtbare Gewißheit, richtig und trotzdem falsch zu handeln. Aber es gab keine Wahl. Wollten sie die Mondkerker verlassen, dann mußte er das Vertrauen Evitas mißbrauchen.
Etwas irritierte ihn, und er verlangsamte seinen Lauf, blieb stehen, horchte.
Vor ihnen, hinter der Biegung des Tunnels, lag die alte Schleuse.
Suvez schob sich an seine Seite. In der Hand hielt er einen der kleinen Nadler, die Cloud auf seinen früheren riskanten Streifzügen durch Lunaport gestohlen hatte. Nicht einmal Evita Jaschini wußte, daß der Psyter schon oft die Mondkerker durch das Bergwerk verlassen hatte.
Der Treiber blickte sich mit wachsamen Augen um. »Haben Sie etwas gehört, Scanner?« fragte er leise.
Cloud winkte ab. »Ich habe mich …«
Ein Zischen schnitt ihm das Wort ab. Er legte den Kopf in den Nacken. Die verrottete Deckenverkleidung gab den Blick auf ein Geflecht silberner Röhren und Kabel frei. Aus einer der Röhren drang das Zischen entweichenden Gases.
Sauerstoff! durchzuckte es den Psyter. Die Leitung versorgte die Schleusenkammer mit Sauerstoff!
Suvez begriff im gleichen Moment. Wortlos liefen die Männer weiter und erreichten endlich das Schott der Schleuse. Cloud atmete erleichtert auf. Es war noch geschlossen, aber über der Metalltür glühte eine rote Diode.
»Und nun?« flüsterte Suvez. »Wenn nun eine ganze Legion der Grauen dahinter lauert?«
Der Psyter schüttelte den Kopf. »Nein, keine Legion. Wir können uns den Weg sparen.
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