Die Terranauten 033 - Der Kampf um Aqua
kein Telepath. Normalerweise kann ich nur PSI-Schwingungen als solche erkennen, aber nicht verstehen. Dieser Fluch vorhin … Nun, ich vermute, daß ihn unser Freund mit aller geistigen Kraft ausgestoßen hat. Allein deshalb …«
»Verstehe schon«, nickte der Riemenmann. Er war selbst ein sehr guter Telepath. Von Ausnahmen abgesehen mußte er einen Menschen jedoch kennen und sich völlig konzentrieren, wenn er seine Gedanken lesen wollte. Dies tat er bei anderen PSI-Begabten jedoch nur höchst selten, denn es gehörte zum Ehrenkodex der Treiber, einander nicht ungebeten im Bewußtsein herumzuschnüffeln.
»Langsamer!« verlangte Roglan der Große.
Der Riemenmann nahm noch mehr Geschwindigkeit weg. Das kleine Raumschiff stand jetzt fast still in der Luft, schwebte geradezu.
Und dann sahen Roglan und Llewellyn die Ursprungsquelle der PSI-Ausstrahlung.
Zwei Männer, ohne Boot oder sonstigen schwimmbaren Untersatz, trieben im Wasser – Spielbälle der Wellen, die sie hochhoben und wieder nach unten stürzen ließen.
Llewellyn ließ den Ringo wie bei einem Landemanöver nach unten sacken, bis er nur noch wenige Meter über den beiden Schwimmenden hing. Deutlich war zu erkennen, wie nur der eine der beiden mit verzerrtem Gesicht nach oben blickte.
Plötzlich hörte der Riemenmann ein häßliches Geräusch, ein Knirschen und Krachen. Er kannte Ringos so gut wie seine goldenen Riemen. Deshalb ahnte er sofort, was da einen Knacks bekommen hatte: der Laser.
Aber wieso? fragte er sich.
»Starke PSI-Ausstrahlung!« meldete Roglan der Große.
Da begriff Llewellyn. Es konnte sich nur um eine telekinetische Attacke auf das Lasergeschütz handeln. Die beiden Männer unten im Wasser hielten den Ringo vermutlich für einen feindlichen Flugkörper und wollten einem Angriff vorbeugen.
»Kuppel auf!« kommandierte der Riemenmann hastig.
»Was?«
»Mach schon, Roglan! Die beiden da unten bringen es fertig und holen uns runter!«
Alessandr zögerte jetzt nicht länger. Mit einem Knopfdruck sorgte er dafür, daß die Protopkuppel aufschwang.
Llewellyn war aus seinem Schalensitz aufgesprungen, beugte sich jetzt nach draußen.
»Aufhören!« schrie er zu den beiden Männern im Wasser hinunter. »Wir kommen als Freunde!«
»Freunde?« echote es von unten. »Bei Yggdrasil, Freundchen, ich glaube dir kein Wort!«
Jetzt war der Riemenmann hundertprozentig davon überzeugt, Treiber vor sich zu haben. Niemand sonst verwendete in seinen Redewendungen den Namen des Urbaums aus dem heiligen Tal.
Dennoch dauerte es noch eine ganze Weile, bis er klarmachen konnte, daß sie alle Brüder waren.
*
»Tut mir leid«, sagte Roglan der Große, »ich kann keine PSI-Ausstrahlungen mehr orten.«
Gunther V. machte ein enttäuschtes Gesicht. »Dann sind die anderen Mitglieder meiner Loge aus ihren Kubikeln rausgeholt und in irgendeinen Raum eingesperrt worden, der durch einen dieser neuen Anti-PSI-Schirme geschützt ist.«
Aufmunternd klopfte ihm Llewellyn 709 auf die Schulter.
»Laß dir keine grauen Haare wachsen, Gunther«, sagte er mit fester Stimme. »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir holen deine Brüder und Schwestern schon noch raus.« Aber insgeheim beunruhigte die Erwähnung des Schirmes den Riemenmann. Immer häufiger setzten die Garden jetzt diese Sarym-Schirm genannte Abwehrwaffe ein – ein PSI-Kräfte blockierendes Energiefeld, dessen Wirkungsweise Llewellyn zum ersten Mal in den Toten Räumen unter Berlin erlebt hatte.
»Jetzt sollten wir aber erst einmal von hier verschwinden«, drängte Roglan Alessandr. »Bestimmt gibt es in der Unterwasserstadt Möglichkeiten, die Oberfläche zu beobachten. Und wenn die Grauen gemerkt haben, daß wir hier sind …«
Der Riemenmann kam nicht umhin, ihm recht zu geben. Der Ringo hing immer noch über der Stelle, an der sie Gunther V. und Urs Ursus aus dem Wasser gefischt hatten. Die Gefahr, daß jeden Augenblick Graue auf den Plan traten, bestand durchaus.
»Verschwinden wir also!« nickte er.
Der Ringo nahm wieder Fahrt auf und entfernte sich zügig von der überspülten Stadt Middlehaven, bei der es sich, wie Gunther V. berichtet hatte, um die Metropole Aquas handelte.
»Wohin?« Fragend blickte Llewellyn den dunkelhaarigen Treiber mit den markanten, wenn auch jetzt reichlich von der Erschöpfung gezeichneten Gesichtszügen an.
Gunther V. zuckte die Achseln.
»Damit keine Mißverständnisse aufkommen«, sagte er. »Ich kenne mich auf diesem Planeten kaum besser aus
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