Die Terranauten 042 - Der Sammler
Möglichkeit, unsere Aufgabe erfolgreich durchzuführen. Nur eines möchte ich gerne von dir wissen, Lyda – bevor wir in die Korallenstadt eindringen.«
Lyda blickte ihn aus tränennassen, verquollenen Augen an.
»Ja, Damon?«
»Was hast du eigentlich damit gemeint, als du sagtest, wir seien endlich am Ziel?«
Die Terranautin setzte schon zu einer Antwort an, aber dann stutzte sie und schüttelte hilflos den Kopf.
»Ich … Ich weiß es nicht.«
»Das habe ich mir gedacht«, nickte Damon Credock. Er lächelte schwach. »Dann wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als blind ins Verderben zu laufen.«
Er konzentrierte sich kurz und stellte eine Verbindung zu der Seerosenqualle her. Langsam setzte sich das organische Boot in Bewegung.
Kaum eine Minute später stieß das Blatt der riesigen Seerosenqualle an das rosenfarbene Gestein der maritimen Korallenstadt.
*
Da es dicht über der Wasserlinie keine der höhlenartigen Öffnungen gab, durch die auch die Traumhaken in das Innere des Kegels eindrangen, mußten Lyda und Damon eine ziemlich anstrengende Kletterpartie absolvieren, bevor sie sich schließlich mit einem Aufseufzen in einen der kaum mannshohen Eingänge schwingen konnten.
Bevor sie in die Höhle und damit ins Herz der Korallenstadt eindrangen, warfen sie noch einen letzten Blick zurück auf die Seerosenqualle. Von hier aus sah sie sehr klein und zerbrechlich aus. Lyda fragte sich im stillen, wie sie es überhaupt hatten wagen können, mit so einem unsicheren Gefährt den großen Ozean zwischen den beiden Hauptkontinenten Saryms zu überqueren.
Nun, noch war die riskante Überfahrt nicht beendet. Zwischen der maritimen Korallenstadt und ihrem eigentlichen Ziel, dem Südkontinent, lagen immer noch mehr als tausend Kilometer.
Wenn Damon und ich hier nichts finden, was uns weiterhilft, dachte Lyda bedrückt, müssen wir uns wieder der Seerosenqualle anvertrauen und uns erneut auf den Weg machen. Und selbst wenn wir hier eine wichtige Entdeckung machen sollten …
Irgendwo dort draußen auf dem Ozean trieb schließlich auch die Seerosenqualle mit Suzanne, Aschan und Onnegart. Lyda zweifelte nicht daran, daß die drei Freunde ihre Expedition fortsetzen würden, nachdem die Traumhaken sie wieder aus ihrem Bann entlassen hatten.
Aus unerklärlichen Gründen wußte die Terranautin, daß auch die drei anderen Expeditionsteilnehmer von Traumhaken befallen worden waren. Da die Traumhaken die zweite Seerosenqualle aber nicht zur maritimen Korallenstadt »umgeleitet« hatten, befand sie sich jetzt wahrscheinlich wieder – oder nach wie vor – auf Südkurs. Suzanne, Aschan und Onnegart würden eingesehen haben, daß sie der Besatzung der verschwundenen Seerosenqualle doch nicht helfen konnten (denn wie sollten sie sie inmitten der Weiten des Ozeans und vor allem bei diesem Nebel überhaupt finden?), und ihren Weg zur Korallenstadt des Südkontinents fortgesetzt haben.
Von unten winkte Ennerk Prime aufmunternd zu Lyda und Damon herauf. Er war auf der Seerosenqualle zurückgeblieben, um den Wechsel der Gezeiten zu beobachten und notfalls seine beiden Gefährten warnen zu können, wenn die Flut kam.
Im Moment sah es allerdings so aus, als würde Lyda und Damon genug Zeit für ihre Erkundung bleiben. Der Wasserspiegel sank bisher noch kontinuierlich weiter ab – eine Tatsache, die besonders Damon Credock verblüfft hatte.
Der Mittler war schließlich zu der Schlußfolgerung gelangt, daß eine ungewöhnliche Konstellation der Monde, die Arioch und Sarym auf komplizierten Bahnen umkreisten, eine sogenannte »große Ebbe« hervorgerufen haben mußte.
Und das wiederum bot eine schlüssige Erklärung dafür an, warum die maritime Korallenstadt bisher noch nie gesichtet worden war.
Bei einer normalen Ebbe wurde die Spitze des Kegels höchstens vier oder fünf Meter weit aus dem Wasser ragen. Und bei starkem Seegang mochte selbst diese kleine Erhebung noch vollständig von den Brechern überspült werden!
»Also los«, sagte Damon Credock bestimmt. »Bringen wir’s hinter uns.«
Die Banalität dieser Worte brachte Lyda zum Lachen. Ihre Anspannung ließ ein wenig nach.
Hinter Damon Credock schob sie sich in den engen Tunneleingang.
Der Boden unter ihren Füßen erwies sich als sehr schlüpfrig – eigentlich kein Wunder, denn dieser Teil der Korallenstadt stand normalerweise dauernd unter Wasser. Eine feine, schleimige Algenschicht bedeckte den ansonsten völlig glatten Fels.
Schon wenige Meter
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