Die Terranauten 026 - Der Weg nach Argus
schnaufte, starrte David für den Bruchteil einer Sekunde an, glitt dann abrupt zur Seite und verschwand durch eine plötzlich aufgleitende Tür.
Weder dem Treiber, noch der gewaltsam geschaffenen Öffnung hatte er auch nur die geringste Aufmerksamkeit gegönnt. Es war, als existierte der Eindringling nicht für ihn, als wollte er seine Gegenwart verdrängen.
Verwirrt erreichte David den Knotenpunkt, wo zahllose Korridore in einem mehrere Stockwerke hohen kreisförmigen Saal zusammenliefen. Im Hintergrund schimmerten die gläsernen Türen der Aufzüge. Der Glanz der Flüssigkristallbänder machte jede zusätzliche Beleuchtung überflüssig.
Und überall Menschen. Jeden Alters, jeder Herkunft, jeden Geschlechtes. Nur eines hatten sie gemeinsam – sie kümmerten sich nicht um ihn. Er war Luft für sie.
Die Irrealität seiner Situation löste nervöse Heiterkeit in ihm aus. Was bedeutete diese Ignoranz? Was war mit diesen Menschen? Spielte man mit ihm? Ein grausiges Spiel, an dessen Ende – ja, was stehen würde?
David rang sich zu einer Entscheidung durch. Er mußte das Wagnis eingehen oder er würde nie erfahren, was in der Berliner Rumpfstadt und in Valdecs Zitadelle vor sich ging.
Er überflog die Passanten mit seinen Blicken und stieß auf einen jungen Mann, der das Flüssigkristallband verlassen hatte und scheinbar in Gedanken versunken auf einer großzügigen Ruheplattform stand, von der aus man eine Anzahl weiterer Förderbänder mit unterschiedlichen Richtungen und unterschiedlicher Geschwindigkeit betreten konnte. Holografisch wurde eine Anzahl Piktogramme in die Luft projiziert, die Ortsunkundigen die Orientierung erleichterten.
Die Plattform befand sich in Davids Nähe.
Der Treiber huschte aus dem Seitengang, übersprang mit einem weiten Satz eine Flüssigkristallbahn und landete federnd auf der Plattform. Der junge Mann blickte nicht einmal auf, und seine vollständige Gleichgültigkeit entfachte Zorn in dem Treiber.
Heftiger als beabsichtigt packte er den jungen Mann an der Schulter.
Zu seiner Überraschung verlor der Berliner augenblicklich das Gleichgewicht, kippte steif wie eine Porzellanpuppe vornüber und landete mit der Stirn genau auf der Kante der metallenen Plattform. Es gab ein knirschendes, widerwärtiges Geräusch.
David wurde aschfahl.
Reglos lag der junge Mann auf dem Boden; reglos und – tot.
Der Treiber wurde von Schuldgefühlen übermannt. Mit zitternden Knien bückte er sich und drehte den Leichnam auf die Seite.
»Nein!«
Sein Schrei hallte verzerrt von den Wänden wider.
Denn die auseinanderklaffende Stirn des Toten enthüllte statt Knochen und Wundfleisch Metall und ein Gewirr farbiger Drähte, winziger Siliziumchips.
Ein Mechanoid! dachte terGorden betäubt. Eine Maschine, die äußerlich perfekt einem Menschen glich! Und auch die anderen Bewohner der Zitadelle …
Mit fliegendem Atem blickte er sich um, starrte die achtlos vorbeihastenden Gestalten an, die selbst jetzt – nach diesem Zwischenfall – noch immer keine Notiz von ihm nahmen.
Darum das psionische Schweigen!
Darum die Ignoranz!
In dem Berlin dieser Realität gab es keine Menschen mehr, nur noch Mechanoiden, die die Handlungen der verschollenen menschlichen Bewohner mit computerhafter Präzision und Sinnlosigkeit nachäfften.
Der Treiber sprang auf, überwältigt von dem Schock, der grauenhaften, obszönen Erkenntnis, und er floh hinaus, fort von der Betriebsamkeit der verschachtelten Stadt, in der sich nur noch die mechanischen Schatten ihrer Bewohner bewegten.
*
Chan de Nouille folgte mit vibrierenden Nerven dem katzenhaften Neutrum, hinter ihr die Graugardisten, unter deren Schädeldecken winzige Elektroden pulsierten und ihre Gehirnströme beeinflußten.
Halte deinen Trumpf zurück! Warte noch! Sie – oder es – hat etwas vor …
Obwohl sich die beiden Türme der Kaiser-Zentrale nach oben hin verjüngten, war die von einer transparenten Kuppel umschlossene Dachetage von gewaltigem Ausmaß. Der Raum stand voll mit technischen Geräten und anderen Dingen, deren Zweck nicht sofort von der Grauen entschlüsselt werden konnte.
Grau-Alpha bog um eine mehrere Meter hohe Computerwand, und als Chan de Nouille einen Moment zögerte, spürte sie das prickelnde Brennen eines auf Minimalleistung eingestellten Stunners.
Die Gardisten, dachte sie resigniert, ließen sie keinen Moment aus den Augen.
Der nächste Schritt war wie der Übergang in eine andere Welt.
Geschickt hatte man
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