Die Terranauten 064 - Planetensterben
Quendolain sich und den anderen ein, dies hier ist eine Schleuse zum Äußeren. Wenn wir uns jetzt wehren, vernichtet sie uns, weil sie stärker und mächtiger ist. Lassen wir uns treiben bis zum Ziel! Dieser Strudel ist nur das optische Äquivalent zu unserer Anpassung an die äußerste Energieschale von Phönix.
Weit unter ihnen entstand erneut ein Auge innerhalb des Sogs. Es war pechschwarz und wirkte drohend.
Langsam öffnete es sich wie ein gieriges Maul. Darin schimmerten weiße Funken wie Sterne an einem unnatürlich dunklen Firmament.
Sterne?
Weltraum I?
Quendolain wurde wie vom Fieber gepackt. Sie hatte sich treiben lassen und konzentrierte sich jetzt stärker auf dieses sich öffnende Loch. Die wirbelnde Spirale zog sie dorthin. Es war keine Täuschung, sondern Wirklichkeit. Der Kontakt mit dem Universum.
Und dann war sie am Ende der Spirale angelangt. Rauschen und Pfeifen, als würde ein ferner Sturm vorüberziehen. Wimmern und Schreien. Die Unwirklichkeit eines Alls, das es nicht geben konnte. Ein unvollkommenes Zerrbild, eine billige Kopie.
Die Enttäuschung würgte Quendolain.
Sie blickte sich um. Hinter ihr ein waberndes Glutauge. Nein, orangefarbener Dotter, der sich wie in Zeitlupe drehte.
Und ich bin im Eiweiß! Als wäre Oxyd ein gigantisches Ei.
Sie wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
Der Mensch neigt dazu, Assoziationen zu entwickeln. Wenn er etwas beschreibt, dann zumeist in Metaphern, in bildlichen Ausdrücken. So läßt der Schriftsteller Wind um Häuser heulen, Wolken jagen, Wege sich schlängeln, den Mond herabschauen. Die vermenschlichte Natur. Er tut es mit allem und mit jedem. Sogar mit seinem Hund. Selbst die Berge läßt er »schweigen«. Metaphern und – oftmals abwertend so bezeichnet – Klischees!
Dabei kommt kein Mensch ohne diese Metaphern oder Klischeeformulierungen aus. Denn der Mensch braucht stets einen Vergleich mit seinem Menschenmodell.
Und ich bade im Eiweiß und blicke auf den Dotter. So sieht es wenigstens aus – von meinem Gehirn interpretiert. Obwohl ich es nicht einmal mit meinen Augen sehen kann, weil sich meine Augen gar nicht hier befinden. Sie gehören zu meinem Körper, und der ruht auf dem Felsplateau, das sicherlich ebensowenig ein richtiges Felsplateau ist wie dies hier das Innere eines gigantischen Eis.
Doch was ist schon richtig und was falsch?
Wie kann man das beurteilen, wenn man völlig unfähig ist, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, sondern immer nur ein Schattenbild, das wir so perfekt erklären, daß wir selber daran glauben?
Wir sind so schrecklich unzulänglich, wir Menschen – auch wenn Fähigkeiten vorhanden sind wie bei uns. Auch wenn wir zu Supertreibern werden.
Selbst wenn wir es einst schaffen sollten, ganze Milchstraßen zu vernichten oder neu entstehen zu lassen, werden wir dennoch bleiben, was wir sind.
Wir werden unsere armseligen inneren Modelle bewahren und verzweifelt bemüht sein, unsere eigene Unzulänglichkeit zu übersehen. Wir sind daran gewöhnt, alles nur so zu sehen, wie es in unser Schema paßt. Hätte es sonst jemals einen Mann wie Valdec mit seiner Kaiserkraft oder wie die Graue Arda mit ihrem Elite-Soldatenprogramm geben können?
Und ich blicke zu diesen unwirklichen Sternen und versuche zu begreifen, ob es wirklich die Milchstraße ist.
Nein, das ist wahrlich kein Eiweiß, in dem ich schwimme, sondern das äußere Energiefeld.
Oxyd ist zu einem Giganten geworden. Er ist angewachsen, durch die Energien bereichert, die aus beiden Universen auf in einflossen.
Ich sehe, daß sich die Sterne nähern.
Wir rasen durch die Milchstraße. Etwa zweihundert Milliarden Sonnen. Das Energiepotential von Oxyd wird ausreichen. Sobald er gegen die erste Sonne prallt, wird diese in einer Supernova vergehen. Ungeheure Energien, die Oxyd weiter anwachsen und zum nächsten Stern rasen lassen.
Es wird immer schneller gehen. Oxyd ist unersättlich. Die Masse der Sonnen und Planeten zieht ihn wie mit magischer Gewalt an. Er wird sie alle vernichten und sich ihre Energie einverleiben.
Am Ende wird es keine Milchstraße mehr geben, sondern nur noch ein schillerndes Energieei, vielleicht Millionen Lichtjahre im Durchmesser. Eigentlich hätte Oxyd zu einem Schwarzen Loch werden und seine überschüssige Energie an Weltraum II abgeben müssen.
Aber irgendwie war es Oxyd gelungen, sich zu stabilisieren, und gerade diese Stabilität machte den Planetoiden so gefährlich, begriff Quendolain überrascht. Oxyd war
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