Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit
landete der Graue auf dem Rücken. Mar-Estos warf sich über ihn.
Die Strömungen der kämpfenden Treiber hämmerten gegen sein Bewußtsein; das Keuchen, erstickte Schreie und die anderen Geräusche, die durch die Dunkelheit auf ihn einstürzten, versetzten ihn in eine bewußtlose Panik. Seine PSI-Kräfte handelten selbständig. Als Terranaut gehörte Mar-Estos zu den wenigen Treibern seiner Zeit, die ihre Treiberkräfte fortentwickelt hatten und sie auch anders als zum Steuern von Raumschiffen einsetzen konnten. Aber er kontrollierte diese neuen Kräfte noch kaum. Unter normalen Umständen hätte er nie gewagt, sie einzusetzen.
Als Mar-Estos wieder bei Sinnen war, hielt Santiago Lema seinen linken Arm in einem unerbittlichen Griff und redete ihm dabei beruhigend zu. Mar-Estos blickte sich verwirrt um und ließ angeekelt das blutige Etwas los, in das er seine rechte Hand gekrallt hatte.
»Was ist?« fragte er ernüchtert.
Santiago trat von ihm zurück und gab den Blick auf drei Graue frei, die am Boden hockten und von Shadow mit einem Handlaser in Schach gehalten wurden. Jonsson stand neben ihm und ließ einen Chemo-Lighter an seinem Handgelenk wippen.
»Die anderen?«
Santiago zuckte wortlos die Schultern.
»Wir sind froh, daß wir überhaupt mit ihnen fertig geworden sind«, sagte Carlos an seiner Stelle. Der jüngere Lema schwankte wie ein Betrunkener und preßte eine Hand auf die versengte Stelle an seiner Schulter.
Mar-Estos blickte auf die Gefangenen hinunter. Zwei von ihnen waren so sehr mit sich selber beschäftigt, daß sie ihn gar nicht wahrnahmen, aber der dritte kannte ihn.
»Growan terGorden wird sich sehr freuen, wenn er die Neuigkeiten über seinen vergötterten Neffen erfährt«, sagte er ätzend.
Mar-Estos starrte ihn einige Zeit nachdenklich an.
»Ich werde dafür sorgen, daß du ihm nichts erzählen kannst«, sagte er endlich. Er schloß die Augen, als er mit Shadows Laser eine häßliche Arbeit zu Ende führte.
»Du brauchst kein Mitleid mit ihnen zu haben«, sagte Shadow, als er sich abwandte, um die Leichen nicht sehen zu müssen. »Sie haben Kun getötet, und was mit Myriam ist, wissen wir noch nicht.«
»Ich habe kein Mitleid mit ihnen«, antwortete Mar-Estos. »Ich habe Mitleid mit uns. Keiner von uns will kämpfen oder töten, und doch sind wir dazu gezwungen. Es ist widerlich!«
Er zog seinen eigenen Chemo-Lighter aus dem Gürtel, aktivierte ihn und ging auf die zerstörte Wand zu, hinter der sich Myriam befinden mußte – oder das, was von ihr übriggeblieben war. Der unruhige Lichtstrahl des Lighters zuckte über Kuhns leblosen Körper, der mit zur Seite gewandtem Kopf dalag wie ein Schlafender. Mar-Estos biß die Zähne zusammen.
Vor der Barriere aus Protop und Metall blieb er stehen und hob den Lighter, um zu prüfen, wie er am besten darüber hinwegsteigen konnte. Ein Klappern weckte seine Aufmerksamkeit. Irgend etwas bewegte sich in dem Wust aus Trümmern. Vorsichtig trat er einige Schritte zurück und zur Seite. Das Geräusch wiederholte sich, begleitet von einem kraftlosen Stöhnen.
Zwischen zwei in die Höhe ragenden Protopstangen tauchte ein Kopf auf, zwei Arme, die nach Halt tasteten. Mar-Estos stürmte los.
»Myriam!« schrie er. Seine Erleichterung war so ungeheuer, daß ihm die Tränen kamen.
*
Growan terGorden betrachtete durch die Sichtscheibe den schwarzgekleideten Treiber, der sich über eine flache Schale beugte, in der eine Mistelknospe lag. Der Mann war schlank, aber muskulös und sah mit seinem langen schwarzen Haar und dem scharfgezeichneten dunklen Gesicht äußerst attraktiv aus – fand Growan.
»Wie heißt er?« fragte er Mar-Estos, der neben ihm stand und sein Augenmerk auf die Kontrollschirme richtete, auf denen die Gehirnströme des Treibers aufgezeichnet wurden. Die dünne Linie war regelmäßig und ziemlich flach, die Mistel in der Schale rührte sich nicht.
»Wer?« fragte Mar-Estos abwesend.
»Der Treiber!« sagte Growan ungehalten.
»Shadow. Warum?«
»Kennt Myriam ihn?«
»Natürlich.«
»Und?«
»Was und?« Mar-Estos wandte sich widerstrebend von den Schirmen ab und konzentrierte sich auf den Biotroniks-Manag. Wie kann man nur ein purpurrotes Samtbarett mit Federn tragen? dachte er in amüsierter Verzweiflung.
»Mag sie ihn?« Growan beobachtete die Augen des Treibers, die sich langsam öffneten. Von den Pupillen war kaum etwas zu sehen. Der Mann mußte sich in tiefster Trance befinden.
»Sie arbeitet mit ihm. Ob sie
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