Die Terranauten 042 - Der Sammler
Gedanken – ein Geräusch, wie er es noch nie zuvor vernommen hatte. Unwillkürlich fuhr er den Sensorenstengel noch ein Stückchen weiter aus.
Dann explodierte der Himmel.
Oinji stieß einen Impuls des Entsetzens aus, als ein großer Feuerball auf die glattgeschliffene Ebene stürzte. Glutfunken spritzten von den Außenbereichen des Balls in alle Richtungen und wurden von den Windböen davongerissen.
Der PSI-Schmarotzer glaubte, seinen Sensoren nicht mehr trauen zu können.
Ein Vulkan, der sein feuerspeiendes Maul hoch droben in den Wolken öffnete? Nein, das konnte nicht sein. Das widersprach jeglicher Erfahrung.
Der Himmel hielt viele Schrecken für die Orkansegler bereit – Kristallstürme, elektrische Entladungen, Säureregen. Aber Vulkane?
Und doch … Was anderes als ein Vulkan hätte einen solchen Feuerball formen und gebären können?
Das Pfeifen wurde immer schriller. Oinji verringerte die Empfindlichkeit der Sensoren. Zurückziehen wollte er sie allerdings nicht – dazu faszinierte ihn diese glühende Himmelserscheinung viel zu sehr!
Der Feuerball war jetzt so nahe herangekommen, daß der PSI-Schmarotzer seine Sensoren auf Naherfassung umschalten konnte. Neue, noch phantastischere Daten strömten in Oinjis Bewußtsein.
Wenn seine Sinne ihn nicht täuschten, dann bestand der Feuerball gar nicht durchwegs aus Glut. Unter einem dünnen Mantel aus Feuer verbarg sich etwas ganz anderes – ein fester, annähernd kugelförmiger Körper.
Einen Augenblick lang glaubte Oinji, nur zu träumen. Diese Daten konnten einfach nicht stimmen.
Der brennende Körper hatte die Umrisse eines Orkanseglers.
Aber zugleich war er mindestens fünfzigmal so groß wie Oinji.
Der PSI-Schmarotzer begann zu zittern. Für dieses absolut unvorstellbare Phänomen gab es nur zwei Erklärungen.
Entweder war er, Oinji, wahnsinnig geworden und bildete sich das alles nur ein – oder der riesige, lichterloh brennende Orkansegler war ein Geist von jenseits der Wolken, die Inkarnation eines längst toten Artgenossen des PSI-Schmarotzers, der vom Großen Orkan aus unerklärlichen Gründen zurück in die Welt der Lebenden geschleudert worden war.
Bevor Oinji noch weiter über diese beiden gleichermaßen unangenehmen Alternativen nachdenken konnte, zerplatzte der Titan dicht über der Ebene in einer Kaskade aus Licht. Augenblicke später prasselten die glühenden Fragmente seiner Außenschale wie Hagel auf die Felseinöde nieder. Die wütenden Böen verstreuten die herabregnenden Teile weit über das Land.
-Dort, wo gerade noch ein Feuerball gewesen war, schwebten jetzt sieben kleinere Objekte in der Luft. Jedes dieser Objekte war ungefähr so groß wie Oinji.
Der PSI-Schmarotzer erkannte die vertraute Form sofort.
Orkansegler-Samen!
Nach der Entdeckung, daß das brennende Phantom nichts anderes gewesen war als ein ins Titanenhafte vergrößerter Orkansegler, konnte es Oinji jetzt nicht einmal mehr überraschen, daß auch die Samen dieses Orkansegler-Geistes fünfzigmal größer waren als gewöhnliche Samen. Ihre Außenschalen jedoch schienen wesentlich kräftiger zu sein als die gewöhnlicher Samen, denn offenbar konnte der Kristallzyklon diesen Geistersamen nichts anhaben. Ruhig und majestätisch trotzten sie den auf sie eindringenden Kristallsplittern.
Dann setzten sie sich langsam in Bewegung – genau auf den Hügel der Quelle zu.
Und jetzt begann Oinji zu verstehen, daß der Titan nicht zufällig gerade in der Nähe der Quelle abgestürzt war …
*
»Eine zweiphasige Lebensform«, sagte Damon Credock nachdenklich. »Ein Tier verwandelt sich in eine Pflanze, und diese Pflanze wiederum bringt schließlich Früchte hervor, die Tiere sind. Das spricht allen Gesetzen der Biologie Hohn!«
»Aber wir haben den Beweis vor uns, daß es so etwas doch geben kann«, erwiderte Lyda Mar. Sie saß dicht neben dem Mittler im Zentrum der fluoreszierenden Höhle und beobachtete fasziniert, wie immer mehr der blauen, hartschaligen Früchte aufplatzten. In jeder der Früchte befand sich ein junger, irgendwie noch unfertig wirkender Traumhaken. Im Moment des Ausschlüpfens – ein anderer Ausdruck fiel Lyda für diesen Vorgang nicht ein – entfalteten alle Traumhaken ihre Flügel und begannen, probeweise mit ihren drei Flügelpaaren zu schlagen. Meist dauerte es nur wenige, Minuten, bis sich die Tiere in die Luft erhoben und ganz langsam mit denen ihnen eigenen Wellenbewegungen zum Ausgang der Höhle schwebten.
Dort hatten sich
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