Die Terranauten 031 - Der Einsame von Ultima Thule
besteht sie?«
»Ich habe ihm einen ungestörten Nachmittag verschafft, um sich Myriams ID-Karte zu stehlen und deine Konzil-Kammer für ein Gespräch mit Valdec zu benutzen. Er muß ihm doch von seinem Triumph berichten. Bisher hat er noch nicht mit ihm gesprochen, sonst hätte mich der Horcher, den ich ihm angehängt habe, schon informiert.«
Mar-Estos wartete auf eine Antwort, aber Growan hatte die Augen geschlossen, atmete regelmäßig und versuchte, den Eindruck eines Schlafenden zu erwecken.
Mar-Estos beließ ihn in dem Glauben, daß die Täuschung geglückt wäre, stand leise auf und rückte einen der Sessel heran, in dem er sich niederließ. Die Stille wirkte tatsächlich einschläfernd, obwohl seine Nerven schmerzhaft angespannt waren. Er starrte auf den Würfel, der sich nicht veränderte und kein Geräusch von sich gab. Die Wahrscheinlichkeit, daß Gayheen tatsächlich die Gelegenheit wahrnahm, sich Zutritt zu Growans Konzil-Kammer zu verschaffen, war äußerst gering. Wenn seine Eitelkeit und seine Siegessicherheit nicht so groß waren, wie Mar-Estos angenommen hatte, würde er das Risiko niemals eingehen. Aber die Frist von drei Tagen, die Growan den Treibern zugestanden hatte, war zu knapp, um einen besseren Plan in die Wege zu leiten.
Mar-Estos’ Augen brannten vor Überanstrengung, als in dem Würfel ein grelles Licht aufzuckte. »Fünfundzwanzigste Kommunikation seit Observationsbeginn«, wisperte die Kunststimme des Horchers. »Holografie Valdec, Berlin.«
Mar-Estos holte tief Atem. Was er kaum zu hoffen gewagt hatte, war eingetreten. Er richtete seinen Blick auf Growan, der sich aus seiner bequemen Stellung aufrichtete und vergeblich versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu beherrschen.
»Kannst du von dieser Anlage die Konzil-Kammer abhören?« fragte Mar-Estos mitleidlos.
Growan nickte, zog mit fahrigen Bewegungen einen Siegelstift aus seinem Gürtel und schob ihn in die kreuzförmige Öffnung unter einem Bildschirm. Mar-Estos ging um den Computertisch herum und beugte sich über Growans Schulter. Auf dem Schirm waren das Innere der Konzil-Kammer mit dem Holografiekissen zu erkennen und Clint Gayheen, der sich auf der Liege ausgestreckt hatte.
»Seid gegrüßt, Max von Valdec«, sagte er. Seine Stimme kam leise, aber deutlich durch ein Mikrofongitter. »Ich habe mehrere gute Nachrichten. Growan hat angeordnet, daß die Treiber Grönland verlassen müssen. Morgen werden sie mit einem Raumer ausgeflogen. Damit gehören Euch Yggdrasil und der alte Mann, der behauptet, ihr Hüter zu sein. Außerdem habe ich Grund zu der Annahme, daß Growan mich als seinen Nachfolger einsetzen will, womit Euch ganz Biotroniks zur Verfügung steht.«
Das Bild auf dem Schirm wechselte. Es zeigte Max von Valdec in dem elektronisch komponierten Raum, der für die meisten Sitzungen als Hintergrund gewählt wurde. Manchmal kam es vor, daß ein Manag eine andere Umgebung wünschte, und es wurde ein neues Programm abgerufen. Valdecs Gesichtsausdruck zeigte weder Genugtuung noch Anerkennung.
»Recht gut«, meinte er unbeeindruckt. »Aber Myriam ist weit interessanter als der alte Mann, und Growan terGorden lebt vorläufig noch.«
Gayheens überlegenes Gehabe verwandelte sich augenblicklich wieder in Unterwürfigkeit. »Growan will Myriam in den Palast zurückholen und in ärztliche Behandlung geben«, berichtete er. »Es dürfte nicht schwierig sein, Growan Ärzte vorzuschlagen, die Eure Interessen im Auge haben. Und was Growan selbst betrifft, gibt es viele Möglichkeiten, wie ich schneller sein Nachfolger werden kann, als er plant.«
Growan riß den Stift aus der Öffnung und verbog ihn achtlos zwischen den Fingern. Sein Gesicht war starr, und er schwieg. Mar-Estos wartete.
»Schaff ihn mir vom Hals!« sagte Growan nach einer langen Weile. »Du hast alle Vollmachten. Hier, du kannst meine Karte benutzen. Schaff ihn mir vom Hals!«
*
Gayheen schlief ausgezeichnet in dieser Nacht. Zu einem Teil war wohl der Alkohol dafür verantwortlich, dem er ausnahmsweise einmal zugesprochen hatte, nachdem er sich nach dem gemeinsamen Abendessen mit Growan in seinen Wohnbereich zurückgezogen hatte. Er war der Meinung gewesen, eine kleine, private Feier verdient zu haben, denn er hatte mit Valdec die Umrisse eines Plans ausgearbeitet, der zum Ziel hatte, Growan terGorden zu entmachten.
Er schnarchte leise. Seine Nachtruhe wurde von keinerlei bösen Träumen gestört. Gayheen hatte nie ein Gewissen besessen.
Die
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