Die Terranauten 040 - Ein Computer spielt verrückt
auf. Täuschte er sich, oder hatte Etchgan tatsächlich Ringe unter den Augen? Zwar verkündete seine ganze Gestalt Aufmerksamkeit und Konzentration, aber seine Unruhe und Anspannung waren dennoch kaum zu übersehen.
Die transparenten Deckel von drei weiteren Behältern waren ebenfalls geöffnet. Ennerk Prime strich sich mit einer fahrigen Bewegung seine weißen Haare aus der Stirn. Suzanne Oh lächelte dem Grauen betont liebenswürdig entgegen. Die junge Frau wirkte attraktiv und aufreizend, aber der Uniformierte reagierte nicht darauf. Lyda Mar stöhnte verhalten, als sie dem »Sarg« entstieg. Sie wirkte nackt noch viel zerbrechlicher als in ihrem Einteiler.
»Ziehen Sie sich an«, befahl Etchgan und deutete auf ihre Kleidung, die vor dem jeweiligen Behälter ordentlich zusammengelegt war.
»Ist die Reise zu Ende?« fragte Prime, während er sich seine Sachen überstreifte. »Wo sind wir?«
»Ziehen Sie sich an!« wiederholte der Graue eine Spur schärfer und machte damit deutlich, daß er nicht die Absicht hatte, Fragen welcher Art auch immer zu beantworten.
Onnegart Vangralen zog sich seine Kleidung an und zuckte mit den Achseln. Er erinnerte sich plötzlich an seine Deportation nach Siam Sin, der Nebelwelt im Assybrun-System. Er sah die Gesichter seiner Kameraden vor sich. Alle tot. Er war der einzige Überlebende. Vangralen wußte selbst nicht, warum ihn diese schrecklichen Bilder ausgerechnet jetzt überfielen. Vielleicht hing es damit zusammen, daß die Szene um ihn herum fatale Ähnlichkeit mit der hatte, die er im Assybrun-System schon einmal erlebt hatte. Das Aufwecken, das Anziehen, die Deportation. Gewaltsam verdrängte er die Erinnerung. Die Wirkung der PSI-Blocker war inzwischen völlig abgeklungen. Sein PSI-Sinn spürte, daß an Bord des Schiffes etwas nicht stimmte. Er warf Prime einen fragenden Gedanken zu. Der übermittelte ihm ein kurzes Gedankenbild, das deutlich machte, daß er sich ebenfalls nicht sonderlich wohl in seiner Haut fühlte. Auch er hatte die Anspannung in den Zügen des Grauen bemerkt, eine Anspannung, die nicht allein damit erklärt werden konnte, daß der Uniformierte darauf zu achten hatte, daß sie keine »Dummheiten« machten.
»Warum ist es hier eigentlich so warm?« fragte Suzanne Oh und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Vangralen wunderte sich darüber, daß er das noch nicht bemerkt hatte. Es war tatsächlich warm in der Hibernation, wärmer, als es ein normaler Wiedererweckungsprozeß erforderlich machte. Und noch etwas war seltsam. Vangralen horchte für einen Augenblick konzentriert in sich hinein, konnte die Ursache seiner Unsicherheit aber nicht fassen. Etwas fehlt, dachte er. Aber was?
»Was ist geschehen?« fragte Ennerk Prime mit deutlichem Mißtrauen in der Stimme. Der Graue legte seine Ausdruckslosigkeit nicht ab.
»Sind Sie fertig?« erkundigte er sich und sah jeden einzelnen von ihnen an. Alle nickten.
»Gut. Dann kommen Sie mit in die Zentrale!«
Er öffnete das Schott und deutete mit der Waffe auf den angrenzenden Korridor. Vangralen war wie gelähmt. Der Befehl, die Zentrale aufzusuchen, war etwas völlig Unvorhergesehenes. Und etwas Außergewöhnliches, das ihn in der Vermutung bestätigte, daß etwas nicht stimmte.
Er folgte seinen drei Freunden, die bereits den Hibernationstrakt verlassen hatten und auf dem Korridor warteten. Aus den Augenwinkeln behielt er den Grauen im Auge, in dessen Innern Angst wucherte, eine Angst, für die Vangralen keine Erklärung hatte. Irgend etwas war schiefgegangen.
Prime und Oh wollten sich schon in Richtung des Lifts in Bewegung setzen, aber Etchgan hielt sie zurück. Er führte sie eine Treppe hinauf. Offenbar war die Liftkabine zu klein, um sie alle aufzunehmen und dem Grauen gleichzeitig noch einen gewissen Sicherheitsabstand zu seinen Gefangenen zu gestatten. Vangralen war es gleichgültig, wie sie in die Zentrale kamen; seine Gedanken beschäftigten sich mit seinen Ahnungen. Er schickte einen Frageimpuls an die Freunde, erhielt aber nur das Äquivalent eines Achselzuckens zur Antwort. Also abwarten, dachte er und fühlte sich alles andere als wohl dabei.
In der Zentrale wurden sie offenbar schon erwartet. Hauptmann Zeran saß zurückgelehnt in seinem Kontursessel und zwinkerte mehrmals mit den Augen, als sie eintraten. Der andere, Tardas, kehrte ihnen den Rücken zu und war mit seinen Instrumenten beschäftigt.
Ennerk Prime sah sich um; sein Mißtrauen nahm zu.
»Was ist eigentlich
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