Die Terranauten 040 - Ein Computer spielt verrückt
Schlafenden, der von alldem nichts bemerkte. Sein rechter Arm mit der Waffe kam in die Höhe, sein Daumen legte den Sicherungshebel um; ein scharfes Klicken, dann das blaue Leuchten des Fokussierungsfeldes.
»He«, brummte jemand. »Was …?«
»Es ist soweit«, sagte Tardas noch einmal und richtete den Strahler auf den entsetzt dreinblickenden Limur Zeran.
*
Der Sucher war zweifellos ein sehr kompliziertes Gerät, aber im Prinzip war er noch immer mit der Versuchsanordnung »Rho/27 a« identisch, die ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Patrick Ebberdyk entwickelt hatte.
Die Wissenschaftler wußten, daß die Energien von Weltraum II keinen der den Menschen bekannten physikalischen Gesetzen gehorchten. Der andere Weltraum war fremd, unerklärlich, chaotisch. Versuchte man seine Energien anzumessen, und durch das künstliche Triadische Monochord besaß man ja inzwischen einen Zugang ohne PSI zu Weltraum II, erhielt man sich ständig widersprechende Meßwerte. Für den Weltraum II galt nur eine Regel, nämlich die, daß es dort keine Regeln gab. Und deshalb schien es dort auch keine Orientierungsmöglichkeit zu geben. Aber keine Regel ohne Ausnahme – in diesem Fall wurde die Ausnahme von dem Summacum Patrick Ebberdyk entdeckt.
Ebberdyk experimentierte mit elektrischen Feldern extrem niedriger Spannung, ähnlich den Elektrofeldern des menschlichen Gehirns. Schließlich besaßen die Treibergehirne ja eine Verbindung zu W II. Ebberdyk testete schier endlose Meßanordnungen, die von einem sich selbständig fortschreibenden Computerprogramm entwickelt wurden, und bei Anordnung »Rho/27 a« trat endlich das gewünschte Resultat ein. Die Sensoren, die Niedrigspannungsfelder anmaßen, bekamen auswertbare Ergebnisse über Weltraum II – man hatte den »Ebberdyk-Effekt« entdeckt. Nur arbeitete der Effekt nach dem BLACK BOX-Prinzip, daß heißt, er war von einem Computer nach Gesichtspunkten entwickelt worden, die über menschliches Begriffsvermögen hinausgingen. Im Grund erging es den Wissenschaftlern mit »Rho/27 a« nicht anders als mit den Treiberkräften: Man wußte, daß es funktionierte, aber man wußte nicht, wie. Auf der Basis von »Rho/27 a« baute man einen Navigationscomputer, der anhand der Meßergebnisse Rückschlüsse auf seine Position in Weltraum II zog und danach einen Kurs berechnen konnte. Der Ersatz für die Misteln war geboren. Man nannte das Gerät ganz schlicht den Sucher.
Zu dem Zeitpunkt, als in der Zentrale des Schiffes zwei Sensoren ihre Anzeige von Grün auf Rot wechselten, war der Sucher in Weltraum II in den Einfluß einer Energieballung geraten, und diese Energie floß direkt in den Sucher. Sie wurde regelrecht von ihm angezogen. Die degressive Rückkopplung, die bei einem solchen Ausbruch das Energieniveau, das der Sucher aufnahm und verarbeitete, automatisch senken sollte, versagte, weil sie auf diese besondere Art von W-II-Energie nicht ansprach. Sie war ihr noch nie begegnet. Das Niveau stieg an.
Duftendes Licht. Explodierende Farben.
Das Energieniveau stieg weiter. Sicherheitskreis I versagte nach wie vor; durch die direkte Verbindung Sucher/Weltraum II materialisierten Energieformen aus Weltraum II im Schiffsinneren. Der Sucher war als eine Art Blitzableiter dafür verantwortlich. Trotzdem bildete sich innerhalb des Suchers, auf der Stufe des Ersten Sicherheitskreises, ein Energiestau. Und dieser Stau bewirkte etwas überaus Seltsames – einen Bewußtwerdungsprozeß. Der Sucher beobachtete ja die Veränderungen elektrischer Felder, aus denen er selbst ebenfalls bestand. Der Energiestau bewirkte nur eine Rückkoppelung dieser Felder untereinander – der Sucher beobachtete sich also jetzt selbst, zog Rückschlüsse über sich, dachte. All das geschah in Nanosekunden.
Die erste Phase dieses Prozesses war die, die man am ehesten mit der Herausbildung von kreatürlichem Instinktverhalten gleichsetzen kann. Der Sucher fühlte seine eigene Existenz, ein Eindruck, der den angeschlossenen Computer dazu veranlaßte, für den plötzlichen Zuwachs an Informationseingang neue Speicher- und Verarbeitungsplätze zuzuweisen. Und damit stieg die »Denkkapazität« an. Der Sucher brachte diesen ersten Abschnitt in einem atemberaubenden Tempo hinter sich. Er existierte, und solange eine Energiezufuhr gesichert war, so lange war auch seine Existenz gesichert.
Der zweite Abschnitt seines Bewußtwerdungsprozesses bestand darin, den Energiezufluß über das Bestehende hinaus
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