Die Terranauten 035 - Die Piraten-Loge
hypnotischen Impulse der drei Supertreiber konnten von der Konditionierung der Grauen nicht blockiert werden.
Chaos begann sich über Arda-City zu senken.
Überall wurden Queens und einfache Gardisten zu Mördern. Kämpfe tobten in den Kabinen und Gängen, auf den Bahnhöfen der Vakuumbahnen und tief unten in den Maschinensälen des Lebenserhaltungssystems.
Zufrieden setzte der Logengeist seine Arbeit fort.
*
Orger Moon schien sich von den Sirenen nicht irritieren zu lassen.
Er schob den Rolltisch mit dem darauf liegenden Treiberleichnam durch einen klinisch weißen Korridor, und Abashe doNhor folgte ihm wie im Traum.
Alles wirkte vollkommen irreal.
Das gespenstische Verlangen der Großen Grauen … Die Meldung von dem Angriff auf Shondyke …
Sie erreichten einen Raum, der an ein Wartezimmer erinnerte. An der gegenüberliegenden Wand waren die Fugen einer Tür sichtbar.
Orger Moon blieb stehen.
»Die Große Graue wünscht«, sagte er hohl, »daß das Experiment so schnell wie möglich durchgeführt wird. Ich habe ein Operationsteam angefordert. Wir werden in zwei Stunden beginnen.« Seine schlaffen Atemsäcke an den Wangen zitterten, während er sprach. »Wir haben einige Vorbereitungen zu treffen. Ich muß Sie untersuchen. Entkleiden Sie sich bitte.«
Hinter Abashe öffnete sich die Tür.
Sie drehte sich um.
Durch die Öffnung huschte eine schmale Gestalt und sprang sie an. Sie keuchte, stolperte nach hinten und prallte hart auf den gekachelten Boden.
Schmerz pulsierte in ihrem Hinterkopf.
Erst jetzt sah sie das Gesicht des Angreifers. Abashe stöhnte vor Verwirrung und Entsetzen, als sie die Frau erkannte.
Die Queen Lesseur!
Aber die samtenen Augen der Grauen waren verdreht und ihr Antlitz von düsterer, wahnwitziger Entschlossenheit geprägt. Ihre Hände schlossen sich um Abashes Kehle.
Die Adeptin handelte rein instinktiv.
Sie zog das rechte Bein an und rammte es der auf ihr liegenden Queen in den Unterleib. Lesseur stöhnte nicht einmal. Nur ein wenig blasser wurde sie, aber der Würgegriff lockerte sich nicht.
In den Schmerz, der in Abashes Hinterkopf pochte, schlich sich ein drängendes, gewalttätiges Wispern.
Schatten tanzten vor Abashes Augen. Ihre Lungen gierten verzweifelt nach Sauerstoff, doch sosehr sie sich auch wehrte, die Queen Lesseur schien die Kräfte einer Verrückten zu besitzen.
Unvermittelt erschlaffte der Körper der Queen.
Abashe konnte wieder frei atmen.
Mit einem unterdrückten Schluchzen schob sie die Queen von sich und bemerkte erst dann das Blut an ihren Fingern. Der gesamte Rückenteil von Lesseurs grauer Montur war blutgetränkt.
Über sie gebeugt stand Orger Moon und hielt in der rechten Hand ein rotgefärbtes Skalpell.
»Danke«, krächzte Abashe. Jeder Ton schmerzte.
Orger Moon sagte nichts. Er starrte sie nur an, aber mit einem Blick, der das Blut der Adeptin in ihren Adern erstarren ließ.
Fast ahnte sie, was folgen würde.
Moon machte eine blitzschnelle Bewegung und griff sie an.
Die Adeptin warf sich zur Seite, und das Skalpell schnitt eine lange, dünne Rille in den Kachelboden.
»Moon«, stieß Abashe entsetzt hervor. »Was tun Sie, Experte? Was ist mit Ihnen geschehen?«
Der Humo schien sie nicht einmal gehört zu haben.
Eine Ader pulsierte blau auf seiner hohen Stirn, und die Atemsäcke beulten sich nervös zu ihrer vollen Größe auf, wie die Kehlsäcke eines Ochsenfrosches.
Das Skalpell kreiste und schimmerte bösartig in dem Licht des karg eingerichteten Raumes.
Abashe kam wieder auf die Beine und wich vorsichtig zurück.
Wieder dieses Wispern, dieser bedrohliche, paranoide Drang, alles zu hassen, zu töten, zu zerstören.
Moon huschte auf sie zu. Die junge Frau von Sigma Chorn duckte sich, hieb nach Moons Waffenarm, doch der Schlag traf nur halb, und das Skalpell blitzte dicht vor ihren Augen auf.
Während sie sich nach hinten fallen ließ, trat sie zu. Moon krümmte sich für einen Moment zusammen, und seine Atemsäcke waren so prall, daß Abashe erwartete, sie würden jeden Augenblick zerplatzen.
Sie nutzte die Schwäche ihres Gegners, unterlief seine schwache Abwehr und hieb ihm die Handkante gegen die Kehle.
Der Humo brach zusammen. Klirrend rutschte das Skalpell über die Kacheln.
Bei der Grauen Arda! dachte Abashe doNhor voller Grauen. Was war mit der Queen, mit Moon geschehen?
Dieses Wispern …
Bestand eine Verbindung? War dies der Angriff, über den die Cosmoralität vor wenigen Minuten informiert worden war?
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