Die Terranauten 035 - Die Piraten-Loge
Ein PSI-Angriff?
Aber Lesseur und Moon waren konditioniert – und sie nicht. Und dennoch war sie verschont geblieben, während sich die beiden Grauen in Amokläufer verwandelt hatten.
Sie rang ihre Angst nieder, die sie hauptsächlich auf den Schock zurückführte. Was nun? Was sollte sie unternehmen?
Sie näherte sich der halb geöffneten Tür und blickte vorsichtig auf den Gang. Einige Schritte weiter lag die Leiche eines Graugardisten. In der erstarrten Hand hielt er noch immer einen Laser.
Abashe trat zu ihm hin und entwand ihm die Waffe. Sie fühlte sich nun ein wenig sicherer. Dennoch löste das ihr Problem nicht. Sie mußte diesen Bereich der Stadt verlassen und umgehend ihre Einheit aufsuchen. Falls sie tatsächlich immun gegen diesen psionischen Angriff war, konnte sie den Garden von unschätzbarem Nutzen sein.
Sie zögerte.
Etwas hielt sie zurück.
Die Adeptin schluckte: Nüchtern registrierte sie das Zittern ihrer Hände und das panische Klopfen ihres Herzens. Unsinn! sagte sie sich. Einbildung.
Sie machte einen Schritt.
Der Widerstand in ihrem Innern wuchs und raubte ihr fast den Atem.
PSI-Angriff! durchfuhr es sie automatisch. Doch wieso unterschied sich diese Attacke so sehr von dem obszönen, grausamen Wispern, dem sie ohne Mühe hatte widerstehen können?
Sie trat zurück. Augenblicklich verringerte sich die Beklemmung. Abashe verstand. Offensichtlich wollte ihr unsichtbarer Gegner, daß sie wieder das Wartezimmer aufsuchte.
Die Adeptin entsicherte die kleine Laserpistole und näherte sich wieder der Tür. Alles war still. Lesseur war tot, und Orger Moon schien noch nicht wieder das Bewußtsein erlangt zu haben. Ein Blick durch den Türspalt bestätigte ihre Einschätzung.
Dann sah sie den Rolltisch an. Den toten Treiber, aus dessen Brust Yggdrasil wuchs:
Unwillkürlich preßte Abashe doNhor eine Hand vor den Mund.
Eine Verwandlung war mit dem Ableger des geheimnisvollen Urbaums vor sich gegangen. Er wirkte größer. Kurz darauf erkannte sie, daß das nicht genau stimmte. Das Gewächs hatte sich nur weiter aus der Brust des Toten hervorgeschoben.
Das Drängen wurde stärker.
Abashes Widerstand verflüchtigte sich. Sie trat an den Tisch, und alle Furcht war mit einemmal wie fortgewischt. Vorsichtig hob sie eine Hand und streichelte sanft die rauhe Borke des Ablegers.
Der körperliche Kontakt schien eine Barriere beseitigt zu haben.
Eine Stimme begann, in Abashes Bewußtsein zu murmeln, und merkwürdigerweise war sie nicht einmal überrascht.
Hörst du mich? Verstehst du mich? Begreifst du mich?
Wer bist du? fragte Abashe lautlos.
Bizarre Bilder wirbelten vor ihrem geistigen Auge. Der Geschmack von Pfefferminz und kalter Limonade prickelte auf ihrer Zunge. Sie roch Hibiskus und Straßenstaub.
Es ist schwer zu sagen. Es ist schwer zu verstehen. Ich bin noch unfertig. Einst gab es jemanden, der Astos hieß und doch nicht Astos war. Einst gab es jemanden, der Jonsson hieß, und mit diesem Namen verbindet sich ein anderer Begriff: Merlin III.
Ich verstehe nicht …
Der Mann Astos-Jonsson starb. Und er starb doch nicht. Ich bin ein Teil von ihm, obwohl ich jemand anders bin. Ich bin noch unfertig und schwach. Ich brauche Hilfe. Ich sehe in dir …
Ja?
Ich sehe in dir die Felsburgen von Sigma Chorn. Der Mann Astos-Jonsson kannte Sigma Chorn. Ich sehe ein anderes Gesicht, höre einen anderen Namen. Scanner Cloud.
Du verwirrst mich, klagte Abashe benommen. Was kann ich tun?
Du mußt mir helfen. Wenn du mir hilfst, dann hilfst du dieser Welt. Shondyke droht Gefahr. Alle Menschen, die hier leben, werden bald tot sein. Wir müssen diese Stadt so schnell wie möglich verlassen. Es gibt einen Weg. Ich hatte viel Zeit, seit ich auf Shondyke eintraf und aus meinem Schlaf erwachte.
Höre gut zu. Das unterirdische Tunnelsystem ist größer, als du ahnst …
*
»Wir müssen ihm eine größere Dosis injizieren … «, sagte jemand in der Finsternis, die David terGorden umhüllte.
Es dauerte lange Zeit, ehe er die Stimme identifizieren konnte und sich an die kühlen Augen der Queen Mandorla erinnerte.
David fühlte sich schwach und krank. Ein eiserner Reif schien sich um seine Stirn zu spannen. Er erinnerte sich … Der unsichtbare Blitz, der aus dem Nirgendwo kam und sein Bewußtsein fast verschmort hätte. Die Qual, die sich dem Blitz anschloß. Alpträume und bösartig verdrehte Gefühle.
»David«, flüsterte Mandorla dicht an seinem Ohr. »Kannst du mich verstehen,
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